Autor: QK
Der lässige Romantiker unter den – zwischen die Zeiten gefallenen – großartigen Singer-Songwritern ist zurück, mit einem neuen Album und nein, es ist keines der gerade häufig kursierenden Lockdown-Alben. Dies ist ganz klassisch in einem Studio mit seiner neuen Band, The Soldiers Of Love, entstanden. Und dennoch passen seine Poems recht gut in die Zeit. Turner Cody ist ein produktiver Künstler mit einer Karriere, die sich über 20 Jahre erstreckt. Er wuchs in der New Yorker Anti-Folk-Szene neben The Moldy Peaches und Jeffrey Lewis auf. Hier wurde man zuerst durch „60 Seasons“ (2007), eine Compilation seiner frühen Alben, auf ihn aufmerksam. Er tourte ausgiebig (unter anderem mit Adam Green) durch Europa. 2008 erschien „First Light“. Ein Song daraus, „Corner Of My Room“, wurde 2009 von Jacques Audiard für eine der denkwürdigsten Szenen in seinem Oscar-nominierten Film „Un prophète“ verwendet. „Friends In High Places“ markiert einen subtilen musikalischen Aufbruch für Cody. Produziert von Nicolas Michaux, kombiniert es die American-Roots-Texturen, die seit Langem der Eckpfeiler von Codys Sound sind, mit einer nuancierteren Klanglandschaft. Plötzlich erinnert etwas an Serge Gainsbourg, es ist sparsam, präzise, stimmungsvoll und sinnlich. Dennoch bleibt Turner Cody sich treu. Er ist ein Poet des strauchelnden Amerikas. Seine Figuren, verloren zwischen dem, was war, und dem, was kommt, geben sich der Melancholie zwischen den Zeilen hin. Persönliche Beschreibungen lassen sich immer wieder auch als soziale Kommentare lesen. Seine Songs erzählen Geschichten von Liebe und Verlust, Sünde und Erlösung, Entfremdung und Mühsal und von spiritueller Sehnsucht. Als Songwriter fühlt Turner Cody sich klassischem amerikanischen Songwriting verpflichtet, einem runden Zusammenspiel von Metrik, Rhythmus und Melodie. Er steht ganz in der Tradition großer amerikanischer Songwriter, die auf Stephen Foster zurückgehen und Jimmie Rodgers, Hank Williams, Woody Guthrie, Chuck Berry, Townes Van Zandt, Leonard Cohen und Bob Dylan einschließen. Der Musikexpress schrieb mal über ihn: „Cody (…) lässt sich von den Melodien tragen, die sich von selbst singen, so gut sind sie (…) die Offenbarung eines in der Tradition gereiften Songwriters beim unschuldigen ersten Hören.“
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Trixsi – Frau Gott
„Bisschen Keller, bisschen dreckig, bisschen Rock, ganz viel Hamburg!“ Das sagen Trixsi auf Facebook über Trixsi und es beschreibt das erste Album dieser alles andere als jungen Band ziemlich treffend. „Frau Gott“ erschien im Juni 2020, also vor einem Jahr, auf Glitterhouse Records, dem Ausrichter des kleinen, feinen Orange Blossom Special Festivals. Die Band, noch albumlos, trat dort auf und wurde noch auf der Bühne und mitten in ihrem Konzert für ihr kommendes Debüt gesignt. So schwappen hier die Emotionen, so geht Geschichte. Wer nun ist diese Trixsi? Lasst uns Namen droppen – Schlagzeug: Paul Konopacka (Herrenmagazin); Bass: Klaus Hoffmann (Barner 16, ex Jupiter Jones); Gitarre: Kristian Kühl (ex Findus); Gitarre: König Wilhelmsburg (Herrenmagazin); Gesang: Jörkk Mechenbier (Love A, Schreng Schreng & La La). Dem Alter und der Milde geschuldet, geht es in dieser Zusammenrottung Hamburger Gewohnheitstrinker hier und da eher im Pixies- und Weezer Midtempo zu Werke. Ein bisschen Schrägness, die dem Wunsch aller nach Abhebung vom gesamtdeutschen Einheitsgitarrenpopbrei die Hand reicht, blitzt manchmal auf – und doch kracht es hier und da, wenn sich ein flotter Punkklopper dazwischenschmuggelt. Über all diesen Wohlklang kräht dann stets Mechenbiers Stimme seine kritisch-humoristische Alltagsbewältigung in einem Deutschland voller Igel – sonst kann er ja auch nichts. Gott sei Dank.
Beim Versuch einer Verortung des Resultats schreckt Jörkk nicht einmal vor der Schublade Deutschrock zurück, die Indie-/Alternative-/Punk-/Post-Irgendwas-Anhängerinnen und -Anhänger ja eher schwarz vor Augen werden lässt. „Torben besteht darauf, dass wir eine Rockband sind. Warum nicht? Deutschrock ist ja besser als sein Ruf. Deutschrock scheitert nur daran, dass die Leute keine Subkultur und keinen gesellschaftskritischen Auftrag haben, wohingegen wir ja wegen unserer Weltanschauung und politischen Haltung überhaupt erst angefangen haben, Musik zu machen.“ Dabei ist „Frau Gott“ viel bunter, als ihr Pressesprecher uns weismachen will. Die elf Songs sind so vielfältig und -schichtig wie ihre fünf Komponisten; von der stinknormalen Alltagsverzweiflung („Menschen“) über den zum Scheitern verurteilten Versuch sinnloser Anpassung („Stetig/Redlich“ oder „Ab Morgen“) bis hin zu infantilsten Albernheiten („7 oder 9“). Das Leben wurde ja auch ein bisschen erfunden, um immer wieder daran zu scheitern, wenn man gerade dachte, man könnte die Kurve doch noch irgendwie bekommen. Das ist es, worüber Trixsi spielen und singen. Musik darf alles und dennoch müssen wir den teils defätistischen Zeilen Trixsis ein bisschen widersprechen. „Alles, was die Menschen tun, ist traurig, weil sie nicht wissen, wie das Glücklichsein geht“, wollen sie uns im Song „Menschen“ glauben machen. Mag sein, aber „Frau Gott“ gelingt es schon beim ersten Durchlauf, die Endorphin-Ausschüttung anzuregen und den Alltagsfrust zu relativieren. Und sei es nur, weil wir nicht allein verzweifeln. Die Absurdität und Unzulänglichkeit des menschlichen Seins zu vertonen, nichts Geringeres ist diesem Debüt gelungen. Ein feucht-melancholisches Hoch auf Trixsi und jetzt: „Für immer liegen bleiben!“
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Eliza Shaddad – The Woman You Want
Als Kind sudanesischer und britischer Eltern wuchs Eliza Shaddad in sieben Ländern auf. Sie spricht vier Sprachen, hat einen Master in Philosophie und eine klassische Jazz-Ausbildung. Schon mit acht Jahren schrieb Shaddad ihren ersten Song – ein A-cappella-Liebeslied. Sie rappte in der Schule und spielte Theater. Nach ihrem Studium fasste sie schließlich den Entschluss, sich ganz der Musik zu widmen. „Ich wollte eigentlich meinen Doktor der Philosophie machen und mich für ein Stipendium bewerben, aber dann reiste ich einen Sommer mit drei Freunden im Caravan durch England. Wir jobbten auf verschiedenen Festivals, ich spielte mehr und mehr Gitarre und schrieb Songs. Da wurde mir klar, dass ich es wenigstens versuchen muss. Man hat schließlich nur ein Leben.“ Und dieses Leben schreibt die besten Geschichten. So wurde Eliza Shaddad als Straßenmusikerin zufällig von Jack Patterson für seine Band Clean Bandit entdeckt. Auf deren Top-10-Album „New Eyes“ trat sie erstmals in Erscheinung. Kurz darauf erschien die erste EP unter ihrem eigenen Namen, nach weiteren Singleveröffentlichungen kam 2018 dann endlich ihr Debütalbum „Future“. Nun erscheint am 16. Juli ihr neues Album „The Woman You Want“.
„Meine Musik sollte ein bisschen grungy sein und dreckig,“ sagt Eliza, „aber gleichzeitig diesen melodischen Storytelling-Folk-Vibe haben. Ich würde es als Dark Pop bezeichnen.“ Das trifft es. Klassisches Melodic-Pop-Songwriting wird mühelos mit Alt-Rock-Sounds und tiefgründigen Texten vereint. Schwermut und dramatisch-bittere Süße werden von sonnigeren Passagen gekontert, über allem steht Shaddads makelloser Gesang, voller Wärme und Aufrichtigkeit. „Früher habe ich viel Folk-Musik gemacht, das hat noch starken Einfluss“, sagt sie. „Ich liebe Songs, die eine Geschichte erzählen.“ Dream Pop, ein Schlag Shoegaze, ein wenig Grunge, dazu Folk für die Bodenhaftung – nie versanden ihre Songs in belanglosem Schmus. Das ist inbrünstiger Art Pop mit viel Seele und fein austarierten Arrangements und doch an den richtigen Stellen getösig. Ein wohlgestaltetes Kleinod, funkelnd in der Düsternis.
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