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Mode aus Deutschland

Für das Design der Kapselkollektion „Art Meets Fashion“ holte sich das Solinger Modeunternehmen walbusch den Düsseldorfer Maler Alexander Ernst Voigt ins Boot. Seine Werke sind von Naturthemen geprägt und spiegeln den bewussten Umgang mit Ressourcen wider. Alle Fotos ©walbusch

Autorin: Katja Vaders
Dass es möglich ist, in unserer globalisierten Welt qualitativ hochwertige Mode aus Deutschland und Europa herzustellen, die zudem auch noch wettbewerbsfähig ist, zeigt das Solinger Familienunternehmen walbusch.

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Nachhaltigkeit ist so etwas wie eine Pflichtübung der Textilbranche geworden. Das Angebot an nachhaltiger Mode wächst dementsprechend jedes Jahr stetig an. Dabei fehlen immer noch die Standards für die Definition des Begriffs: Ab wann darf sich ein Label oder ein einzelnes Teil nachhaltig nennen? Reicht dazu die Verwendung eines Materials mit Bio- oder Fair-Trade-Zertifikat oder bezieht man Arbeitsbedingungen im Herstellungsland oder die Auswirkungen der Produktionsprozesse auf die Umwelt mit ein? Und gibt es überhaupt nachhaltige Mode „made in Fernost“, wenn die mit dem Transport der Ware, zum Beispiel nach Europa, verbundenen Emissionen so hoch sind, dass sie stattdessen zum Klimakiller werden?

Noch in den 1980er-Jahren produzierten viele deutsche Textilunternehmen ihre Kollektionen mehr oder minder vor der eigenen Haustür. Das ist inzwischen zu einer Seltenheit geworden: Nur noch 10 Prozent der in Deutschland verkauften Kleidung kommen auch aus Deutschland. 90 Prozent der hier vertriebenen Textilien sind importiert – mehr als 50 Prozent aus China, Indien, Bangladesch oder der Türkei.

Die Auswirkungen des Outsourcings der Textilindustrie nach Asien musste die Branche schmerzhaft in der Corona-Krise erfahren: Durch die erheblichen Produktionsausfälle in China im letzten Jahr konnten an die herstellenden Nationen von Bangladesch bis Vietnam kaum Rohmaterialien geliefert werden, was zu Lieferausfällen und damit zu Umsatzeinbrüchen bei vielen internationalen Modeunternehmen führte.

Besonders gravierend waren die Engpässe bei medizinischer Schutzkleidung und Masken, die man hierzulande größtenteils aus China bezog. Eine Sternstunde für den deutschen Textilunternehmer Wolfgang Grupp, Geschäftsführer von trigema: Für die Schwaben zahlte es sich plötzlich aus, dass man die Fertigung nicht kostengünstig nach Fernost ausgelagert hat, sondern an Deutschland als Produktionsstandort festhält. Grupp konnte im letzten Frühjahr kurzfristig einen Teil seiner Produktion auf Mund-Nasen-Schutz-Masken umstellen und ließ seine Maschinen sogar einen Tag extra in der Woche laufen. Auch der Hemdenhersteller ETERNA aus Passau konnte mit seinem bayerischen Produktionsstandort punkten und begann im März 2020 mit der Herstellung von Gesichtsmasken. Zugegeben, eine Pandemie ist ein Sonderfall, der sich hoffentlich nicht so bald wiederholen wird; aber eins sollte man definitiv aus der Krise mitnehmen: Es ist höchste Zeit, darüber nachzudenken, sich zumindest mittelfristig nicht mehr vollständig abhängig von globalen Produktionsketten und Transportwegen zu machen und wieder vermehrt lokal zu produzieren.

Ein Gedanke, der nicht ganz neu ist und der bereits von einigen deutschen Unternehmen umgesetzt wird. Es gibt einen klar ablesbaren Trend zu Mode „made in Germany“ – nicht nur auf dem heimischen, sondern auch auf dem internationalen Markt kann sich Bekleidung aus Deutschland immer mehr durchsetzen: 2020 wurden deutsche Textilien im Wert von 33 Milliarden Euro exportiert.

Alexander Ernst Voigt hat in einem sehr aufwendigen Druckverfahren aus Baumwollstoffen …

Ein deutsches Modeunternehmen, das die Zeichen der Zeit erkannt hat, ist walbusch aus Solingen. Im Jahr 2019 lancierte das Familienunternehmen seine erste „Heimat-Kollektion“, unlängst launchten die Solinger die Kapselkollektion „Art Meets Fashion“, die sich ebenfalls ganz klar als Konterpunkt für Fast Fashion aus Asien positioniert. FASHION TODAY sprach mit Ralph Hürlemann, Geschäftsführer Einkauf, über die Motivation, wieder auf mehr Heimat in der Mode zu setzen.

FT: Herr Hürlemann, regionale Produkte sind voll im Trend. Was steckt hinter der Heimat-Kollektion von walbusch?
Ralph Hürlemann: „Die walbusch-Heimat-Kollektion zeichnete sich durch ausgesuchte Materialien, handwerklich aufwendige Manufaktur und vor allem regionale Herstellung aus. Die Artikel wurden überwiegend in Deutschland, Österreich und der Schweiz gefertigt. So unterstützten wir selten gewordene Handwerke und innovative Manufakturen ,aus der Nachbarschaft‘. Das Ganze war übrigens ein Erfolg.“

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Wie und wann kam es zu der Idee, eine solche Kollektion zu konzeptionieren?
„Wir als Familienunternehmen haben starke Wurzeln vor Ort, im Bergischen Land. Heimat ist für uns etwas ganz Alltägliches, Greifbares. Da lag es nahe, unseren Anspruch an Nachhaltigkeit und kurze Lieferwege mit dem Gedanken an eine Kollektion, die die Vielfalt von Heimat ausdrückt, zu verbinden. Denn selbstverständlich waren auch europäische Lieferanten vertreten. Weitergeführt haben wir diesen Gedanken bei der Art-Meets-Fashion-Kollektion.“

Was steckt hinter dieser Kollektion? Und warum haben Sie sich für die Zusammenarbeit mit dem Künstler Alexander Ernst Voigt entschieden?

… unique Kunstwerke erschaffen.

„Die Zusammenarbeit mit dem Düsseldorfer Maler Alexander Ernst Voigt ist aus einem persönlichen Kontakt zwischen ihm und der Geschäftsführung entstanden. Seine Werke sind von Naturthemen geprägt und spiegeln auch den bewussten Umgang mit Ressourcen. Dass das dem Künstler wichtig ist, passt gut zu unserem Konzept von Nachhaltigkeit – und war daher ein logischer nächster Schritt, ohne einfach ,nur‘ eine weitere Heimat-Kollektion zu lancieren. Art Meets Fashion nutzt einen ähnlichen Pool an Lieferanten und handwerklichem Anspruch – ist aber mondäner und auf eine zeitlose Art sehr modern.“

Sie lassen im Sinne der „Heimat-Kollektion“ auch die Teile der Art-Meets-Fashion-Kollektion in Deutschland und Europa produzieren. Wo konkret?
„Für solche exklusiven Stücke arbeitet walbusch mit ausgesuchten Herstellern und Manufakturen – gerne auch aus der Region. Unter Verwendung erstklassiger Materialien, die in der Regel in Europa, größtenteils aber sogar hierzulande weiterverarbeitet werden, entsteht auf diese Weise eine hochwertige Kollektion. Vieles wird im Umkreis von 130 Kilometern um Solingen, dem Hauptsitz von walbusch, gefertigt. Strick beziehen wir vom Niederrhein, Hemden aus Lippstadt und Hosen und Westen aus Köln. Die Viskose-Shirtbluse mit dem Motiv von Alexander Ernst Voigt stammt aus Sachsen, die Jeans aus nachhaltiger italienischer Herstellung.“

Diese wurden in die limitierten Teile der Kapselkollektion Art Meets Fashion integriert.

Welche Parameter muss ein Teil erfüllen, um Teil einer solchen Kollektion zu werden – in Bezug auf Design, Qualität, Herstellungskette?
„Um Teil der Kollektion zu werden, spielt die Herkunft der Kleidung ebenso eine Rolle wie die Qualität des Materials. Die limitierte Kollektion zeichnet sich durch ausgesuchte Materialien, aufwendige Manufaktur und vor allem ihre regionale Herstellung aus. Für uns ist das noch einmal ein Schritt nach vorn in Sachen Nachhaltigkeit – ein Thema, das bei uns schon bespielt wurde, bevor es in aller Munde war. Die Langzeitgarantie von fünf Jahren – seit jeher unser Beitrag zur Slow Fashion – gilt für alle Artikel von walbusch. Heimat und Art Meets Fashion hinken da nicht hinterher – im Gegenteil!“

Wie haben sich die Umsätze dieser Kollektionen entwickelt?
„Wir sind sehr zufrieden, auch wenn das natürlich kein Volumengeschäft ist. Es handelt sich um kleine Kapselkollektionen, pro Modell gibt es nicht mehr als 500 Exemplare. Eher geht es darum zu beweisen, dass das auch in unserer globalisierten Welt heute noch möglich ist: qualitativ hochwertige Mode aus Deutschland und Europa, die wettbewerbsfähig ist.“

Was kann man in den nächsten Saisons in puncto Heimat- beziehungsweise Kapselkollektionen von walbusch erwarten?
„Natürlich werden wir an dem Thema dranbleiben, ohne dass es der Alltäglichkeit preisgegeben wird. Diese Art, eine Kollektion zu machen, mit solch inspirierenden Momenten, macht auch uns als Unternehmen großen Spaß und ruft nach Fortsetzung. Wir werden mit neuen Ideen überraschen – und mit aufregender Mode für alle, die was vorhaben!“

Vielen Dank für das Gespräch!