Autorin: Cordelia Albert Fair Fashion ist nicht nur in der Damenmode ein wachsendes Segment. Auch Männer interessieren sich immer mehr dafür, wo ihre Kleidung herkommt, wie sie hergestellt wurde und woraus. Insgesamt handelt es sich aber – wie bei den Frauen – um einen kleinen Bereich. Denn auch, wenn die Styles inzwischen im modischen Aussehen punkten, viele Verbraucher sind einfach noch nicht bereit, dafür mehr zu bezahlen.
Der Titel sagt eigentlich alles. „Schlimmer als Kreuzfahrten: Mode-Wahnsinn zerstört Umwelt“, lautete die Überschrift von Focus Online zum World Earth Day. CO2-Ausstoß, giftige Chemikalien, Mikroplastik, Wasserverbrauch, Ausbeutung der Arbeiter – selbst der Desinteressierteste kann aufgrund der Medienberichte seine Augen vor dem Thema Ausbeutung und Umweltbelastung bei Kleidung nicht verschließen – was immer mehr Verbraucher auch nicht machen. Aktuelle Umfragen zeigen, dass sich die Menschen insgesamt stärker mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen und das Interesse an entsprechender Mode ständig wächst – auch im Herrenbereich. Das stellte zum Beispiel der mit Themen rund um Nachhaltigkeit agierende Blog „the OGNC“ bereits im Jahr 2018 fest, als immer mehr Leseranfragen kamen, ob man nicht einmal nachhaltige Herrenlabels vorstellen könne. Auch die Kommunikationsplattform „Haus von Eden“, die sich als Verbindungsstelle von bewussten Konsumenten und verantwortungsvollen Marken sieht, bemerkte: „Fair Fashion für Männer liegt im Trend. Da die gesellschaftliche Aufmerksamkeit sowie Bereitschaft, sich am Klima- und Umweltschutz zu beteiligen, stetig steigen, ist dies keine Überraschung. Dafür aber eine kleine Herausforderung: Noch immer dominiert Fast Fashion den Mainstream und Schlagwörter wie ethische sowie nachhaltige Mode sind für viele rätselhaft. Dabei sorgen nachhaltige und ethische Mode für umweltbezogenes und soziales Bewusstsein sowie Handeln im Rahmen der Fashionbranche.“ Nachdem man den Leser ausführlich aufgeklärt hatte, was genau nachhaltige und was ethische Mode ist, stellte man zehn Marken vor, die diesen Werten entsprechen. Mit dabei Firmen wie die amerikanische Herrenbekleidungsmarke NOAH, die Skate-, Surf- und Musikkulturen mit klassischer Herrenmode verbindet und versucht, „gegen viele der entsetzlichen Praktiken der Modeindustrie Stellung zu beziehen.“ Auch das US-amerikanische Label AG Jeans, das den Langzeitansatz verfolgt, stetig neue Maßnahmen entlang der Produktionskette zu ergreifen, damit das Unternehmen immer nachhaltiger sowie ethischer wird, wurde vorgestellt, ebenso wie NAADAM, eine Marke, die luxuriösen Kaschmir mit Nachhaltigkeit sowie Tradition kombiniert und direkt mit Schäfern in der Gobi-Wüste der Mongolei kooperiert. Während die Outdoor-Marke patagonia auf innovative und umweltfreundliche Materialien wie Bio-
Baumwolle oder recycelbares Polyester, faire und sichere Arbeitsbedingungen sowie eine transparente Lieferkette setzt, bietet das australische Unternehmen R. M. WILLIAMS Schuhe und Lederwaren, die lokal von geschulten Handwerkskünstlern hergestellt werden. Es unterstützt die heimische Industrie, zahlt faire Löhne und garantiert faire Arbeitsbedingungen. Surflegende Kelly Slater gründete die Marke OUTERKNOWN, die stylishe Designs aus natürlichen Materialien herstellt und dabei auf Ressourcen und Umweltverträglichkeit achtet und diese transparent macht. Dazu kommen Labels wie Pact, EVERLANE, ALTERNATIVE APPAREL und ECOALF, das auf die Produktion aus recycelten Materialien, und zwar insbesondere aus dem Meer, setzt. Im Rahmen der „ECOALF-Stiftung“ und des dazugehörigen Projekts „Upcycling the Oceans“ werden Abfälle aus dem Ozean und verschiedenen Gewässern gesammelt.
Viele dieser engagierten Labels findet man in kleinen, inhabergeführten Stores. Doch auch auf Online-Plattformen und bei Versendern wächst das Angebot. Neben Klassikern für Eco Fashion und Green Lifestyle wie hessnatur und avocadostore, der sogar nachhaltige Yoga-Kleidung für Männer anbietet, haben auch konsumige Shops wie OTTO und zalando inzwischen einen eigenen Bereich mit nachhaltiger Herrenmode. Hier finden sich oft mehr als 20 verschiedene Marken, mit dabei zum Beispiel ARMEDANGELS, VEJA, ECOALF, FLAMINGOS LIFE, Nudie Jeans. Auch immer mehr klassische Modemarken setzen mit eigenen Linien ein Zeichen für Nachhaltigkeit. So wie beispielsweise Herrenhemd-Produzent OLYMP mit dem Label GREEN CHOICE mit zertifizierten Rohstoffen und umweltschonender Fertigung als Erkennungsmerkmal.
Und hat der Mann erst mal das Bewusstsein für Nachhaltigkeitsthemen bekommen, bleibt es nicht nur bei Mode. Auch Sportbekleidung, Accessoires, Schuhe und Pflegeprodukte für Herren werden nach ökologischen Kriterien produziert.
Relevant, aber nicht gekauft
Doch trotz aller Euphorie: Nachhaltige Mode ist nach wie vor ein Nischenthema. Das zeigte eine von SPLENDID RESEARCH repräsentativ durchgeführte Studie im Februar 2021 einmal mehr. Zwar hat die Thematik nur für 13 Prozent der Befragten überhaupt keine Relevanz, während die überwiegende Mehrheit der Verbraucher Nachhaltigkeit im Bereich Bekleidung wichtig findet und 79 Prozent der Antwortenden dem Thema gegenüber wohlwollend eingestellt sind, doch spiegelt sich das nicht im Kaufverhalten wider. Nur 8 Prozent der Deutschen haben überhaupt mehrere nachhaltig produzierte Kleidungsstücke im Schrank und vor allem der höhere Preis wird als Kaufhindernis angegeben. Wobei allerdings die grundsätzliche Kaufbereitschaft bei 60 Prozent der Deutschen steigt, wenn es eine Garantie auf Nachhaltigkeit der Mode gibt. Orientierung können hier entsprechende Siegel geben: So zeigte die Studie auch, dass Fairtrade Textile Production und STANDARD 100 by OEKO-TEX® nicht nur die bekanntesten dieser Siegel sind, sondern gleichzeitig das größte Vertrauen unter den Verbrauchern genießen.