„Bling-Bling“ ist nicht alles

Russische Mode

Das Klischee lebt: Russische Mode wird oft mit Pelz suggeriert ©VDNKh, Wikimedia Commons

Autorin: Cordelia Albert
Teure Pelze, edle Stoffe und ganz viel Glitzer: Denkt man an den russischen Modestil, erwartet man vor allem Luxus und viel „Bling-Bling“. Das stimmt aber nur zum kleinen Teil, denn einerseits hat die gleichmachende Internationalisierung der Mode auch in Russland längst Einzug gehalten und andererseits gibt es junge Designer, die auf ihre eigene Handschrift setzen – und die ist meist schlicht.

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Der Stil ist nicht nur einfach zu verstehen, sondern auch so wunderbar prächtig, farbenfroh und exotisch, dass schon Coco Chanel in den 1920er-Jahren sehr erfolgreich eine komplett russisch inspirierte Kollektion zeigte. Pelz und Perlen, Folklore-Stickereien, Uniform-Elemente, Reichtum und viel Glitzer – dafür steht die russische Mode bei den meisten auch heute noch. Vor allem in den 1990er- und frühen 2000er-Jahren, nachdem die kommunistische UdSSR zusammenbrach, wurde unser Modebild von Russland wieder durch diese Stereotypen geprägt.

Typisch russisch? Die Entwürfe von Slava Zaitsev  ©Slava Zaitsev, Wikimedia Commons

Denn wie im Märchen-Wunderland wuchs damals der Reichtum einiger. Alle bemühten sich um diesen Markt und für die Modeindustrie war der Handel mit Russland ein wichtiger Faktor, auch, wenn man eigentlich lieber nicht wissen wollte, woher das Geld stammte. „Der Rubel muss rollen“, lautet ein russisches Sprichwort und so wurden die europäischen Kollektionen für den wichtigen Markt noch mal mit viel Luxus und „Bling-Bling“ geschmückt. Mehr war mehr und für die kaufkräftige russische Kundschaft war es kein Problem, ihren Reichtum zu zeigen. Teuer und üppig musste es sein, so, als wäre jede Frau eine Zarin. Es gab Messen in Moskau, auf denen kein Produkt unter einer Million Euro gezeigt wurde. Das prägte unser Bild. Auch der bekannteste russische Modeschöpfer, Slava Zaitsev, der gerne als „der rote Dior“ bezeichnet wird, stärkte durch seine international präsentierten Entwürfe unsere oft klischeebeladene Vorstellung.

Sankt Petersburg heute: Kleidung wie überall auf der Welt ©Cordelia Albert

Doch die stimmte damals wie heute nicht. Waren es auch in den „fetten Jahren“ nur wenige Frauen, die sich diese „üppige“ Mode leisten konnten, hat sich die Kleidung insgesamt durch die gleichmachende Internationalisierung mit H&M- und ZARA-Filialen längst an den weltweiten Standard angepasst. Läuft man heute beispielsweise in Sankt Petersburg durch die Straßen, fällt zwar auf, wie gepflegt und chic die Frauen in der Regel aussehen, doch die Styles, die man sieht, könnten so auch in Mailand oder New York zu finden sein. Daneben wird aber deutlich, dass es auch eine neue, eigenständige russische Mode gibt, die absolut nichts mit „Bling-Bling“ und Folklore zu tun hat.

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Eine junge Generation von Designern hat sich etabliert, die moderne Wege geht und auch international auf sich aufmerksam macht. Zu den derzeit angesagtesten russischen Modedesignern weltweit gehört zum Beispiel Goscha Rubtschinski, der eng mit adidas zusammenarbeitet und sowohl für Hollywood-Schauspieler und Hip-Hop-Stars als auch einfache Menschen entwirft und viel in der Hip-Hop- und Skater-Szene getragen wird.

RUBAN heißt das 2010 gegründete Label der Schwestern Alisa und Julia Ruban. Die Firma der ehemaligen Stylistinnen wird heute als eines der führenden Modehäuser Russlands bezeichnet. Auch der individuelle, futuristische Stil der Moskauerin Vika Gazinskaya, der Absolvent des Moskauer Instituts Alexander Terekhov und die Modedesignerin Ulyana Sergeenko mit ihrem außergewöhnlichen Mix aus vielen Elementen erzählen Geschichten vom modernen Modebild Russlands. Und das ist eben alles andere als „Bling-Bling“.