Autor: Winfried Rollmann Das Label hannes roether ist 2004 entstanden und hat sich kontinuierlich eine eigene Nische im Modemarkt für Männer, seit 2005 auch für Frauen, aufgebaut. Die hannes-roether-Frau zeichnet seine Frau Nicky Wendt. In acht eigenen Läden präsentiert er seine Welt von Berlin über München und Stuttgart bis hin zu Wien. Mittlerweile ist er auch in der Oberliga der Mode bei LODENFREY, München, BRAUN HAMBURG, JADES, Düsseldorf, oder DANIELS in Köln angekommen. Die Reichweite ist international – von den USA über Australien bis Japan mit allein 50 Kunden. Wir hatten Gelegenheit, mit ihm zu sprechen.
FT: Herr Roether, was macht die Marke hannes roether aus?
Hannes Roether: „Da spielen sicher die feinen Naturmaterialien, immer öfter organic und vermehrt recycelt in Cashmere oder Cotton, eine große Rolle. Es sind Qualitäten, die mit jedem Tragen schöner werden und dich über Jahre begleiten – wie ein guter Freund. Unser zeitloser Klassiker, das Deutschleder, hält ewig. Diese Jacken nehmen erst mit der Zeit die Körperformen an, es sind Jacken, die du quasi vererbst.“
(Deutschleder ist eine sehr dichte, schwere Atlas-bindige Baumwollware, die in der Zunftkleidung wegen ihrer besonderen Haltbarkeit eine lange Geschichte hat; Anm. d. Red.)
Am Anfang stand die Strickmaschine …
„Ja, ich habe auf der Schwäbischen Alb Maschenkonfektionstechnik studiert. Es ist entscheidend, das ,Denken‘ der Strickmaschine zu verstehen, dann kennst du ihre Möglichkeiten. Daraus ist auch unsere komplexe Nahtlos-Technik entstanden. Sie ist unser Erkennungszeichen und wir leisten uns den Luxus dieser aufwendigen Stricktechnik. Mit der Nahtlos-Technik gibt es keine unnötige Verschwendung von Garnen und wir stricken sie auch heute noch ausschließlich in Deutschland. In unserer Kollektion für die Frauen lassen sich damit sehr raffinierte, besondere Entwürfe übersetzen.“
Aber hannes roether produziert doch sicher nicht alles in Deutschland?
„Natürlich haben wir auch Produzenten im europäischen Umland. Bisher sehen wir aber keine Notwendigkeit, nach Asien zu gehen. Die Nähe in Europa erlaubt einen besseren Austausch, Zeitgewinn, einen geringeren CO2-Footprint und letztendlich ein besseres Resultat.“
In den ersten Jahren waren die Schwarz-Weiß-Fotos August Sanders mit seinen einfachen Menschen im Sonntagsstaat eine stilistische Referenz …
„Mich hat die Würde in diesen Bildern beeindruckt. Die Wertschätzung, die Kleidung damals Anfang des 20. Jahrhunderts entgegengebracht wurde, war eine ganz andere.
Das heutige Ex und Hopp habe ich nie verstanden. Wir halten nichts von modischen Schnellschüssen, wir möchten, dass schöne und gute Dinge lange leben. So denken und gestalten wir unsere Kollektionen, unsere Marke und unser Unternehmen über alle Prozesse hinweg.
Die Materialien in den Kollektionen von hannes roether haben Patina und spannende Oberflächen wie die Interieurs der Läden und Showrooms.
Gutes bleibt, könnte man sagen. Die Patina verstärkt den Charakter von Materialien. Sie ist eine unverkennbare, typische Ästhetik von hannes roether.
Unsere handverlesenen Stores, Showrooms und der Firmensitz in Pliening bei München sind Beispiele für die wunderbaren Dinge von damals, die jetzt ihre zweite oder dritte Bestimmung finden. Unser Firmensitz in Pliening war eine alte Schnapsbrennerei, die wir substanziell und charakteristisch umgebaut haben. Die Außenhaut des Gebäudes ist zum Beispiel komplett mit rußschwarz verbranntem Holz nach der traditionellen japanischen ,Shou Sugi Ban‘-Technik gestaltet.“
Zeigen, wo man steht
Wer sind die Kunden von hannes roether?
„Es sind oft kreative, freie Köpfe, die sich nicht irgendwelchen Strömungen anpassen. Wir haben viele Musiker, wie zum Beispiel Campino, Schauspieler oder Künstler als Kunden. Wir statten auch viele Filmproduktionen aus, ohne dass wir uns darum reißen. Scheinbar treffen wir einen gewissen Zeitgeist.“
Die Männermode wird deutlich lässiger, wie sieht Hannes Roether die Entwicklung?
„Ich habe das Gefühl, unsere Auffassung mit starkem Strickanteil und einer authentischen Lässigkeit liegt im Mood. Casual demokratisiert sich weiter, wir werden viel mehr Lässigkeit sehen. Männer begegnen dieser Bewegung heute deutlich offener und flexibler. Eine immer kleiner werdende Gruppe Männer wird Formelles sicher noch weiter feiern.“
Apropos Lässigkeit, wann gibt es die erste Jeans von hannes roether ?
„Gute Frage. In der jetzigen Winterkollektion bieten wir erstmals eine toughe Raw Denim mit Selvedgekante in einer vollen Cotton-Hanf-Ware mit 14,5 oz an. Das ist bei den Kunden gut angekommen und geht nächsten Winter in die Läden. Meine Frau hat einen Denim-Background und begleitet das Thema kompetent.“
Farben und Fantasie
Wie erlebt Hannes Roether die augenblickliche Situation?
„Für die Geschäfte ist das natürlich sehr herausfordernd. Da wir die meisten Läden in coolen Eins-c-Lagen wie im Münchner Gärtnerplatzviertel, in der Berliner Torstraße oder hinter dem Wiener Naschmarkt haben, ist der Mietdruck nicht ganz so hoch. Wir konnten auch unseren Online Store noch zeitnah auf die Schiene bringen, das hat uns sehr geholfen.
Auch das Nichtstattfinden von Messen war natürlich kompliziert. Ich habe die Begegnungen auf der PREMIUM in Berlin immer geliebt. Mit unserem unglaublich spannenden neuen Showroom in der Düsseldorfer Cecilienallee haben wir aber eine starke Antwort gefunden. Was die Order zum Winter 2021 angeht, schließen wir in etwa mit einem Pari ab. Das kann sich – denke ich – unter den heutigen Umständen sehen lassen.“
Was ist die Perspektive für danach?
„Mehr Emotionen mit Farbakzenten und Fantasie. Da inspiriert uns die Frauenkollektion natürlich ungemein. Wir sehen in Teilbereichen wirkliche Parallelen bei Stoffen und Garnen. Das Zusammenspiel der Männer- und Frauenkollektion inspiriert die Kunden in den Läden. Das werden wir in Zukunft noch deutlich mehr spielen. Zusatzprodukte komplettieren immer stärker die Aussage von hannes roether. Mit Kopfbedeckungen,Taschen, Schuhen und Schmuck erweitern wir unsere Welt. Da darf auch durchaus noch was dazukommen.“
Hannes Roether über sich und seine Frau Nicky
hannes
ein 68er aus rosenfeld. sohn vom forstdirektor. wächst auf in der goldenen mitte dreier brüder und einer schwester, immer dabei: angel und zwille, für die spannenden abenteuer in den wäldern freiburgs und später auf der schwäbischen alb. er besucht die waldorfschule, vier kurze jahre. mit 14 tauscht er den wald gegen eine farm bei new york … und die lederhosen gegen eine used 501. er bekommt seine erste nähmaschine, ein geschenk von oma. abitur und dann … nicht forstwissenschaft, sondern zur großen überraschung maschenkonfektionstechnik in albstadt – was strickmaschinen so anrichten können. in albstadt: nicky. erstes zusammentreffen, von gefühlen keine spur. 2004, nach zehn lehr- und arbeitsreichen jahren im modezirkus, start der eigenen marke hannes roether.
nicky
bisschen jünger. laufen lernen in teheran. zurück aus dem orient, verbringt sie eine behütete kindheit in der autometropole sindelfingen. opas webrahmen und stricknadeln sind ihr größter schatz und weder monchhichi noch barbiepuppen sind vor ihren häkel-, strick- und nähattacken sicher. nach der hochschulreife vertreibt sie sich die zeit mit zeichnen und nähen an der modefachschule sigmaringen. nach verschiedenen stationen in der modewelt das jahr 2004: wiedersehen mit hannes auf der bread & butter berlin … herzrasen mit folgen. hannes zieht von freiburg zu ihr nach münchen. zwei kinder folgen schlag auf schlag. drei, eigentlich: 2007 geburt der frauenkollektion hannes roether.“