Autor: Markus Oess „Wir hassen Langeweile“, sagt der neue Division Head von CG – CLUB of GENTS im FT-Interview. Ralf Klute wäre durchaus ein besserer Moment des Einstiegs bei dem Hersbrucker Anzugspezialisten CARL GROSS zu gönnen gewesen als ein pandemiebedingter Lockdown, der gerade die Business-Mode arg beutelt. Und trotzdem gewinnt Klute diesen Zeiten auch etwas Gutes ab. Die Menschen sehnen sich zwar nach Normalität, aber sie wollen im belanglosen Mainstream ersaufen. Wird wieder geöffnet, rechnet der Manager fest mit einem Schub für sein Label. Die Hauptlinie soll noch etwas progressiver werden.
FT: Herr Klute, wie geht Designen in Corona-Zeiten?
Ralf Klute: „Durch den Lockdown und die eingeschränkten Reisemöglichkeiten fehlt schon der Blick in die Stores und auf der Straße passiert auch deutlich weniger. Folglich hat die Recherche sich komplett ins Internet verlagert. Es kommen weniger Weber und die Trendinfo funktioniert rein digital. Aber dafür passiert eine Menge, selbst die Schauen werden gestreamt. Unterm Strich ist der Recherche-Output vielleicht etwas anders, aber nicht unbedingt schlechter.“
Welche Lehren ziehen Sie aus den zurückliegenden Monaten?
„Mode sticht, bloß kein Durchschnitt. Wer nur klassischen Mainstream anbietet und nicht aus der Masse heraussticht, macht keine Schnitte. Das zeigt sich auch im Trend bei der Order. Die Einkäufer greifen, wenn sie ordern, lieber zu den modischen Teilen.“
Wie ist die Order angelaufen?
„Ziemlich bescheiden. Der Lockdown trifft auch uns mit voller Wucht. Wir haben die Order jetzt bis zum 10. März verlängert und hoffen, dass wieder geöffnet wird und doch noch Winterware abverkauft wird. Noch haben wir ja etwas Zeit. Die Kollektion kommt gut an, ganz besonders die modischen Teile, aber generell ist bei jedem Gespräch zu spüren, dass im Handel einfach das Geld fehlt.“
Wie gehen Sie mit Warendruck, Margenverlust und dem Zwang, neue Ware auf die Fläche zu bringen, um?
„Der zweite Lockdown kam ja nicht unerwartet und so haben wir schon bei der Kollektionserstellung mengenmäßig reagieren können und 30 bis 40 Prozent gekappt. Zur Kollektionsübergabe haben wir dann nochmals 30 Prozent herausgenommen. Ziel war es, möglichst die Teile herauszuholen, die modisch nicht so sehr ins Auge fallen, und sich dafür stärker auf die Highlights der Kollektion zu fokussieren. Schon konzeptionell erzeugen wir mit jeder Kollektion ein komplett neues Bild und sind nicht auf die Integration von Altbeständen ausgelegt. Wir wollen Neues verkaufen, nicht Altes verwerten. Aber sicher haben wir Instrumente an der Hand, um dem Handel zu helfen. So geben wir zum Beispiel Valuta, bis die Läden wieder öffnen können, und Ähnliches. Wir bemühen uns mit allen Kräften, unsere Kunden zu unterstützen. Vieles passiert auch im Einzelgespräch.“
Was sagt der Handel dazu?
„Wir sehen, dass die Lust auf Mode und auf Neues wächst. Das kommt uns entgegen. Es hängt natürlich an der Liquidität, wie voll die Läger der Händler tatsächlich noch sind – und an der Zuversicht, diese Krise zu meistern.“
Sie sind ja seit November an Bord, die aktuelle Kollektion geht noch nicht auf Ihre Verantwortung – wie wollen Sie CG – CLUB of GENTS weiterführen?
„Florian und mich verbindet der Wille, Neues zu schaffen und Strukturen immer wieder zu hinterfragen, sie aufzubrechen. So gesehen will ich alles ändern und nichts – zumindest, was die Philosophie der Marke angeht. Wir werden mit Savile Row by CG – CLUB of GENTS den eingeschlagenen Weg weitergehen, es bleibt sehr englisch. Auch Your Own Party by CG – CLUB of GENTS werden wir weiterentwickeln. Mit CG – CLUB of GENTS können wir noch einen Tacken aggressiver, progressiver werden. Die Marke ist jung und gibt das allemal her.“
Woran wird man den Unterschied Klute zu Wortmann am Anzug sehen?
„Wir werden neue Stoffe sehen und eine neue Natürlichkeit. Die Formen werden fließender. Im Grunde sind die Veränderungen fein, die große Aussage wird bleiben: Wir hassen Langeweile.“
Wird die neue Handschrift bereits bei der Anlassmode im Frühjahr zu erkennen sein?
„Zusammen mit Florian habe ich eine Precollection für Your Own Party by CG – CLUB of GENTS designt, die wir zum 18. März mit Liefertermin November 2021 herausbringen werden. Das war allerdings unabhängig von Corona geplant, denn erfahrungsgemäß kaufen die Jungs schon im November des Vorjahres ein, wenn im Frühling darauf die Hochzeit ansteht.“
Welche Neuheiten wird es im Sommer geben?
„Wir werden den Anteil an nachhaltigen Teilen weiter ausbauen. Schon jetzt greifen wir vermehrt zu ökologischen Alternativen, wo es möglich und sinnvoll ist: Leinen, Biobaumwolle oder recycelte Stoffe etwa. Ein Weg, den das gesamte Unternehmen gehen wird. So arbeitet Création Gross an einer Zertifizierung.“
Wird im Sommer die Kollektion erneut kleiner ausfallen oder bleibt es beim bisherigen Umfang?
„Wir hatten schon im vergangenen Sommer die Kollektion komprimiert, sodass wir uns in etwa diesem Niveau wieder annähern. Unser Augenmerk richten wir dann wieder auf potenzielle Füller. Wir brauchen wieder mehr Love-it-or-hate-it-Teile. Auffallen kommt wieder in Mode.“
Sehen wir uns dann im Sommer in Frankfurt auf der Fashion Week?
„Das Virus wird uns sicher noch eine Weile beschäftigen. Aber ich gehe fest von einer physischen FRANKFURT FASHION WEEK im Sommer aus.“
Der neue Mann
Ralf Klute ist seit 1. November 2020 neuer Division Head von CG – CLUB of GENTS, der jungen Marke von Création Gross, Hersbruck. Klute war zuletzt als Head of Creative Men bei René Lezard tätig. Dort verantwortete er die komplette Kreativausrichtung von Produkt und Marketing des Schwarzacher Labels. Zuvor war Klute in führenden Produkt- und Designfunktionen unter anderem für s.Oliver BLACK LABEL und HUGO tätig.