Solidarität ist ein großes Wort, besonders dann, wenn tatsächlich darauf gehofft wird oder sie sogar eingefordert ist. Der globale Süden, sagt der Berliner Makroökonom Prof. Dr. Hansjörg Herr, sei auf unsere Solidarität angewiesen. In der Lage, Solidarität einzufordern, ist er indes nicht. Die Menschen in dieser Region können nur hoffen, dass wir uns solidarisch zeigen und helfen, selbst das Ruder in die Hand zu nehmen und ihr Land für die Zukunft aufzubauen. Jetzt kommt das Lieferkettengesetz und schon sprechen Vertreter aus der Wirtschaft davon, die deutschen Unternehmen zu bestrafen, sie bewusst im Wettbewerb auf der Weltbühne zu schwächen. Wirklich? Wenn Firmen Verantwortung für ihr Tun übernehmen, lässt sich das nur schwer als Schwächung bezeichnen, denn es setzt voraus, dass die staatlichen Vorgaben so hart und umfassend sind, dass jedes gesunde Unternehmen darunter zusammenbricht. Das ist nicht der Fall, zumal das Regelwerk für den Anfang erst ab einer Mitarbeiterzahl von 3.000 greift. Der Mittelstand bleibt außen vor. Im Gegenteil, für viele Experten gehen die Vorgaben nicht einmal weit genug. Zum Zweiten gibt es tatsächlich schwarze Schafe, die sich nicht darum scheren, den eigenen Gewinn ohne Rücksicht auf die Verluste Dritter zu maximieren. Zum Dritten, und das ist das Wichtigste, ändert sich für die überwiegende Mehrheit der Firmen kaum etwas, denn sie handeln schon nachhaltig und verantwortungsvoll gegenüber ihren Produzenten. So gesehen ist der Aufschrei der Entrüstung sogar scheinheilig, denn er unterstellt unterschwellig diesen Firmen genau ein solches Verhalten, das mit dem Gesetz unterbunden werden soll.
Solidarität fordern hingegen Handel und Industrie voneinander und erhoffen sie sich auch von den Verbrauchern – unmittelbar durch ihre Einkäufe und Unterstützung vor Ort und mittelbar durch die Hilfen des Staates, finanziert über Staatskredite und Neuverschuldung, die wiederum über Steuern bezahlt werden müssen. Der Wirtschaftswissenschaftler Clemens Fuest, Chef des Münchner ifo Instituts, sagt übrigens, 80 Prozent des volkswirtschaftlichen Einbruchs gingen unmittelbar auf das Konto des Virus. Also gehen 20 Prozent auf das Konto der Maßnahmen gegen die Pandemie. Wenn es nun darum geht, einfach nur Kontakte zu reduzieren und dabei der Handel vor anderen (Industrie-)Branchen und staatlichen Institutionen, die weitermachen dürfen beziehungsweise müssen, zurücktreten soll, weil es politisch gewollt ist, dann muss politischer Konsens bestehen, hier auch zu unterstützen. Keine Frage, die Branche braucht Solidarität und sie braucht sie jetzt, bevor eine Vielzahl von Unternehmen in die Knie geht. Wir haben auch Verbraucher gefragt, wie sie es halten mit der Solidarität, und es zeigt sich, dass die Menschen helfen wollen. Ein gutes Signal. Wissenschaftlich unbestritten ist der Lockdown im Augenblick das einzige probate Mittel, die Pandemie einzufangen, Neuinfektionen und Belastungen unseres Gesundheitssystems einzudämmen, solange nicht alle Menschen geimpft sind. Hier und überall auf der Welt, auch in Ländern, die sich eine Impfkampagne gar nicht leisten können. Auch da ist die Hoffnung auf Solidarität groß, weltweit die Pandemie zu bekämpfen und die Lasten dieses Kampfes auch weltweit gerecht zu verteilen. Anders kann es nicht funktionieren. Wir können uns nicht abschotten.
Themenwechsel: Mit einem neuen Modell geht Mike Alsdorf an den Start. Auch wenn er am Anfang die Bereitschaft der Händler braucht, Neues auszuprobieren, versteckt sich dahinter nicht die Hoffnung auf Solidarität, sondern das Kalkül, mit einem breiten Angebot an Sofortware die Grundproblematik des Ordergeschäfts zu umschiffen, sich jetzt auf Mengen festzulegen, deren korrekte Berechnung sich aber erst ein Jahr später in Form von Abverkäufen belegen lässt. Wir haben mit dem neuen Markenchef, Ralf Klute, von CG – CLUB of GENTS über seinen Start in Pandemiezeiten gesprochen. Zu einem Kaltgetränk haben wir diesmal OLYMP-Chef Mark Bezner getroffen und wir haben den guten Plattentipp, diesmal mit den beiden Schweizer Songwriterinnen Steiner & Madlaina – hören Sie mal rein.
Ihr
Markus Oess