Autor: Markus Oess Eigentlich sollte 2020 gefeiert werden, schließlich wurde der Weidener Polo-Spezialist hajo 50 Jahre alt. Aber 2020 wurde ein Jahr des Coronavirus und es stellte die Welt auf den Kopf. Unterm Strich kommen die Weidener mit einem Umsatzminus von 4 Prozent aus dem Jahr. Angesichts der Branchenentwicklung ein Erfolg. Wie hajo in die kommende Order Herbst/Winter 2021/2022 geht.
„Das ungute Jahr 2020 verabschieden wir mit einem Minus von 4 Prozent – kein Wunder bei dem harten Lockdown im April und geschäftsschädigenden Maßnahmen seit November. Trotzdem waren unsere Produkte wie Poloshirts, Sweatshirts, Strick und Bermudas das richtige Produkt zur richtigen Zeit. In Anbetracht der widrigen Umstände lief es sehr passabel. Auch mit der fortschreitenden Positionierung von Tom Ripley sind wir weiter vorangekommen“, bilanziert Wolfgang Müller, Geschäftsführer des Weidener Unternehmens. Ausgerechnet 2020 feierte das Label 50-jähriges Jubiläum und statt Wachstumseffekte aus diesem Geburtstag mitnehmen zu können, grätschten die Corona-Pandemie und der Kampf gegen eine unkontrollierte Ausbreitung des Coronavirus dazwischen.
Das Unternehmen wurde 1970 von Hans-Joachim Müller gegründet, dessen beide Vornamen den Markennamen bildeten. In den Anfängen verlegte sich Müller senior noch auf den Import von Wirk- und Strickwaren aus Italien und Portugal. Wenige Jahre später startete das Unternehmen mit der Produktion von Sweat- und Poloshirts für Damen und Herren. Heute steht das Label für Polo-, Rugby- und Sweatshirts aus Spezialfasern und Materialmischungen mit zusätzlichen funktionalen Veredelungen sowie Strick. Der nach eigenen Angaben Marktführer bei Poloshirts in Deutschland verarbeitet seit rund 30 Jahren atmungsaktive Materialien. Das „stay fresh“-Konzept wurde zu einer Zeit entwickelt, als es noch nicht selbstverständlich war, Funktionskleidung zu tragen. Inzwischen bietet ein großer Teil der Kollektion „stay fresh“, ist also bügelfrei, atmungsaktiv, elastisch, hautsympathisch und trocknergeeignet.
Zum Programm gehören auch die reine Damen-Linie „Joy of Life“ und eine Nachtwäschekollektion für Damen und Herren. Kern des Unternehmens bleiben die Herrenpolos. Rund 350.000 Stück werden jährlich verkauft, davon 80 Prozent unter dem eigenen Namen hajo. Zum Jubiläum brachten die Weidener eine Geburtstagskollektion aus Sweat- und Strickmodellen heraus. hajo beliefert mehr als 1.500 Verkaufspunkte in Europa. Seit Jahren engagiert sich hajo für Polo und ist seit 2017 offizieller Ausstatter und Sponsor der German Polo Tour.
Zurück zu Müller. „Unser Vertriebsteam ist unverändert“, sagt er mit Blick auf die Kernmarke des Unternehmens. Veränderungen gab es indes schon: „Bei ‚Tom Ripley‘ ist Stefan Hege neu dabei und bearbeitet seit diesem November Rheinland-Pfalz, Hessen, Nordrhein-Westfalen und das Saarland.“ Das moderate Umsatzminus 2020, das mit Blick auf die Gesamtentwicklung der Branche unter der Last der Anti-Corona-Maßnahmen durchaus als Erfolg bewertet werden kann, komme nicht von ungefähr, argumentiert Müller: „Valuta und eine enge partnerschaftliche Verbindung mit unseren Kunden haben sich ausgezahlt.“
Mit einer gestrafften Kollektion in einem sportiven Look, deren Schwerpunkt im Casual- beziehungsweise Smart-Casual-Bereich liegt, startet hajo in die bevorstehende Order. Erneut wurde eine Reihe von funktionalen Eigenschaften wie stay fresh® oder smart relaxx® verarbeitet. Das Programm umfasst neben dem Schwerpunkt Polo auch Rugby- und Sweatshirts sowie Strick. Thematisch dienen für die Kollektion die Falklandinseln und die Farben Gelb, Grün sowie Grau, Beige, Blau und Rot als Inspiration. Geplant sind drei Liefertermine: „Port Stanley“ (August 2021), „Penguin Rocks“ (September 2021) und „The Falklands Heritage“ (Oktober 2021).
Die physischen Winter-Messen in Berlin und an anderen Orten sind abgesagt oder verschoben und ob Düsseldorf wie angekündigt stattfinden wird, steht noch nicht wirklich fest. Der Plan, mit einem Soft-Lockdown die Pandemie wieder auf ein kontrollierbares Niveau zu drücken, ist nicht aufgegangen, wir stehen vor einem landesweiten harten Lockdown. Und was im Januar hierzulande wird, ist ungewiss. Um die Händler an Infos zur neuen Kollektion für die kommende Orderrunde zu bringen, setzt Müller auf die digitale Präsenz: „Alles ist digital möglich: Von der Vororder bis zum Sofortauftrag – B2B und B2C wachsen natürlich sehr stark in diesem Jahr.“ Der hajo-Chef blickt der Orderrunde „bedingt positiv entgegen, da sich unsere Produktpalette auch unter den schwierigen Bedingungen draußen gut verkauft.“ Nachholen will Müller die Geburtstagssause aber auf jeden Fall, wenn im kommenden Jahr das Virus eingefangen wurde.
„… vielleicht irgendwas an der Börse“
Wolfgang Müller führt hajo nun in der zweiten Generation. Seit 18 Jahren arbeitet er im Unternehmen. Müller bevorzugt knappe Antworten.
FT: Herr Müller, was war Ihr erster Traumberuf?
Wolfgang Müller: „Den hatte ich eigentlich nicht, vielleicht irgendwas an der Börse.“
Warum der Einstieg in die Firma?
„Ich habe es immer als große Chance gesehen, eigene Ideen umzusetzen und meinem Über-Ziel Unabhängigkeit näherzukommen.“
Sie sind jetzt auch schon eine ganze Weile dabei. Was ärgert Sie, das Sie nicht getan haben?
„Später ist man immer schlauer …“
Wenn Sie auf die 50 Jahre zurückblicken, woran erinnern Sie sich besonders gerne?
„Alles, was einen emotional berührt, bleibt in guter Erinnerung.“
Dieses Jahr sind die Feiern ausgefallen. Wie haben Sie die vergangenen Monate erlebt?
„Ein schlimmes Jahr, das mich an dystopische Zustände, eine schlechte Verfilmung von ‚1984‘ erinnert: Freiheitsbeschränkungen, Eingriffe in den Alltag, überzogen, unverhältnismäßig und undurchdacht. Manche Menschen hat man in dieser Situation seit März erst wirklich kennengelernt, von der guten oder von der schlechten Seite.“
Holen Sie die Feiern im kommenden Sommer nach oder haben wir die nächsten Monate nichts zu feiern?
„Zurzeit sind alle Planungen und Vorhersagen unmöglich. Ja, irgendwann werden wir gebührlich feiern, hoffentlich sind wir dann noch freie Menschen …“
Zur Person Wolfgang Müller
Wolfgang Müller, Jahrgang 1973, Abitur, absolvierte seinen Wehrdienst bei der Deutsch-Französischen Brigade. Später studierte er Betriebswirtschaftslehre in Passau und Innsbruck. 2000 sattelte er noch den MBA in Frankreich drauf.