Herman Dune – Notes From Vinegar Hill

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Herman Dune: ...in einem luziden Traum von Los Angeles. ©Manon Hanania, BB*Island

Autor: QK

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Es gibt einen Mythos über Kalifornien und genauer gesagt über Los Angeles, der weit über die Grenzen der Populärkultur hinausreicht – Chancen und Wohlstand, Sonnenschein, Filmstars. Es ist hier, in der Nähe des Hafens von Los Angeles und der Vincent Thomas Bridge, wo der in Frankreich geborene David-Ivar „Yaya“ Herman Dune sich, wie so viele andere vor ihm, in einem luziden Traum von Los Angeles wiederfindet. Unter Quarantäne in einer verschlafenen Neighbourhood von San Pedro: Vinegar Hill. Er lebt in derselben an den Hafen angrenzenden Straße, in der Charles Bukowski seine letzten Lebensjahre verbrachte. David-Ivar, bildender Künstler und Gründer der französischen Anti-Folk-Band Herman Dune, dreht die durch die Pandemie aufkommenden Ängste nach innen und erschuf hier in seinem Homestudio sein neues Album „Notes From Vinegar Hill“. Auf dieser Platte ist für jeden etwas dabei – Folk Rocker, Bakersfield Twang, Americana im Big Pink Style, 70s AM Gold und grobe Cold-Turkey-Gitarrenstampfer. Dies alles mit einer sepiafarbenen Außenseitersicht auf Kalifornien lasiert.

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Holy Motors – Horse

Verschlafener und milder psychedelischer Americana-/Country-Sound, irgendwo an der Schnittstelle von Lone Justice, Chris Isaak, Cowboy Junkies und Mazzy Star. Mit Twang Guitar und leicht somnambulem Mädchengesang in leicht verhalltem Sounddesign. Die Songs wirken klassisch amerikanisch, eingängig und teils richtig hymnisch. Der Vibe ist geprägt von dunkler (Cowboy-)Romantik, durchaus in der Tradition von Lee Hazlewood und Nick Cave. Natürlich fühlt man sich an dessen Duett „Where The Wild Roses Grow“ mit Kylie Minogue erinnert. Der Gitarrensound ist angehm rough und komplett unprätentiös, die coole, dunkle Mädchenstimme in ihrer relaxten Trägheit ausgesprochen charismatisch. Teils klingt es fast, wie wenn Andrea Schroeder einen neuen Twin-Peaks-Score eingesungen hätte, produziert von Tav Falco.

Die Songs wirken klassisch amerikanisch, eingängig und teils richtig hymnisch. ©Mehdi Benkler, Wharf Cat Records

Das Erstaunliche: Die Band kommt nicht aus Texas, sondern aus Tallinn, Estland. Da wäre man garantiert nicht drauf gekommen. Die junge Sängerin Eliann Tulve schreibt auch die Songs, die von sanft-psychedelischen Gitarrenteppichen unterlegt sind. Macht insgesamt einen betörenden Sound zwischen dunklem Cowboy-Dreampop und Western Shoegaze für romantische Seelen. (Joe Whirlypop)

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Sun Ra Arkestra – Swirling

20er Album des ja seit Sun Ras Tod von Marshall Allen geführten zurzeit 15-köpfigen Arkestra (inklusive acht Bläsern, vielen altgedienten Mitgliedern, unter anderem neben Allen Knoel Scott, Cecil Brooks, Michael Ray, Danny Ray Thompson; die ausgezeichnete Sängerin Tara Middleton, bei fast jedem Track dabei, häufig aber nur kurz, agiert anders als June Tyson damals, eher „klassisch“ mit gelegentlicher Soul-Infusion, wunderbar gefühlvoll/sanft, fordernd, herber zwischen Blues und Jazz, feinst emotional phrasierend). Sie bearbeiten großteils altes Sun-Ra-Material (teils Klassiker) aus den Mitt-50ern bis späten 70s (darunter ein unbekanntes Stück, ein rares, ein erst nachträglich als Bonus/10″ veröffentlichtes, das mit einem langen superben mehrstimmigen A-cappella-Part startet), plus ein neues von Allen, aber einige davon auf völlig neue, kaum wiedererkennbare Art.

Ich hab in den letzten Jahren drei Live-Konzerte von ihnen gesehen, für meinen und den Geschmack vieler großartig (besonders das erste und eins vom letzten Jahr), aber es gab auch (ein wenig!) kritischere Stimmen, die eine gewisse „Glättung“, weniger Spannung bemängelten. Wahr ist, dass sie (auch hier) irgendwie „berechenbarer“ geworden sind als in alten Zeiten, aber nur in Relation zu damals, keineswegs im Vergleich zu anderen Acts. Der afrikanische Input, längere Percussion-Parts, der viel beschworene (aber ja auch früher nur gelegentlich auftauchende) Space-Faktor sind deutlich minimiert, ebenso die gänzlich freien Anteile (obwohl es ein tolles, pures, typisches, zudem percussionreicheres Free-Jazz-Stück gibt, mit wilden Piano-Features und fast poetischem Synth-Interlude).

Enorm ideenreich, teils quietschbunt, gefühlvoll wie angestochen, klasse Bläserarrangements allerorten und beständig auf hohem bis höchstem Niveau ©Alexis Maryon, Strut Records

Aber die Grundlagen sind dieselben. Viele im Grunde auf alten (swingenden, sporadisch bis in die 30er zurückreichenden) Jazz-Traditionen basierende Tracks, die mal punktuell, mal immer wieder so charakteristisch von harmonischen Freiheiten beziehungsweise Verschiebungen und oft kürzeren freien Querschüssen (Bläser, Piano, Synthie, letztere zwei sind übrigens meist beide vertreten) durchzogen werden, was für eine ganze Reihe faszinierender Momente sorgt. Daneben gnadenlos repetitive Phasen (zum Beispiel mehrfach Bariton-Sax-Motive) oder Ostinati mit hypnotischer Ausstrahlung, ein paar grooveartige „tanzende“ Rhythmen, avancierte weit aufgebrochene, ausfransende, befreite/freisinnige und komplexe unter anderem an frühe 60er erinnernde (oder mal zukunftsorientierte) Sachen, diverse stark aktualisierte überraschende Versionen (beispielsweise Rocket Number 9, das gleichzeitig 70s-inspiriert und hochmodern wirkt), das grandiose „Medley“ Satellites Are Spinning/Lights On A Satellite zwischen purer herrlicher Balladen-Schönheit und fabelhaften Querschüssen. Enorm ideenreich, teils quietschbunt (wozu der Analog-Synthie einiges beiträgt), gefühlvoll wie angestochen, klasse Bläserarrangements allerorten und beständig auf hohem bis höchstem Niveau (mit Ausnahme eines reinen Vocal/Synth-Duetts). 71 Minuten, Vinyl mit Bonustrack (der Coleman-Hawkins-Klassiker Queer Notions, ungewohnt frei interpretiert). Große Empfehlung! (dvd)

CD im Glitterhouse-Shop kaufen (12,95/21,95 Euro)