Während Verschwörungstheoretiker lauthals über Bevormundung durch den Staat klagen, weil sie eine Mund-Nasen-Maske tragen müssen, gibt es nicht wenige Menschen, denen dieser Schutz wirklich Probleme bereitet. So sind beispielsweise Personen, die sich mithilfe des Lippenlesens verständigen, auf die Sichtbarkeit des Mundes angewiesen. Inzwischen gibt es kreative Lösungen wie das Modell von VISIMASK.
Erste Bundesländer haben sie nun abgeschafft – doch seit Monaten war (und ist) das Tragen von Mund-Nasen-Masken zum Schutz vor Covid-19 Pflicht. Und so hat wohl jeder von uns im Alltag schon erlebt, dass es zu Verständigungsproblemen kommt, beispielsweise wenn beim Einkauf hinter der Theke etwas ganz anders verstanden wurde, als wir eigentlich sagten. Mit dieser Erfahrung liegt der Gedanke nahe, dass das Maskentragen für Gehörlose oder Menschen mit Hörbehinderung ein großes Problem sein muss. Und richtig, der Deutsche Gehörlosen-Bund e.V., die Interessenvertretung der Gehörlosen und anderer Menschen mit Hörbehinderung in Deutschland, verzeichnet gerade viele Anfragen zu diesem Thema, vor allem auch zu Empfehlungen für Masken, die diesem besonderen Kommunikationsbedürfnis entgegenkommen. Eine Lösung können Masken mit Sichtschutz sein, auch wenn die Interessenvertretung da einige Probleme sieht, allen voran, dass das Lippenlesen für Gehörlose nur eine stark untergeordnete Rolle spiele, da es sehr anstrengend sei und häufig zu Missverständnissen führe. „In der Praxis haben Masken mit Sichtfenster zudem den Nachteil, dass die Fenster durch die Atemluft schnell beschlagen. Dann ist der Mund ohnehin schlecht zu sehen. Alternativ hierzu werden aktuell auch immer wieder durchsichtige Voll-Gesichtsschutz-Masken angesprochen beziehungsweise von Händlern angeboten. Auch hier ergibt sich ein störendes Beschlagen durch die Atemluft, das die Ablesequalität deutlich herabsetzt. Mehr noch aber enthalten diese Masken unter anderem PVC, das zum Beispiel von den Verbraucherzentralen als gesundheitsschädlich eingestuft wird“, heißt es bei der Interessenvertretung. Doch jeder Weg zu gelingender Kommunikation werde unterstützt. Das seien etwa das Verwenden von Stift und Papier für eine schriftliche Kommunikation, Spracherkennungsprogramme als App auf dem Smartphone, bei kurzen Gesprächen das Herunterziehen des Mund-Nasen-Schutzes unter Wahrung der Abstands- und Hygieneregeln oder der Einsatz von Dolmetscherinnen und Dolmetschern für die Gebärdensprache über Vermittlungsdienste oder Videotelefonie. Und auch, wenn aus den oben genannten Gründen unter Vorbehalt empfohlen, gelten Mund-Nasen-Masken mit Sichtschutz oder aus komplett durchsichtigem Material als mögliche Varianten, zumal inzwischen an den genannten Problemen gearbeitet wird. Auf der offiziellen Internetseite der Interessenvertretung werden neben Anbietern von Gesichtsvisieren auch einige Fabrikanten für Masken aufgelistet, wie beispielsweise die Marke VISIMASK aus dem süddeutschen Gengenbach bei Freiburg.
Umsetzung durch eine Schneiderin
„Da viele Gehörlose und Schwerhörige von den Lippen lesen können, ist es wichtig, dass möglichst viele Menschen in ihrem Umfeld eine durchsichtige Maske tragen. Sonst kann Inklusion in Zeiten von Corona leider nur eingeschränkt funktionieren“, weiß der Inhaber der VISIMASK produzierenden SSD GmbH, Johannes Doll, der von einer Gehörlosen selbst auf die Problematik mit den Masken aufmerksam gemacht wurde. Zusammen mit Schneidermeisterin Katja Kastens entwickelte er ein Modell mit transparentem Mundstück, mit dem man die Lippenbewegungen sehen kann. Nach verschiedenen Prototypen entstand schließlich die VISIMASK, die aus einem hochwertigen Leinenstoff mit einem durchsichtigen Mittelteil aus PU von Hand in Deutschland gefertigt wird. Das Material ist dabei so atmungsaktiv, dass der Atem an der Seite und durch den Stoff entweichen kann. So soll die Maske weniger beschlagen. Und auch die hygienischen Aspekte wurden berücksichtigt: Das Modell lässt sich von Hand bei bis zu 60 Grad waschen und das Sichtfenster kann ohne großen Aufwand zum Beispiel auch unterwegs einfach mit Desinfektionsmittel abgewischt und gereinigt werden. Mittlerweile nähen täglich sieben Schneiderinnen, um die Nachfrage in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu bedienen. Denn längst haben weitere Zielgruppen die Maske für sich entdeckt: „Inzwischen haben wir auch viele Anfragen von Logopäden, Psychotherapeuten, aber auch von anderen Leuten, die beispielsweise mit Kindern zusammenarbeiten. Immer dann, wenn es wichtig ist, dass man auch die Emotionen sieht, ist es schön, wenn man so eine Maske tragen kann“, erklärt Johannes Doll und fügt hinzu, dass sein Unternehmen 5 Prozent des Erlöses für die Unterstützung von Gehörlosen spendet.
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