Puristische Ganzkörper-Anzüge und Weltraum-Helme? Zur Mode der Zukunft gibt es viele Ideen und Entwürfe. Dabei zeichnen sich relevante Ansätze heute bereits ab. Ein Blick auf wichtige Tendenzen und die Notwendigkeit, unterschiedliche Konzepte miteinander zu verbinden.
Wie sieht die Mode der Zukunft aus? Eine Frage, die besonders seit der ersten bemannten Mondlandung am 20. Juli 1969 immer wieder Fantasien beflügelt. Damals waren es visionäre Designer wie André Courrèges, Pierre Cardin und Paco Rabanne, die sich der Idee eines neuen, avantgardistischen Looks annahmen und das sogenannte Space Age in der Mode einläuteten. Es tauchten Schutzbrillen, Hosenanzüge und Kleidungsstücke aus spiegelglattem PVC auf, metallene Kettenhemd-Kleider, geometrische Muster und Farbgebungen in Weiß und Silber. Parallel dazu hielten auch in den Bereichen Literatur, Kunst, Film und Möbeldesign futuristische Ideen Einzug. „Barbarella“ feierte auf der Leinwand ihren Auftritt, Plexiglas- und Kunststoff-Interieur in quietschbunten Farben schmückten mit Referenzen auf Raumfahrtsonden und Astronauten-Bekleidung heimische Wohnzimmer.
Natürlichkeit und Nachhaltigkeit drehen sich jede Saison aufs Neue noch ein Stück weiter, gleiches gilt auch für Funktionalität.
Doch was bleibt rückblickend von diesen Ideen? Aus gegenwärtiger Sicht wirken so manche Entwürfe unfreiwillig komisch und realitätsfern. Wenn wir heute über die Mode der Zukunft sprechen, laufen wir dann zwangsläufig nicht auch Gefahr, wirklichkeitsfremde Bilder zu entwerfen? Jüngst vergangene, futuristische Kreationen von Designern wie Iris van Herpen, John Galliano und Nicolas Ghesquière verschreiben sich überirdischer Schönheit und dem progressiven Spiel mit Formen, sie erlauben bisweilen einen Blick auf geradezu intergalaktische Welten. Fest steht in jedem Fall: Bereits seit Dekaden brechen Dresscodes immer weiter auf. Bekleidung wird komfortabler, passt sich den Bedürfnissen des individuellen Lebens immer besser an. Dass sich diese Marschrichtung in Zukunft umkehren wird, scheint vielmehr unwahrscheinlich. Bedeutet dies, dass es mehr und mehr einen Lauf zurück geben wird, quasi eine Neo-Retrospektive in Richtung Ursprünglichkeit, die vornehmlich den Einsatz von Naturfasern vorsieht?
Sicherlich, Natürlichkeit und Nachhaltigkeit sind Themen, die am Puls der Zeit liegen und sich aktuell jede Saison aufs Neue noch ein Stück weiterdrehen. Gleiches gilt jedoch auch für Funktionalität. Und dies nicht nur einfach im Hinblick auf Stil, sondern auch auf Stoffe und Garne. Intelligente Materialien fassen zunehmend Fuß auf dem Markt. Demnach zeigte das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung das weltweite Marktvolumen für Smart Textiles bereits mit rund 1,3 Milliarden Euro in 2017 an. Bis 2022 ist ein Zuwachs auf 4,7 Milliarden Euro prognostiziert, bis 2030 sollen sogar 41,4 Milliarden Euro Marktvolumen erreicht sein. Die Palette an intelligenten Textilien ist breit, ebenso die Einsatzmöglichkeiten. Es geht um farbwechselnde Garne, digital vernetzte Fabrics, LED-Ausrüstungen. Während einerseits schlicht technologische Spielereien im Vordergrund stehen, rücken andererseits praktische Attribute wie Navigation und Aufladung von mobilen Geräten in den Fokus, darüber hinaus sind im medizinischen und militärischen Bereich lebensrettende Funktionen von Bedeutung.
Denken in Hybriden
Vielleicht weisen also doch mehr noch neue Technologien den Weg für die Mode der Zukunft? Zumindest hat Greenpeace bereits Einspruch dagegen eingelegt. „Wir schaffen es im 21. Jahrhundert nicht einmal, unsere Klamotten vernünftig zu recyceln. Mit leitenden Fasern wird das noch schwerer“, kommentiert Viola Wohlgemuth, die bei Greenpeace zur Nachhaltigkeit in der Textilindustrie arbeitet, in einer öffentlichen Stellungnahme. E-Textilien seien gewissermaßen Sondermüll. Dabei gibt es schon Anstrengungen, Technologie und Umwelt miteinander zu vereinen. Überhaupt, will man sich ein klareres Bild der zukünftigen Mode machen, so scheint es gerade heutzutage unerlässlich, in Hybriden zu denken, äußerlich gegensätzlich wirkende Konzepte miteinander in Einklang zu bringen. So hat jüngst nicht zuletzt auch der Designer Hussein Chalayan, der seit jeher für Hightech-Mode bekannt ist und bereits diverse Kleider mit LED- und Elektronik-Ausstattungen auf den Laufsteg schickte, eine Professur an der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft übernommen – mit dem Lehr-Schwerpunkt Innovation UND Nachhaltigkeit.