Haden Triplets – „Family Songbook“

Haden Triplets: Traditionsverschworene Reinheit der Form und Liebe zu durchschimmernd kargen Arrangements ©B&W

Autor: Christoph Anders

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Dass ihre spezielle Art des Umgangs mit den musikalischen Wurzeln ihrer Heimat ein eigener, weil ungemein reiner, ehrlicher ist, belegte bereits der grandiose Erstling der drei Haden-Schwestern Petra, Tanya und Rachel, aber mit dieser einzigartigen, pur-prächtigen Perlen-Kette lassen sie die Schönheit der tradierten Weisen durch ihre karg-kunstreiche Bearbeitung noch heller strahlen. Für den bislang nur halb informierten Familienforscher fügt die Sammlung geschichtsträchtiger, bodennaher Country-Folk-Songs den kreativen Köpfen der Haden-Familie noch eine Generation hinzu, stammen vier der irdenen Lied-Diamanten doch vom Großvater Carl E. Haden („Who Will You Love“, „Ozark Moon“, „Memories Of Will Rogers“ und „Grey Mother Dreaming“). Was hier so dezent diesig, schwül schwebend, von schwebenden Klangfarben umweht mit einer einzigartigen Wayfaring-Stranger-Wüsten-Version beginnt, wandert mit den weiteren elf Weisen durch viele verschiedene Schattierungen, Gattungen und Gangarten des tradierten Country und Folk, manches wird bis hart an die karge Schmerzgrenze echt und ehrlich zelebriert, manches gefühlvoll in sentimentales Sepia gehaucht, anderes von Twang, Steel und Slide in den gleißenden Gitarrenhimmel gespielt, aber man erlebt auch wiegenden Walzer, gepflegten Western-Swing, beseeltes Back-Porch-Schaukeln und sogar von deftig-saftiger Slide grundierten Swamp Groove. Bei aller traditionsverschworener Reinheit der Form, bei aller Liebe zu durchschimmernd kargen Arrangements bleibt aber immer noch Raum für dezente Experimente, verspielte Jazz-Harmoniewechsel, Exkursionen auf der spanischen Gitarre, düster gründelndes Tom-Waits-Wurzelstampfen oder von drei Stimmen gesegnete Gospelnähen, vor allem aber für nie zu aufdringlich daherkommende, stets aber meisterlich dargereichte Instrumentalarbeit, für die neben den Schwestern noch unter anderen Bill Frisell, Greg Leisz, Doyle Bramhall II, Don Was, Larry Taylor oder Woody Jackson verantwortlich zeichnen. Akustische Krönung, strahlender Mittelpunkt, gefühlvolles Herz und singende Seele dieser Song-Schatzkiste aber ist der geniale (Gemeinschafts-)Gesang der drei Grazien, deren himmlische Harmonien geschwisterlich rein, dennoch mit genügend Gefühlskanten gereicht werden, dass es eine nahezu unvergleichliche Freude ist. Und wenn in diesen delikat-dezenten Darbietungen zwischen Carter Family, Andrews Sisters, Rosanne Cash und PussNBoots, zwischen Ozark Mountains und den Appalachen die rein vokale Schönheit von Pretty Baby die Brücke zu den drei Sirenenstimmen aus T Bone Burnetts „O Brother, Where Art Thou“-Soundtrack zaubert, dann ahnt man, in welcher kreativen Country-Königsklasse dieses Album aufspielt. Ursprünglichster Country, Art Folk und Acoustic Americana werden eins. Ehrlicher und echter, kunst- und gefühlvoller kann man Wurzelpflege nicht betreiben.

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Das Trio-Debüt:
Haden Triplets
 – „Haden Triplets“

Ein Elogen-Exzerpt: … Zwischen klassischem Honky Tonk, schunkelndem Country Waltz, kargem Back-Porch-Folk und getragenem Boom Chicka Boom plätschert der glasklare Country-Fluss dahin, gekrönt von himmlisch harmonierenden Stimmen, die dennoch jede für sich individuell zu strahlen weiß. Die Andrews Sisters im Carter-Familien-Clan? Die Roches unter der Gesangsleitung von Gillian Welch? Egal – eine einzigartige, wurzelwasserklare, pure Perle.

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Bonny Light Horseman – „Bonny Light Horseman“

In delikater Dreieinigkeit macht sich diese geniale Gemeinschaft von drei hochgeschätzten Songschmied(inn)en auf, um ein ebenso traditionsverbundenes wie aus allen Zeiten fallendes Wunderwerk voll wehmütiger Weisen zu erschaffen, wie selbst ich es in der heutigen, hässlich hektischen Zeit kaum mehr erwartet oder gar erhofft hätte. Allein schon die Namensnennung der beteiligten Trio-Täter lässt bei uns Eingeweihten die Wohlfühlglocken läuten: Anais Mitchell (Gesang, Gitarre), Eric Johnson (Fruit Bats/Gesang, Gitarren, Banjo, Mundharmonika, Piano) und Josh Kaufman (War On Drugs, The National/Gesang, Gitarren, Orgel, Piano) haben sich zu ebenso federleicht-weicher wie emotionstiefer Einheit zusammengefunden, um tradiertes britisches Liedgut in eine ganz eigene, gleichzeitig schlicht-schöne wie ungemein kunst- wie gefühlvolle Song-Sprache zu übersetzen. Aber auch die Liste der Gäste und Mittäter ist für manches erfreute Lächeln gut, zählen doch unter anderen Aaron Dessner (The National), Lisa Hannigan und Justin Vernon (Bon Iver) zu den geladenen Geistesgeschwistern, die mit Saitenspiel und verschiedensten Stimmfarben vor allem für vokale Wohlfühlwolken sorgen. Als herzerfrischend folkfingerfertige A- und E-Gitarren-Spieler füllen die drei perfekt harmonierenden Protagonisten die durch dezenten Hall erweiterten Klangräume mit gelassen-reifem Saitenspiel, wohlgesetzte weiche Klavierakkorde schenken Tiefe, Banjo, Mundharmonika und ein Saxofon setzen sanft schimmernde Glanzlichter, sogar ein Schlagwerk schleicht sich fast unbemerkt ins so zart-filigran scheinende Klanggeschehen.

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Bonny Light Horseman: Wie aus allen Zeiten fallendes Wunderwerk voll wehmütiger Weisen ©Nolan Knight

Und auf diesem irdenen Grund aus herrlich ehrlichem Handwerk lassen Anais, Eric und Josh ihre drei so einzigartigen und sich doch so perfekt ergänzenden Stimmen im berührenden Alleingang, in trauter Zweisamkeit oder in gemeinsamer, gospelseliger Vielschichtigkeit erklingen, dass es eine einzige, sinnenerfüllende Freude ist. Trotz der britischen Herkunft von Weisen wie „Deep In Love“, „Jane, Jane“, „Black Waterside“, „Magpie’s Nest“, „Lowlands“ oder „Bright Morning Stars“ klingen die zeitlosen Zaubereien mehr nach Matthews Southern Comfort als nach Fairport Convention, vermeint man den jungen Dylan zu hören, spürt man den reifen Joe Henry durch die Reihen streifen, sogar der sonnige Geist Scott McKenzies scheint durch die Zeilen. Gepaart mit dem irisierenden inneren Frieden des Nick-Drake-Folk und manch strahlendem Schimmer klassischen Country Folk entspinnt sich hier ein beeindruckendes, bleibendes Zehn-Song-Werk, dessen zeitlose Schönheit ewig währt. (cpa)

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John Blek – „The Embers“

Von irischen Wurzeln getragenes, von artifiziellen Americana-Elementen nicht unberührtes Balladenwerk eines mit vor allem in den höheren Stimmlagen seelentief berührenden Barden, dessen Fähigkeit, unwiderstehlich romantische Melodien nicht nur zu schreiben, sondern auch noch aufs Delikateste darzubieten von Album zu Album noch zu wachsen scheint. Dabei sorgte bereits das Vorgängerwerk „Thistle & Thorn“ des ungemein sympathisch klingenden Sängers und Songschmieds aus Cork bei Kennern und Kritikern gleichermaßen für ebenso offene wie erstaunte Ohren, aber mit seinem sanft- wie wehmütig dahinfließenden neuen Neun-Lieder-Reigen weiß er das Herz des Hörers noch nachhaltiger zu ergreifen. Mit samt-sanfter, von dezentem Vibrato geprägter, auch und gerade in den Höhen weich und warm volltönender Stimme umschmeichelt der Ire Seele und Sinn mit nahtlos ins Ohr und Gefühl gehenden Melodien, die sowohl im berührenden Alleingang, in betörenden Mehrstimmharmonielagen, aber auch im Duett (mit Mick Flannery!) Herz und Hirn gleichermaßen erreichen und ergreifen.

John Blek: Von irischen Wurzeln getragenes, von artifiziellen Americana-Elementen nicht unberührtes Balladenwerk ©Fionn Hennessy Hayes

Allein schon durch den Gesang zu ganz eigener Schönheit getragen, leben die gleichwertig aus den überlieferten Folk-Traditionen gefühlten und tief aus der eigenen Erfahrung geschöpften Lieder aber auch durch die überwiegend akustische, fein-filigrane, bei aller Delikatesse nie zu dezente Darreichung (auch trefflich gesetztes Schlagwerk gibts in der gefühlstiefen Wärme), mit der herrlich kunstvoll folkfinger(picking)fertig dargereichten Gitarre im Fokus des auch instrumental außerordentlich ohrenfreundlichen Klanggeschehens, das in seiner meisterhandwerklichen Reinheit in der geistesverwandtschaftlichen Mitte eines gedachten Dreiecks aus Bruce Cockburn, Gordon Lightfoot und Ralph McTell seine ebenso sanften wie silbrig gleißenden Bahnen zieht. Gleichermaßen gefühlvoll wie kunstreich um prägendes instrumentales Beiwerk auf Piano, Orgel, E-Gitarre, Slide Guitar und Klarinette bereichert, entfaltet sich das bereits beim ersten Zusammentreffen unwiderstehlich verlockende Liedwerk zu einem ebenso wurzelverwobenen wie artifiziell fein gewirkten Folk-Kunstwerk, das das Zeug zum bleibenden Klassiker in sich trägt. (cpa)

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