Zur kommenden Fashion Week in Berlin präsentieren sich die Marken von Création Gross, CG – CLUB of GENTS und CARL GROSS, auf der PREMIUM am Gleisdreieck. Wie sich beide Marken für die kommende Saison aufstellen und welche Pläne für das Jahr 2020 anstehen. Ein FT-Besuch in der Hersbrucker Firmenzentrale.
„Es gibt keine größere Einsamkeit als die eines Samurai, außer vielleicht die eines Tigers im Dschungel.“ – Ein grauer Herbstabend zieht auf, es regnet. Es muss einer dieser Tage sein, als Jeff Costello einen prüfenden Blick in den Spiegel wirft, seinen Hut akkurat zurechtschiebt und sich aufmacht – um zu sterben. So cool! Alain Delon im Filmklassiker „Der eiskalte Engel“. Schnitt. Wir sind immer noch in Paris und es geht immer noch um Verbrechen. Und es geht immer noch um die 1960er. Aber: „Wir bleiben natürlich bei unseren Wurzeln“, sagt Florian Wortmann, Chef von CG – CLUB of GENTS, schiebt sich die Ärmelt hoch und greift zu einem Jacket: „Und die sind britisch! Und nebenbei gesagt, auch an den Preislagen hat sich nichts Nennenswertes getan.“
Diesmal zog der Tross also an die Seine. „Wir wollten etwas Abstand zur letzten Winterkollektion gewinnen. Wir werden leiser“, sagt Stefanie Denk, Senior Brand Manager, CG – CLUB of GENTS. Wortmann nickt: „Paris bot die perfekte Kulisse und den richtigen Kontrast zu unseren Styles.“ Die Farbverläufe werden gedämpfter, die Töne sanfter, ganz so, wie die Musik in einem Jazzclub zurücktritt und die Menschen, die hier das Leben genießen, in einem atmosphärisch dichten Raum einfängt. Das Paris der 1960er-Jahre stand auch Pate bei der Entwicklung der aktuellen Kollektion von Savile Row by CG – CLUB of GENTS, die unter der Headline THE LAST FIGHT läuft. „Hinter einer unscheinbaren Tür führt ein schmaler Gang zu einem unterirdischen Boxkampf. Der Hauch des Verbotenen liegt in der Luft.“ Genau diese Szene hatte Wortmann beim Shooting im Kopf. Eine Szene, die in Berlin zur anstehenden Fashion Week wieder aufleben wird. „Anzüge stellen wieder etwas dar. Breitere Revers, höhere Rückenschlitze und generell längere Rückenlängen lassen die Modelle stattlicher und mondäner wirken. Die Looks werden insgesamt monochromer und die Strukturen innerhalb einer Farb-Range ruhiger und edler“, heißt es im Kollektionsbericht.
Das gilt auch für die Kollektion der Hauptlinie CG – CLUB of GENTS unter der Head „Coq au vin“, für die eigens wieder ein Futterdesign entwickelt wurde. Auch hier beruhigt sich die Szene. Die Stoffmuster werden kleiner, diffuser. Pepita- und Herringbone-Checks oder die typisch französischen Hahnentrittmuster erkennt man erst von nahem. Die Stoffe werden insgesamt leichter und bieten mehr Komfort. Neben bekannten Sakkos wird es in dieser Kollektion mit dem Hemdensakko CG Conrow ein neues Modell geben. Auch in dieser Saison wird der Casual Suit aus Sakko, Weste und gewaschener Einzelhose mit dem Billardtisch als Präsentationsmöbel aufgelegt. Der Tisch kann zudem um Queue-Ständer erweitert werden. Bleiben noch zwei Dinge zu melden: Your Own Party by CG – CLUB of GENTS geht in die nächste Runde mit frei kombinierbaren Sakkos und Hosen in zwei Ausführungen und verschiedenen Farben. Dazu stellen die Hersbrucker ein Pop-up zur Verfügung. Und auch CG bringt im kommenden Frühjahr einen Anzug, in dem recycelter Kunststoff verarbeitet wird. Wortmann vermeidet bewusst, das Teil grün zu nennen. „Der Next Generation Anzug ist nicht nachhaltig, sondern aus recyceltem Plastik, um nicht mehr Müll zu produzieren, da Nachhaltigkeit ein komplexes Thema ist, dem wir uns als Unternehmen stellen müssen.“ Der Baukasten läuft unter „Next Generation“ – mit knallgrünem Innenfutter.
Thorsten Grönlund ist in Hersbruck seit diesem Januar für die Marke CARL GROSS verantwortlich. „Wir haben an der Kollektion einiges weiterentwickelt“, sagt der Manager, „wir schreiben ein neues Kapitel von CARL GROSS.“ Die Mode werde wieder angezogener, die Stofflichkeit kehre zurück, sagt Grönlund. Klassische Dessinierungen rücketn wieder in den Mittelpunkt. „Wir arbeiten wieder mit stärkeren Akzentuierungen wie aufgesetzte Taschen und breitere Revers. Wir lassen gleichzeitig auch Raum für fließende, weiche Formen“, sagt Grönlund. Das gelte für Sakkos wie für Anzüge gleichermaßen. „Das zweite große Thema heißt Funktionalität/Flexibilität, das wir sportiv, aber nicht casualorientiert interpretieren.“ Die Kombinierbarkeit der Teile stehe über allem. „Der Kunde soll frei wählen können und dabei immer stilsicher gekleidet sein“, betont Grönlund.
Auf der Fläche wird der Fokus auf 24/7 flex gerichtet sein. Der Pop-up, der bereits in der Vorsaison zum Einsatz kam, wird neu aufgelegt und erweitert „Egal ob Jersey oder Wolle mit elastischen Faseranteilen oder naturelastische Stoffe. Die Kunden erwarten mehr Beweglichkeit und wir werden das umsetzen“, meint Grönlund. Die wichtigste Neuerung im zurückliegenden Sommer war, alle Polsterungen und Einlagen zurückzunehmen und mit der italienischen Schulter zu arbeiten. Jetzt ist die komplette Kollektion umgestellt. Grönlund hebt die Bedeutung des Baukastens für die Marke hervor. Allerdings sinkt dessen Halbwertszeit deutlich. Waren die Baukästen früher mehrere Saisons im Einsatz, verkürzen sich die Zyklen deutlich.
Er erwartet beim Mantel anhaltendes Wachstum. Also wurde das Programm noch einmal erweitert und auf drei Formen mit und ohne Weste ausgedehnt. Grönlund spricht auch von neuen Präsentationsansätzen auf der Fläche. Der Mantel sollte bei den Anzügen hängen und nicht in der nächsten Abteilung. Farblich geht es mit hellen Brauntönen, die unter anderem mit einem Orange und Curry als Akzentfarben spielen.
Auch für die Black Line wird es eine Pop-up-Fläche geben. „Wir wollen mit Black Line nicht zur Premiummarken angreifen, aber wir bieten dem Kunden einen spürbaren Mehrwert, wenn er 50 Euro mehr ausgibt: hochwertige Qualitäten in einer perfekten Verarbeitung. Genau das wollen wir auf der Fläche zeigen.“ National sollen um die 30 solcher Flächen realisiert werden.
CARL GROSS wir außerdem nachhaltiger werden. „Wir haben eine neue Linie aufgelegt: Concept Green. Ein kleines Programm mit 15 Artikeln: Sakko, Split Suit und Weste. Wir betrachten das als Start in eine nachhaltige Produktion. So verwenden wir bei den Zutaten ausschließlich recycelte Materialien und setzen auch bei den Oberstoffen bereits teilrecycelte Stoffe ein. Wir stehen gerade im engen Austausch mit unseren Lieferanten, wie wir diesen Weg gemeinsam gestalten können. Es ist noch kein komplett grünes Produkt, aber es ist der erste Schritt in eine nachhaltige Zukunft.“
Halbe, halbe
Herr Böhm, die Branche spricht von einem schwierigen Jahr. Wieder mal. Sehen Sie das?
Ralph Böhm: „Ehrlich gesagt, kann ich mich nicht erinnern, wann wir im Rückblick der letzten Jahre von einem leichten Jahr gesprochen haben. Die Wettbewerbssituation hat sich nochmals verschärft und es drängen immer neue ‚Player‘ in den Markt. Im Ergebnis erleben wir ein „textiles Überangebot“ in fast allen Produktbereichen. Dies wiederum führt dazu, dass Reduzierungen sowohl zu früh als auch zu umfangreich stattfinden. Diese Rahmenbedingungen führen meines Erachtens zu der gefühlten Unzufriedenheit in unserer Branche. Aber wie bereits die Jahre zuvor, bietet diese Situation auch Chancen für ‚Firmen Konjunkturen‘.“
Wie steht es mit den Kennwerten, zufrieden?
„Trotz der beschriebenen, schwierigen Rahmenbedingungen, werden wir auch dieses Jahr mit einem Wachstum abschließen. Als Familienunternehmen legen wir dabei höchstes Augenmerk auf ein gesundes Wachstum. Auch dieses Ziel konnten wir 2019 sehr gut erreichen. Die Begründung für unser gutes Abschneiden liegt insbesondere an der seit längerer Zeit gefahrenen Zweimarkenstrategie (Umsatzverteilung beider Marken Carl Gross/CG-Club of Gents rund 50 Prozent/50 Prozent). Aber auch unser gesundes Verhältnis zwischen NOS-Systemgeschäft und saisonalem Vororder-Geschäft (circa 65 Prozent /35 Prozent) macht uns ‚fit für die Zukunft‘.
Als Fazit ist auch hier festzuhalten, dass der Aufwand – um gute Resultate im Markt zu erzielen – stetig wächst. PopUp-Stores, Events über das ganze Jahr verteilt, immer neue Kapselkollektionen wie Your Own Party by CG – CLUB of GENTS und Black Line bei CARL GROSS sind Beispiele hierfür.
Damit wir uns langjähriges und ununterbrochenes Wachstum auch 2020 fortsetzen können, werden wir in unser Wachstum und in die Internationalisierung des Unternehmens investieren. Trotz einer guten Exportquote im Vertretergeschäft von ca. 45 Prozent sehen wir insbesondere im Export noch Potentiale.“