Und sie dreht sich doch!

Markus Oess

Es tut sich was – in der Hauptstadt. Die PANORAMA BERLIN zieht nach Tempelhof und die NEONYT gleich auch. Zufälle gibt es. Und dann sind die auch noch so positiv zu bewerten. Planten sie anderes? Berlin wird gestärkt, weil die Strahlkraft der Messen für sich betrachtet noch oder nicht mehr powern konnte, um die hoffentlich interessierte Modeschar als einzelne Veranstaltung nach Berlin zu locken. Die Messe Frankfurt, Veranstalter der NEONYT, ist zwar beweglich seit je, aber sie ist professionell genug, jede Gelegenheit beim Schopfe zu packen, sich noch besser zu inszenieren. Die Messen haben Luft nach oben und Berlin hat in der Mode immer noch ein Wort mitzureden. Für die PANORAMA war der Umzug alternativlos. Alternativlos ist ein gutes Wort, sorgt es doch für Verbindlichkeit in so unverbindlichen Zeiten! Aber auch das sei gesagt: Eine Koalition der Messen allein wird es nicht richten, schließlich ist auch die Bread & Butter an diesem Ort zugrunde gegangen, der jetzt neu gefeiert wird: Tempelhof. Neue Konzepte sind gefragt und wir dürfen gespannt sein, welche Ideen nun die Mode in Berlin wieder abheben lassen.

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In dieser Ausgabe haben wir uns einem Schwerpunkt-Thema gewidmet, von dem sich die Haute Couture offensichtlich abwendet und das sie scheut wie Wasser das Feuer: Große Größen. Ein Markt, der irgendwie so nebenher mitläuft und in dem viele Player, namentlich auch deutsche, Geld verdienen, weil sie in dem Zusammenhang das wichtige Passformenthema beherrschen. Der Markt bewegt sich und selbst im bunten Italien bringt Plus Size die Kasse zum Klingeln.

Bislang aber standen weniger die optischen Aspekte im Vordergrund. Frei nach dem Motto „praktisch, quadratisch, gut“. Nur nicht auffallen, war die Devise. Doch das ändert sich offenbar. Die „Pfundskerle“ wollen Mode. Wo Bedarf ist, ist auch Angebot.

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Diese Entwicklung lässt auch das Interesse an passenden Männermodels steigen. Dabei war noch im 19. Jahrhundert eine gewisse Leibesfülle ein Zeichen des Wohlstandes und man erntete eher bewundernde Blicke als ein mitleidiges Wimpernzucken. Schönheitsideale sind hochpolitisch, sagt Dr. Nina Mackert von der Universität Leipzig (Tays). Das Abweichen davon ist auch mit hohen sozialen Kosten verbunden. Umso wichtiger ist es, sich endlich auch in diesem Zusammenhang von sinnfreien gesellschaftlichen Normen zu verabschieden, die wir uns alle nicht leisten können. Und sie dreht sich doch, die Modewelt!

Ihr

Markus Oess