Menschen machen anders

Editorial

Markus Oess

Am Personal entscheidet sich die Qualität eines Ladens. Wenn auf der Fläche keine echte Begeisterung rüberkommt und die Menschen nicht für IHR Unternehmen und die Mode brennen, wird es schwer, beim Kunden ein Begeisterungsfeuer zu entfachen. Klingt plausibel. Aber zum einen will nicht jeder Kunde mit dieser brennenden Begeisterung schon an der Eingangstür an die Hand genommen werden. Gar nicht aufzukreuzen, ist dann aber auch nicht das Mittel der Wahl. Gute Verkäufer bringen neben Fachkompetenz (und gutem Geschmack) Menschenkenntnis und Einfühlungsvermögen mit und wissen im besten Fall, auch mit übellaunigen Kaufkandidaten umzugehen. Sie haben Spaß am Beruf und sie wollen wertgeschätzt werden. So weit, so schlecht, denn auch im Modehandel herrscht Fachkräftemangel. Doch liegt es am Fachkräftemangel allein, dass die Kunden weit mehr dem Urteil aus dem persönlichen Umfeld vertrauen als eben jenem Fachpersonal, dem auch gemeinhin eine grundsätzliche Fähigkeit zur Beratung und ein gewisser Modegeschmack unterstellt werden? Investitionen in Hardware wie Ladenbau, Lage, Systemlandschaft lassen sich durchrechnen. Bei Menschen mag das schwieriger sein, weil die Leistung von einer Vielzahl von Faktoren abhängt. Daraus aber zu schließen, gerade beim Verkaufspersonal zu sparen und dafür vielleicht sogar den Einkäufern auch monetär einen höheren Stellenwert in der Firmenhierarchie einzurichten, ist fatal. Es geht auch anders, wie zum Beispiel das Haus POLICKE in Hamburg zeigt.

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Menschen können viel bewegen, mutige Menschen zumal. Wir haben uns aufgemacht und mit Firmengründern gesprochen, die den Mut, die Kraft und die vor allem das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten besitzen und ausgerechnet in Krisensituationen ein eigenes Label gegründet haben. Antriana Paraskevopoulou hat mit ihrem Mann Antonis Papastavrou die griechische Brand DÁNTE geschaffen, Gleiches gelang Sofia Rousinovich mit ROUSSIN in der Ukraine. Wir haben mit ihnen natürlich über ihre Marke gesprochen, aber auch über ihre Erwartungen und Hoffnungen. Menschen, die sich nicht in ihr Schicksal ergeben haben, sondern anpacken. Hin und wieder könnte es nützlich sein, auf seine Nachbarn zu schauen. Die Probleme der anderen helfen uns natürlich nicht, aber sie geben vielleicht ein Stück Demut, die eigenen Schwierigkeiten neu, vielleicht auch als weniger gravierend und damit lösbar einzuordnen.

Um Menschen und deren Zukunft schließlich geht es auch an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle (Hochschule Halle). Wir haben mit Lehrkräften und Absolventen über den Wandel der Zeit und Zukunftsperspektiven gesprochen. Die Hochschule bildet unter anderem auch Modedesigner aus. Menschen, die ihre berufliche Zukunft noch vor sich haben. Wir sollten ihnen mit Respekt und der Bereitschaft, sie zu fördern, begegnen, nicht zuletzt auch, weil sie in den kommenden Jahren darüber entscheiden könnten, ob Sie in der Zukunft ebenso erfolgreich sein werden wie heute – egal ob als Händler mit einer Marke oder als Vertreter einer Marke selbst, denn auf jeden Fall werden sie einiges anders machen als wir heute.

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Markus Oess