Angie McMahon – „Salt“

Gehört – gekauft

Mit Wut, Wucht und Wehmut, mit Verve und Vehemenz: Angie McMahon ©Paige Clark
Autor: Christoph Anders

Die australische Singer-Song-Rockerin Angie McMahon, mein ganz persönliches Glanzlicht des 23. Orange Blossom Special Festivals, nutzt jetzt ihr Debütalbum, um den heute noch nachhallenden Eindruck ihres Auftritts vor heimischer Kulisse mit Wut, Wucht und Wehmut, mit Verve und Vehemenz zu unterstreichen. Dabei reichen ihr auch bei dieser unter die Haut schneidenden Kette von Rohdiamanten oft allein ihre herzhaft rau gereichte E-Gitarre und ihre ungemein bewegliche, in den samttiefen wie in den strahlend hellen hohen Lagen gleichermaßen beglückend berührende Stimme, um ihre melodieverliebten Weisen direkt ins Herz zu singen. Aber egal ob in aufrüttelnder vokaler Einsamkeit, zu auch im Alleingang roh-reibenden Gitarren-Akkorden oder in mitreißender Roots-Rock-Vollband-Begleitung – Angie überwältigt mit vielschichtig-variabel gestalteten Songs, überrascht mit emotionsreichen Rhythmik- und Dynamikwechseln, schmeichelt in seelentief-solitärer Stille, bezirzt im sanften Alternative-Country-Klangfluss, steigert sich in den elektrisch verzerrten Rausch und tröstet mit bezaubernd zerbrechlichen Akustik-Folk-Akkorden, stets ihre bewegliche, betörende, leichtfüßig die Intervalle überspringende Stimme auch mehrlagig ins Zentrum des ergreifenden Geschehens stellend. In einer lückenlosen Kette von Gänsehautmomenten zwischen einsam wundweher Klage und berauschend rauer Roots-Rock-Breitseite gelingt es ihr, nacheinander und gleichzeitig an die mitreißendsten Momente von Sharon Van Etten, Brandi Carlile, Courtney Barnett, sogar PJ Harvey und Patti Smith zu erinnern, während ihre Gitarre stoisch-griffig gelassen auf Lou Reeds Spuren weht, wandelt und wütet. Ein wahrhaft reifer Roots-Rock-Rohdiamant, der bis in Hidden-Track-Gefilde zutiefst berührt.

WERBUNG

CD/LP im Glitter Shop kaufen

 

Heather Nova – „Pearl“

Kaum zu glauben, aber es ist schon ein Vierteljahrhundert her, dass uns die eigensinnig einzigartige Elfe des unabhängigen Pop mit Oyster die Sinne so bleibend betörte, dass nicht wenige Rezensenten in der Folge den guten Namen Nova als gern genutzte Vergleichsgröße nannten, um hymnischen Independent Pop näher zu beschreiben und eventuelle Nachfolgerinnen an Heathers unverwechselbarer Stimme zu messen. Aber nicht genug, dass uns die Göttin des sirenengleichen Gesangs 25 Jahre später unverändert bei bester betörender Stimme begegnet, als sei kaum Zeit seit der unvergessenen Perlensammlung verstrichen – sie zeigt sich dank gewonnener Erfahrung und Reife ebenso abgeklärt wie aufgeschlossen für Neues, pflegt bekannt berückende Stärken genauso, wie sie sich noch vielseitiger präsentiert als bislang gewohnt.

Heather Nova

Bereits bei erster Berührung präsentiert sich das Vollwerk deutlich heftiger, sorgt manch elektrisierender Gitarren-Ausbruch für aufrüttelnd harte Momente. Taucht man aber wiederholt und tiefer ein in den bewegt-bewegenden Song-Ozean, so entfalten sich erst die reichhaltigen Farbnuancen, die die Könnerin und Künstlerin hier nutzt, um ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen, die vielen Schönklang-Schattierungen zwischen akustisch-zartem Feinsinn und vehement verzerrter E-Gitarren-Emotion, zwischen wohlgesetzten Streichern und rauen Roots-Rock-Riffs, Beatles-Harmonie-Liebe, packendem Independent Rock, versponnenem Dream Pop und der Delikatesse des twangumwehten Walkabouts-Deserts. Zwischen filigraner Ballade und mitreißendem Rock-Rausch durchlebt die gewachsene Göttin alle Gefühlsebenen, verzaubert wie in vergangenen Tagen und gewinnt durch die neu gewonnene Größe noch an Strahlkraft hinzu. Eine Rückkehr, die umso mehr berührt, weil hier das Gestern und Heute zu einem betörenden Ganzen verschmilzt. Herzhaft willkommen zurück!

CD/LP im Glitter Shop kaufen

WERBUNG

 

Erin K – „I Need Sound“

 

Bereits mit dem Vorgängeralbum „Little Torch“ spielte sich die unwiderstehlich pop-affine Singer-Songwriterin amerikanischer Provenienz (mit Wahlheimat London) dauerhaft in mein Wohlfühlklanggedächtnis, mit ihrer neuen Wolkenweisen-Sammlung weiß sie sich noch tiefer in meine Sinne zu singen. Mit voller Band eingespielt, rund, aber nie zu satt produziert, stets Raum für herzhaft Handgemachtes lassend, schwebt und schweift Erin Kleh mit sanftweicher Stimme durch ihren eigenen zeitlosen Pop-Kosmos, der ihre Herkunft und ihre Herz-Heimat verbindet und nebenbei Jahrzehnte des Schönklangs unter einen harmonieseligen Hut bringt.

Erin K ©Edson Smitter

Zehn K-Originale lang zelebriert sie liebreizende Liedkunst, die bei aller Zauberkraft nie zu zuckrig gerät, bei durchweg spürbarer Akustik-Folk-Basis mit Lust und Leidenschaft in der romantisch rückwärtsgewandten Pop-Klang-Vielfalt badet und dabei ihre charmante Neigung zu 1980er-Sound-Spezialitäten offenbart. Mit einer Stimme zwischen delikater Dido-Nähe und fragiler Cat-Power-Intensität belebt sie ihre wolkenweichen Weisen mit The-Cure-Akkorden, betörendem Blondie-Strahlen und mitreißendem Soulsister-Soul, spinnt gekonnt Country-Twang, barockes Streichwerk und luftigen Rock ’n’ Roll mit ein und erschafft so ein feengleich federleichtes, dennoch von Kreativ-Kanten belebtes Pop-Paradies, das trotz liebenswerter Eingängigkeit für den Dauergenuss gebaut, gemeint und gut ist. Und folgerichtig schleicht sich die einzige Fremdkomposition des Albums, „You’re The One That I Want“, auch als entschleunigt über den Dingen schwebendes Stück Dream-Pop so nachhaltig in Herz und Hirn, dass es eine bleibende Freude ist. (cpa)

CD/LP im Glitter Shop kaufen