„Wir müssen mutig aufräumen“

BALDESSARINI

Premiummarke mit Konfektions-Aura und Casual-Wear-Kompetenz. Alle Bilder ©BALDESSARINI

Autor: Markus Oess

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Nicht alles komplett umkrempeln, oder doch? Marken-Chef Justo J. Gallardo sieht die Ahlers-Marke BALDESSARINI in seiner ersten Saison zwischen Mainstream und Luxus als echtes Premiumlabel gut aufgestellt. Aber für die Marke wie für den Handel gelte es, zu sichten und für Klarheit zu sorgen und so dem Konsumenten neue Ideen zu geben, ihn zu begeistern. Auch im Marketing und auf der Fläche kündigt der BALDESSARINI-Chef im Interview mit FT weitere Veränderungen an.

Es ging nicht nur um die Kollektion und die Identität der Marke.“ BALDESSARINI-Chef Justo J. Gallardo

FT: Herr Gallardo, haben Sie Herrn Baldessarini mal kennengelernt?
Justo J. Gallardo:
„Ja. Ein sehr interessanter Mann mit Visionen.“

Was, meinen Sie, würde er heute zur Marke sagen?
„Er hat sich geäußert und findet es super, was wir machen. Man merkt, am liebsten würde er gerne wieder mitmachen. Ich glaube, er freut sich, uns auf der Erfolgsspur zu sehen.“

Sie sagen, die Marke sei für den gehobenen Fachhandel prädestiniert. Warum ist das so?
„Es gibt kaum echte Premiummarken, die eine Konfektions-Aura und eine sehr starke Casual-Wear-Kompetenz haben. Der gehobene Handel hat oft zu viel gewöhnliche Ware im unteren und mittleren Preissegment. Der Erfolg im Multibrand-Handel entsteht durch gute Schnittmengen zwischen den einzelnen Segmenten. BALDESSARINI ist jetzt optimal zwischen Mainstream und Luxus aufgestellt und eben eine echte Marke im Premiumsegment.“

Sie sagen, die Händler sehen zur Saison Frühjahr/Sommer 2020 ein verändertes BALDESSARINI. Was genau haben Sie verändert?
„Sie werden eine sehr klare Konzeption sehen. Die Kollektion ist stilistisch sehr deutlich. Die Looks sind sehr modern und doch sehr gut umsetzbar. Eine Erfrischung der HAKA eben. Aber jede Warengruppe ist so weiterentwickelt, dass sie die Kompetenzabteilung bedient. Der Arbeitsauftrag war, die Warengruppen zu ,Exzellenzen‘ zu entwickeln. Das ist ganz gut gelungen und wir arbeiten weiter an dieser Idee.“

Was bedeutet es, die Kollektionen lesbar zu machen?
„Jedes Produkt, jeder Look muss optimal in den Stil von BALDESSARINI einzahlen. Die Stilistik wird damit klarer. Der Baustein ‚BALDESSARINI‘ ist somit für die Händler leichter zu entscheiden. Alles, was nicht sehr deutlich BALDESSARINI war, haben wir entfernt.“

Sie haben in den ersten Monaten vornehmlich strategische Aufgaben abgearbeitet, was genau meinen Sie damit?
„Es ging nicht nur um die Kollektion und die Identität der Marke. Es gab Arbeit bei den Repräsentanten/Agenturen, Märkten, Kommunikation und Bildersprache, aber auch bei E-Com, wo wir ab Januar 2020 eine sehr verzahnte Sortimentsführung mit den Retailpartnern haben werden. Somit profitieren alle von der Marke.“

Ihr Vorgänger Eric Sperber wollte die Marke maskuliner machen, einen roten Faden durch die Kollektionen ziehen und die einzelnen Teile des Programms auch optisch miteinander verzahnen. Inwiefern haben Sie das, um im Bild zu bleiben, weitergesponnen?
„Die Kollektion ist maskulin und alles muss zueinanderpassen – wie schon gesagt. Aber das ist doch Grundbedingung für eine Kollektion. Wie soll es sonst sein?“

Sie haben gesagt, die ersten Gespräche mit dem Handel seien ermutigend verlaufen. Können Sie kurz das Ergebnis zusammenfassen?
„Wir sind hervorragend mit der neuen Baukastenkonzeption gestartet, die in Kürze wieder neue Impulse bekommen wird. Es sind sehr gute Aufträge bereits für die Hemden und das neue Polokonzept geschrieben. Und es ist auch gelungen, einige sehr gute Partner für die Schuhkollektion zu gewinnen. Mich stört es nicht, wenn diese Warengruppe besonders mit meiner Person in Verbindung steht.“

Das Denim-Programm und die Anfangspreislagen wurden vor einigen Saisons ausgebaut. Auch die Sportswear wurde angefasst sowie die Businesskapsel erweitert. Wo sehen Sie denn in diesem Zusammenhang noch Handlungsbedarf?
„Das Denim-Programm war gut und doch mussten wir mehr Modernität reinbringen. Im Übrigen bereiten wir eine Superkapsel zum Verkauf ab August vor. Beim Business mussten wir viel mehr verändern. Ich habe, glaube ich, die letzten Jahre einen guten Beitrag in diesem Segment zur Branche geleistet. Ziel ist es, das beste Angebot der Branche zu erstellen. Outwear wird zur nächsten Saison besonders angefasst.“

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Haben Sie Preislagen gehalten oder wird es unter Umständen weitere Anpassungen geben?
„Die Preislagen sind eigentlich okay, aber wir beginnen jetzt früher. Der Einstieg ist bei Konfektion 399 Euro, Hose/Jeans 99 Euro bis 129 Euro und Hemden 89 Euro.“

Auf der zurückliegenden KATAG-Cheftagung wurden Nachhaltigkeit und Digitalisierung als unaufhaltsame Megatrends ausgemacht, denen sich Handel und Industrie stellen müssen. Wie halten Sie es mit der Nachhaltigkeit, wäre ein grüner BALDESSARINI oder wenigstens eine ökofaire Linie denkbar? Würde der angestammte BALDESSARINI-Käufer überhaupt zu grüner Mode greifen?
„Nicht nur der BALDESSARINI-Käufer, wir alle haben Verantwortung. Deswegen halte ich diese Entwicklung für wichtig. Wir werden in Kürze so weit sein, die Botschaft rausgeben zu können: ‚BALDESSARINI ist nachhaltig‘. Ein Jeansprogramm mit besonderen nachhaltigen Leistungen – zertifiziert – wird unser NOS-Angebot ab Oktober ergänzen. Aber nicht nur das! Es gibt sogar seit einigen Tagen ein sehr schönes internes Trinkwasser-Konzept – von unseren Mitarbeitern erarbeitet.“

Wie stellen Sie die Produktsicherheit auf der einen Seite und die fairen Arbeitsbedingungen Ihrer Produzenten sicher?
„Das gibt es schon lange bei uns und das wird auch geprüft. Es gehört zur Nachhaltigkeit!“

Ist das Thema Digitalisierung im Ahlers-Konzern angesiedelt oder bei den Marken?
„Technisch bei der Ahlers AG, inhaltlich und von der Markenführung her bei den Marken.“

Wie werden Sie sich mit dem Thema im Marketing auseinandersetzen, Influencer Marketing ist wohl kaum das Mittel der Wahl für BALDESSARINI, oder doch? OLYMP zum Beispiel hebt den schottischen Schauspieler Gerard Butler aufs Schild, um die Marken- und Produktwelt gegenüber dem Endverbraucher bekannter zu machen und emotional aufzuwerten …
„Im Marketing gibt es noch viel zu tun. Informationen werden wir Ihnen nach und nach geben.“

Hat sich BALDESSARINI im Markenauftritt gefunden oder wollen Sie hier noch Veränderungen anstoßen, die sich auch auf der Fläche bemerkbar machen?
„BALDESSARINI wird sich auch auf der Fläche verändern. Alles muss passen. Meine Formel gilt immer noch: Das Produkt ist ein Drittel Nähleistung und Design, ein Drittel Vermarktungsidee und ein Drittel Merchandising/Inszenierung.“

Der deutsche Markt hat einen besonderen Stellenwert für die Marke und müsste auch entsprechend behandelt werden. Was macht Deutschland so wichtig, ist es einfach der Umsatz, der alles in allem doch noch ausbaufähig ist?
„Für uns ist der deutsche Markt ausbaufähig, aber für den Handel auch. Wenn man störende Sortimente, gewöhnliche Sortimente weglässt, wird die Botschaft klarer und die Umsätze steigen. Das gilt für BALDESSARINI und das empfehlen wir jedem Retailer. Wir müssen mutig aufräumen und dem Konsumenten neue Ideen geben. So lässt er sich eher begeistern!“

In welchen Bereichen sehen Sie denn das größte Potenzial – Neukunden oder doch Wachstum über die Sortimente mit Bestandskunden?
„Uns fehlen in Deutschland nur wenige Topkunden. Aber jeder unserer Partner darf mehr erwarten. Wir wollen da enger zusammenarbeiten und mit unseren Partnern vielmehr das ,Rausverkaufen‘ mitgestalten.“

Der InterviewpartnerDer gebürtige Madrilene Justo J. Gallardo (58) kam im Januar 2019 als Geschäftsführer der Ahlers-Marke BALDESSARINI nach Herford. Der Manager zeichnet dort für die Bereiche Vertrieb, Produkt und Marketing verantwortlich. Sein Job: die Kollektion von BALDESSARINI klarer fokussieren und die Kompetenz in allen Warengruppen erhöhen. Als Stilmarke soll der Total Look von BALDESSARINI im gehobenen Premiummarkt geschärft werden. Gallardo war in den letzten drei Jahren Geschäftsführer von BENVENUTO. Zuvor war er als Geschäftsführer von ROY ROBSON tätig und stand auch auf der Payroll von GARDEUR.