Die internationale Wahrnehmung Afrikas wandelt sich enorm. Dies ist unschwer an den vielen Berichterstattungen über den Aufwärtstrieb des Kontinents zu erkennen. Selbst für bislang Uninformierte reicht eine Suchabfrage bei Google mit dem Stichwort „Afrika Wandel“ aus, um sich im Anschluss in den unzähligen Beiträgen, Analysen und Quellen zu verlieren. So gigantisch, heterogen und dynamisch wie dieser Kontinent ist auch die Berichterstattung, die je nach thematischem Schwerpunkt weit auseinanderdriftet. Wo ansetzen, wo anfangen, wo aufhören? Ein allumfassendes Bild Subsahara-Afrikas zeichnen zu wollen, ist unmöglich. Wir konzentrieren uns daher auf wissenswerte Basics, Südafrika und Äthiopien sowie den textilen Sektor.
„Deutsche Einzelhändler sollten nicht zögern“ – Das Fazit gleich einmal vorneweg – Afrika ist ein interessanter Markt für deutsche Unternehmen. Wer jedoch einen Weg ohne Risiken und Wagnisse erwartet, der sollte umdenken, aber auch berücksichtigen, dass das Potenzial der Märkte größer ist als die Unwägbarkeiten.
Die Germany Trade & Invest Gesellschaft GTAI – die Wirtschaftsförderungsgesellschaft der BRD – unterstützt und begleitet unter anderem deutsche Unternehmen bei ihrer Expansion in andere Länder. In der im März 2019 erschienenen Publikation „Wirtschaftsstandort Subsahara – Zukunftsmärkte mit Herausforderungen“ wird ein Wirtschaftszuwachs in der Region prognostiziert, bei dem das Bruttoinlandsprodukt laut Angaben des IWF bis 2022 durchschnittlich um 3,7 Prozent steigen wird.
Rasantes Bevölkerungswachstum
Hinzu kommt, dass es in den Staaten ein rasantes Bevölkerungswachstum gibt – aktuell leben in Subsahara-Afrika rund eine Milliarde Menschen. In knapp 30 Jahren wird sich diese Zahl mehr als verdoppeln. Rund 40 Prozent der Bevölkerung sind jünger als 15 Jahre, laut obiger Publikation potenzielle zukünftige Erwerbstätige mit einer steigenden Kaufkraft. Wie viele von ihnen einen qualifizierten Arbeitsplatz erhalten, hängt davon ab, ob die Länder zunehmend in die globale Wertschöpfungskette integriert werden. Die Jugend Afrikas zieht es in die Städte, die boomartig wachsen und einen erhöhten Bedarf an Konsum- und Investitionsgütern nach sich ziehen sowie Möglichkeiten neuartiger Konzepte und Technologien implizieren. Denn Urbanisierung allein bewirkt nicht automatisch Wirtschaftswachstum. Die afrikanische Wirtschaft wird dabei dringend wachsen müssen, damit in einigen Städten keine Slumbevölkerung entsteht. Von daher muss der Strukturwandel schneller vonstattengehen, reguläre Arbeitsplätze müssen geschaffen und das Bildungssystem ausgeweitet werden. Der Prozess der Industrialisierung steckt nämlich noch in den Kinderschuhen.
Laut GTAI spielt „[…] der Zugang zum Weltmarkt für Afrika und seine Weiterentwicklung eine wesentliche Rolle.“ Das Interesse am Wirtschaftspartner Afrika habe global bereits zugenommen: China, die USA, Japan, Indien, Brasilien und die Türkei agierten bereits sehr aktiv und offensiv auf den Märkten. Dazu kämen die alten Kolonialmächte Frankreich und Großbritannien, die nie wirklich weg gewesen seien. Und Deutschland? Überlässt laut Publikation seine Geschäftschancen den asiatischen Vorreitern. Dabei gebe es durchaus Investitionsgebiete, in denen unser Land tätig werden könnte – angefangen vom Rohstoffabbau über die Produktion von Textilien und Nahrungsmitteln bis hin zur Einführung moderner Technologien sowie der Förderung und Schulung qualifizierter Arbeitskräfte. „Deutsche Einzelhändler sollten nicht zögern, ihre Chancen in Afrika zu nutzen“ (GTAI).
AfCFTA
Ein brandaktuelles Thema mit noch vielen offenen Auswirkungen ist die Initiierung der African Continental Free Trade Area, der panafrikanischen Freihandelszone, die die inneren Kräfte des afrikanischen Marktes vereinen und die Wirtschaftsmacht des Kontinents steigern soll. In Zukunft sollen 90 Prozent der Zölle auf Waren innerhalb der Afrikanischen Union (AU) wegfallen und auch Bürger aller Staaten sich frei in Afrika bewegen können. Ziel ist die Entstehung eines kontinentalen Binnenmarktes, der den bisher nur 20 Prozent des Gesamthandels umfassenden Anteil innerhalb Afrikas zum Wachsen bringen soll. Das ambitionierte Abkommen soll bereits diesen Sommer in Kraft treten.