Kreativ, künstlerisch, glamourös – das Modedesign-Studium verspricht viel und die Alltagsrealität hält dann wenig. Denn spätestens, wenn die Absolventen im Monatstakt der Industrie schnell Konsumierbares abliefern müssen, folgt die Ernüchterung. Dass es auch ganz anders gehen kann, beweist die Kölner Designerin Julia Krafft, die mit ihrem Unternehmen Krafftstoff seit 1998 Outfits und Ausstattungen für Promotion, Events und Messen entwirft. Ein Gespräch über Fashion für die Nische.
Julia, war Modedesign dein Traumberuf?
„Ja, ich habe mir als Teenager selbst das Nähen beigebracht, habe für mich und für einige Freundinnen die Kleider für den Abiball entworfen und dann in einer Schneiderei ein Praktikum gemacht. Später kam ein Praktikum bei Escada hinzu und danach fing auch schon das Bekleidungstechnik-Studium mit dem Schwerpunkt Gestaltung in Mönchengladbach an. Während des Studiums bin ich dann bei F.P.P.O. – For Peaceful People Only, dem Label eines Freundes eingestiegen und wir haben gemeinsam Mode entworfen, die an die damalige Rave-Culture angelehnt war. Das lief ein Paar Jahre ganz gut, aber nach dem Diplom und dem Umzug nach Köln habe ich mich schließlich ganz auf Krafftstoff konzentriert.”
Mit den Kostümen und der Corporate Fashion von Krafftstoff hast du dich ja recht weit von der klassischen Mode entfernt.
„Stimmt. Ich hatte an der FH Mönchengladbach bereits Kostümkurse belegt und fand das Thema ziemlich spannend, weil es mich künstlerisch weit mehr gefordert hat als der Bereich Modedesign, der im Endeffekt nur ein Nachwuchspool für Esprit und Co. ist. Der Aufbau des eigenen Labels als Alternative ist extrem schwierig und zudem sehr kostenintensiv. Man geht ständig in Vorleistung und muss sich, statt um neue Entwürfe, die meiste Zeit um den Vertrieb kümmern, der durch das Internet immer schneller wird. Kostüme entwickeln kickt mich heute wesentlich mehr. Es ist freier und auf jeden Fall auch kreativer.”
Was bietest du mit Krafftstoff an?
„Meine Arbeit fängt bei bedruckten Firmenshirt, Kissenbezügen und Promotion-Outfits an und hört bei gebrandeten Business-Kollektionen, Messeoutfits und Showausstattungen für Tänzer, Musiker und Moderatoren noch lange nicht auf. Richtig spannend finde ich das Segment Walking Acts, also Kostümbau, bei dem man 2-D-Entwürfe in tragbare 3-D-Modelle umwandelt, die darüber hinaus auch noch die verschiedensten Funktionen zu gewährleisten haben. Gearbeitet habe ich schon für BMW, Mercedes, Chanel, Vodafone, L’Oreal und die Kölner Haie, um nur einige Kunden zu nennen. Man muss sich in der Kostümnische breit aufstellen, viel experimentieren und immer offen dafür sein, neue Wege zu gehen. Langweilig wird das garantiert nie.”
Woran arbeitest du aktuell?
„Gerade habe ich die Pom-Bär-Maskottchen wieder auf dem Tisch, die ich vor einigen Jahren entworfen habe. Da gibt es immer mal wieder etwas zu reparieren. Und dann stehen Arbeiten für verschiedene Karnevalsgruppen an. Klassische Uniformen für den Elferrat, Outfits im 20er-Jahre-Bademoden-Stil für eine Karnevalsshow und Kostüme für die Fußgruppen.”
Hand aufs Herz. Vermisst du die Mode manchmal?
„Nein, nicht wirklich. Bei den großen Mainstream-Playern der Branche mit ihren zwölf Kollektionen im Jahr frage ich mich immer, wer das alles braucht. Wenn ich die Zeit finde, nähe ich aber nach wie vor gerne Outfits für mich selbst. Ich bin für die Fashion also noch nicht ganz verloren.”