24.01.2019
Stimmung gut, Frequenz passt.
Das hätte man nach dem miesen Schlussquartal der Branche nicht unbedingt erwarten dürfen, aber das Grundrauschen und die Besucherzahl der zurückliegenden Berlin Fashion Week waren gut. Zum einen bewegen sich die Messen, verändern ihre Konzepte und sorgen so für Bewegung. Zum anderen sind aus dem Handel Signale zu vernehmen, die die Realität nicht ausblenden, aber grundsätzlich erfreulich sind. „Ich freue mich über unsere Shows! PREMIUM, SEEK, SHOW & ORDER sowie #FASHIONTECH waren sehr erfolgreich. Die Umstrukturierung von PREMIUM und die Weiterentwicklung aller unserer Formate wurden sehr gut angenommen – die Rückmeldungen aus dem Handel waren durchweg positiv.“ Für Anita Tillmann, Managing Partner der Premium Group haben sich Neuausrichtung beziehungsweise der Ausbau ihrer Veranstaltungen durchweg bezahlt gemacht. Die Berlin Fashion Week war ein echter Erfolg, heißt es sinngemäß: „Die neue Segmentierung der PREMIUM-Hallen bot den Besuchern ein viel dynamischeres und neues Showerlebnis. Obwohl ich zugeben muss, dass die Implementierung nicht einfach war und wir viel Kritik hatten, war die Entscheidung absolut richtig. Bereits am ersten Messetag haben wir Aussteller und Besucher überzeugt.“
Zufriedengeben will sich die Premium-Chefin indes nicht. Sie hat durchaus noch Luft nach oben ausgemacht – für sich und für die Industrie: „In dieser Saison haben wir 70 Prozent dieser Schicht erreicht – jetzt gehen wir in den Feinabstimmungsprozess für Juli. Die Marken, die das Thema Key-Looks zu Herzen nahmen, profitierten von einer stärker fokussierten Kollektionspräsentation. Es gibt jedoch viel Raum für Verbesserungen – einige Stände wirken leider immer noch unauffällig. Kreativität ist keine Frage des Budgets.“
Die Manager von Marken wie JOOP! oder BERTONI oder MAERZ Muenchen ziehen für die PREMIUM ein positives Fazit. Tenor: Zwar müsse man abwarten, wie sich die Resonanz aus dem Handel in den Büchern niederschlägt, aber die überraschend positive Grundstimmung und die Frequenz seien erfreulich positiv. Auch Marken wie ROY ROBSON, DESOTO oder CINQUE, die von der PANORAMA Berlin ans Gleisdreieck gezogen waren, sehen sich in diesem Schritt bestätigt. Ohne die Messe schlecht bewerten zu wollen, treffe man auf der Premium auf ein passenderes Markenumfeld. Auf der SEEK hatte sich konzeptionell nicht so viel getan. Dazu bestand auch kein Anlass. Die Messe, auf der sich über 250 Labels präsentierte, konnte ihr zehnjähriges Bestehen feiern.
Der Chef der PANORAMA Berlin, Jörg Wichmann, spricht von einem Besucherrekord schon am ersten Messetag. 20 Prozent mehr Menschen seien gegenüber der Vergleichssaison gekommen, meldet die Messe. „Wir sind überwältigt vom Erfolg der Messe. Die Botschaft ist im Handel angekommen“, sagt Jörg Wichmann, CEO der Panorama Berlin. Die PANORAMA hatte sich konzeptionell neu aufgestellt und verkleinert, nachdem in der Sommerausgabe Kritik an der Messe laut wurde und sie augenscheinlich weniger Besucher zählte. Die Bemühungen der Messeveranstalter wurden von den Ausstellern goutiert. Mark Bezner von Olymp zeigte sich gegenüber FT positiv überrascht von der guten Stimmung und Resonanz der Veranstaltung. „Das hatten wir so nicht erwartet“, sagt Bezner. Auch bei Création Gross äußerte sich das Management positiv. Jan ten Brinke, Geschäftsführer von LERROS, sieht allerdings die Industrie in der Pflicht, mehr Fachgäste auf die PANORAMA zu bringen – mit ansprechenden Präsentationskonzepten. Marco Lanowy, Geschäftsführer von ALBERTO stimmt dem zu, hebt zudem den „Convenience“-Gedanken hoch: Mit wenigen Looks alles zeigen und den Handel auf der Mess nicht überfrachten. Auch Maro Nachtrab, Geschäftsführer von BRÜHL, ist von der guten Stimmung überrascht. Allerdings war das Jahr 2018 für den Hosenspezialisten auch ein gutes mit einem Umsatzzuwachs von 4 Prozent. Christian Bieniek, Director Brand & Product Management FYNCH HATTON, sagt, es habe der Messe gut getan, sich zu fokussieren.
Vor einem guten Lauf spricht die PANORAMA für die SELVEDGE RUN. Der Umzug in den Eingang Süd der Messe Berlin habe den mehr als 70 Brands Marken gute Frequenz verschafft. „Wir schließen mit einem deutlichen Besucherplus zur letzten Edition ab und ziehen eine eindeutig positive Bilanz, was die neue Location in der Eingangshalle Süd und die Fusion mit der Panorama Berlin angeht“, sagt Shane Brandenburg, Gründungsmitglied der Selvedge Run und Product Manager. Die XOOM präsentierte sich mit neuem Hallenkonzept. Bei Ausstellern und Fachbesuchern habe das überarbeitete Hallenkonzept mit der Aufteilung der Marken in XOOM Pioneers, Heritage und Vibes überzeugt, sagt der Veranstalter MUVEO, Frankfurt. Im Hinblick auf die nächste Veranstaltung im Sommer wolle man die Kooperation mit der PANORAMA ausbauen.
Premiere feierte ein weiteres Format: Mit einem Portfolio von 150 Sustainable Fashion Brands aus 26 Ländern blickt die Neonyt Trade Fair als weltweit größte B2B-Veranstaltung für nachhaltige Mode auf einen erfolgreichen Start. „Wir haben die Neonyt als Must-see angekündigt. Und das war sie definitiv. Nicht nur was die Besucherfrequenz angeht. Besucher, Aussteller, Speaker und Partner – egal, mit wem wir gesprochen haben – alle waren begeistert. Vom Style und der Professionalität der Fashion Labels, von der Vielfalt und Tiefe der Themen und vom neuen Look der Neonyt. Das Konzept der Neonyt ging voll auf. Und das sogar global. Durch die sichtbare Partnerschaft mit dem United Nations Office for Partnerships und der ausgerufenen Conscious Fashion Campaign haben wir von Berlin in die Welt ausgestrahlt“, sagt Olaf Schmidt, Vice President Textiles and Textile Technologies, Messe Frankfurt.
Verzichten mussten die Besucher diesmal auf die Schwestermesse Bright, die in den vergangenen Saisons im Nachbargebäude stattgefunden hatte. Die Premium Group hatte der traditionsreichen Plattform für Skate- und Streetwear eine Auszeit verordnet, um ein neues Konzept zu entwickeln. Ob die Messe wie ursprünglich geplant im Sommer zurückkehren wird, erscheint aber fraglich.