„Marken sind nicht sterblich“

ETERNA

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Autor: Markus Oess

Marken ist das gegeben, was immer schon Religion, Philosophie oder Kunst umtreibt: Sie sind unsterblich. Es sei denn, sie werden krank und alt – gemacht. Durch falsche Markenführung und Produkte. Wenn eine Marke das Zeitliche segnet, kann das viele Gründe haben. Allein sie sind nicht in der Marke zu suchen, sondern im Markt und Management, sagt ETERNA-Chef Henning Gerbaulet im Interview mit FT. Wie er verhindern will, dass dereinst einmal ETERNA zu Grabe getragen wird.

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FT: Herr Gerbaulet, wenn Sie frei wählen dürften, mit welchem Markenprodukt hätten Sie denn im Augenblick am meisten Spaß?
Henning Gerbaulet:„ETERNA natürlich – unsere Marke hat eine lange Geschichte und bringt unendlich viel Tiefe mit sich.“

Die Grundmechanismen, wie eine Marke wirkt, verändern sich nicht.“ ETERNA-Chef Henning Gerbaulet 

Hat der traditionelle Markenbegriff noch seine Gültigkeit?
„Nach wie vor bietet die Marke dem Endkunden eine Orientierung. Löst eine Marke ihr Leistungsversprechen ein, wird der Konsument auch bereit sein, mehr Geld auszugeben. Ein zweiter wichtiger Baustein ist die Begehrlichkeit einer Marke. Wir müssen beides erfüllen und wir werden auch künftig in die Marke ETERNA investieren, inhaltlich, aber auch in der Kommunikation.“

Verändern die sozialen Medien und die Digitalisierung die Halbwertszeit einer Marke? „Marken sind im Grunde nicht sterblich. Wir kennen Marken, die seit hundert Jahren existieren und keine Anstalten machen, vom Markt zu verschwinden. Wenn Marken vom Markt verschwinden, hat das immer sehr konkrete Gründe. Aber Tatsache ist, dass die Digitalisierung und Social Media Veränderungen im Markt wahnsinnig beschleunigen können. Die Grundmechanismen, wie eine Marke wirkt und was mit ihr passiert, verändern sich aber dadurch nicht.“

Ist das eher eine Chance oder ein Risiko für Markenartikler?
„Sicher birgt das Ganze ein Risiko, aber auf der anderen Seite sehen wir für uns vor allem die Chancen. Wir müssen eng mit unseren Endkunden kommunizieren und sie auf unsere Markenreise mitnehmen. Vor allem aber muss eine Marke authentisch und glaubwürdig sein. Und das Produkt muss zwingend zur Marke passen.“

Der Trend zu Sportivität und Casualisierung ist ungebrochen. Allerdings sind nach Statistiken zwei Drittel der Deutschen übergewichtig bis adipös. Ist die ‚neue Sportlichkeit‘ der Männer nur eine willkommene Mär, neue Produkte in den Markt zu bringen?
Wir müssen hier zwei Dinge auseinanderhalten: Sportlichkeit und Casualisierung. Es gibt unbestritten den Trend zu mehr Bewegung und Sport, der zwangsläufig auch ein anderes Körperbewusstsein mit sich bringt. Gerade für junge sportbegeisterte Männer spielt die Mode eine große Rolle. Aber das hat im Grunde nichts mit der Casualisierung zu tun, die wir gerade erleben. Kleidung wird zunehmend weniger formell getragen. Im Büro braucht man immer Anzug und seltener Krawatte: In unserem Bereich kann man das daran sehen, dass das Hemd die Aufgaben der Krawatte übernommen hat und für den gewissen Unterschied sorgen soll, sei es mit der Ausstattung, sei es mit einem besonderen Detail. Die Casualisierung hat im Grunde alle Männer erreicht, ob sie nun sportlich sind oder nicht. Wir antworten auf den Sporttrend mit den Schnittformen. Heute sind Slim Fit und Super Slim Fit unsere am stärksten wachsenden Passformen, gleichzeitig verliert Comfort Fit. Modisch gesehen werden wir zusehends flexibler und tragen der Casualisierung mit ungezwungenen Hemden in weichen gewaschenen Qualitäten und soften Kragen Rechnung.“

Bei Funktionalitäten sieht das anders aus, oder?
„Bügelfrei ist für den Markt immer noch eine der entscheidenden Eigenschaften. Gleichzeitig erwarten die Männer zusehends mehr Tragekomfort. Also gewinnen auch Stretch-Qualitäten. Es gibt aber immer auch Gegentrends, so verkaufen wir zum Beispiel mehr und mehr reine Baumwollhemden in Super Slim Fit. Wir sind stets auf Innovationen angewiesen, denn wir müssen immer wieder neue, begehrliche Produkte auf den Markt bringen und die Kleiderschränke der Republik sind voll. Innovationen, auch funktionale, bleiben wichtig.“

Dennoch wird auch die Businessmode lässiger. Wie setzen Sie das für Eterna um?
„Wir setzen das über das Detailing am Produkt um – geschmackvolle Details am Kragen, Ausputz oder Ärmel. Die Stoffe werden weicher, erhalten mehr Tragekomfort. Wir haben zum Beispiel eine Smart-Casual-Kapsel aufgelegt, die genau diese Eigenschaften erfüllt. Wir haben uns an der Ware einen gewissen Vorsprung erarbeitet, den wir unbedingt halten müssen. Vor Jahren wäre es noch undenkbar gewesen, solche Hemden unter unserem Markennamen zu verkaufen. Denn bei allem, was wir machen, dürfen wir die DNA unserer Marke nicht verändern. Alle unsere Blusen und Hemden müssen businesstauglich sein.“

Wie läuft es aktuell, können Sie die Prognosen einhalten?
„Wir haben aufgelaufen ein leichtes Umsatzplus bei einem überproportional gestiegenen Profit, da uns einerseits diesmal keine zusätzlichen Kosten aus der Finanzierungsrunde belasten und wir gleichzeitig durch die neue Finanzierung weniger Belastungen tragen müssen. Zudem haben wir kontinuierlich unsere Prozesse verbessert. Wir konnten höhere Durchschnittspreise und damit Margen in den eigenen Vertriebskanälen durchsetzen sowie den Premiumanteil erhöhen. Auch wir haben unser End-of-Season-Programm. Aber wir haben bewusst auf Umsatz in dem Zusammenhang verzichtet und sind nicht jede Aktion im Handel mitgegangen. Inzwischen verkaufen wir die meisten Hemden für 59 Euro statt 49 Euro. Die Schwerpunktpreislage bei Premium liegt bei 69 Euro bis 79 Euro und in der Spitze bei 99 Euro. Egal in welchen Vertriebskanal Sie schauen: Wir zählen regelmäßig zu den ertragreichsten Marken unserer Handelspartner. Wir werden unsere Jahresprognose halten. Unterm Strich sind wir gerade angesichts der angespannten allgemeinen Marktlage durchaus zufrieden.“

Wie sieht es bei den Blusen aus?
„Sehr gut. Wir verzeichnen sehr ordentliche Abverkäufe und wachsen in der Breite. Wir haben Slim Fit etabliert und konnten auch hier den Premium-Anteil ausbauen. Unser Upgrading hat gegriffen und was für die Hemden gilt, gilt auch für unsere Blusen. In den gängigen Marktpanels performen wir weit überdurchschnittlich.“

Sie haben beim letzten Mal gesagt, Slim Fit sei das am stärksten wachsende Hemd bei ETERNA. Auch Premuim entwickele sich stark, hieß es bei der Bekanntgabe der Halbjahreszahlen. Wie weit lässt sich Premium nach oben drehen, ohne die Kernpreislage zu verletzen oder unglaubwürdig zu werden?
„Wir wollen gar nicht weiter nach oben. Ich bin mit der augenblicklichen Preispositionierung sehr zufrieden. Wir reden hier über die letzten 10 Prozent des Marktes und auch hier haben wir unsere Position gefestigt. Wir können teurer verkaufen, aber das Produkt muss den höheren Preis auch hergeben. Einfach mal 10 Euro draufschlagen, ohne das Produkt anzufassen, kann nicht funktionieren.“

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Es bleibt dabei, keine Zweitmarke auf den Markt zu bringen?
„Wenn überhaupt, stellt sich diese Frage erst nach Abschluss der nächsten Finanzierungsrunde. Für uns ist eine Zweitmarke aktuell keine Option. Wir wollen unsere Mittel und unsere Kapazitäten auf ETERNA konzentrieren und an unserer Einmarkenstrategie festhalten. Jetzt wollen wir erst mal sehen, wie unsere neue Kampagne ankommt, die wir aktuell in unseren Social-Media-Kanälen testen, um unsere Kunden in ihren unterschiedlichen Lebenslagen anzusprechen. Wenn wir wissen, welche Motive ankommen, werden wir auch zielgruppengerichtet unsere digitale Kampagne ausrollen. Über unsere Kanäle, aber auch über nationale Medien.“

Und Produkterweiterungen?
„Wir haben bei den Männern die Casual Smart Capsule lanciert. Bei den Frauen hat ein erster erfolgreicher Test mit Kleidern im Sommer dazu geführt, dass wir auch hier das Angebot ausbauen. Aber wie gesagt: Die DNA von ETERNA ist und bleibt das Geschäft als Spezialist von Hemden und Blusen. Das ist unser Leistungsversprechen und hierauf zahlen wir immer wieder neu ein.“

Wie viel Potenzial sehen Sie noch für ETERNA auf dem deutschen Markt?
„Wir sind noch lange nicht am Ende der Fahnenstange angelangt. Wir arbeiten kontinuierlich an unserer Angebots- und Preisstruktur. Wir haben sowohl im Bestandskunden- wie auch im Neukundengeschäft noch Potenzial, und zwar über alle Vertriebskanäle. Ein großer Wettbewerber hat uns ja gezeigt, was in diesem Markt möglich ist. Sorge bereitet mir lediglich ein wenig die Großfläche. Wir wollen aber natürlich auch international genauso weiterwachsen.“

Noch vier Jahre, dann ist die Firmenwertabschreibung durch?
„Das Ganze passiert ja nur auf dem Papier auf Holdingebene. Es macht sich auf dem Papier halt nicht gut. Faktisch hat das auf der operativen Ebene keinerlei Auswirkungen; jetzt nicht mit den Firmenwertabschreibungen und später, wenn diese durch sind, auch nicht. Interessanter sind für uns die zusätzlichen Spielräume, die wir uns in der nächsten Finanzierungsrunde im Jahr 2021 erarbeiten werden. Schon heute haben wir dank der niedrigeren Verschuldung und des geringeren Kapitaldienstes spürbar mehr Ressourcen für das operative Geschäft verfügbar als noch vor wenigen Jahren. Übrigens sehe ich die Mittelstandsanleihen nicht so kritisch wie andere. Auch Banken können bremsen und durch unser Reporting sorgen wir für volle Transparenz auf dem Markt, sodass auch künftig eine Anleihe ein mögliches von mehreren Finanzierungsinstrumenten für uns darstellt.“

Die eigenkontrollierten Flächen, also SiS und Shops, laufen besser als der Wholesale. Warum ist das so?
„Weil wir uns als eine Einheit präsentieren, als Ganzes, und über die Präsentation und die Warenbestückung das Beste aus der Marke für einen bestimmten Standort herausholen können. Wir wissen sehr genau, an welchen Stellschrauben wie Schnitten, Farben, Preisanteiligkeiten wir drehen müssen. Ein Händler verfolgt immer auch eigene, durchaus auch nachvollziehbare Ziele, die sich nicht zwingend mit dem maximalen ETERNA-Umsatz decken müssen. Zum Beispiel, wenn wir geordert werden, um das Angebot von Comfort-Fit-Hemden abzudecken. Wir sehen die Struktur des gesamten Angebotes, nicht das einzelne Produkt.“

Welche Learnings leiten Sie daraus konkret für den Handel ab?
„Am Ende des Tages geht es darum, Flächen zu definieren und zu bewirtschaften. Wir können nicht mit jedem Händler ein Depot vereinbaren. Aber wir müssen dazu kommen, für alle Flächen gemeinsam die richtigen Schlussfolgerungen zu treffen und die richtigen Sortimente auf die Fläche zu bringen und aktuell zu halten.“

 Und was sagen die Händler?
„Gerade in Zeiten, in denen zu viel Ware im Markt ist, schätzen Händler die NOS-Bewirtschaftung, über die sie unkompliziert Artikel auf- und abschalten und so relativ risikoarm für Abwechslung und die richtige Struktur auf der Fläche sorgen können. Das setzt natürlich eine gewisse EDI-Anbindung voraus und wir brauchen auch das Vertrauen des Händlers. Haben wir das, können wir gemeinsam vieles erreichen. Wir haben das gerade wieder bei einem bekannten Fachhändler unter Beweis gestellt, wo wir den Umsatz verdoppelt haben.“

Sie haben auch in diesem Jahr wieder in IT und Marketing investiert. Was verbirgt sich genau dahinter?
„Dahinter verbirgt sich eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen, die wir IT-seitig vornehmen, um uns zukunftsfähig zu halten. Unter anderem investieren wir in das CRM und entwickeln eine neue Kundenkarte sowie eine neue App für unsere Endkunden. Wir investieren in unsere neue Marketingkampagne, die ich vorhin erwähnt habe, um einige Beispiele zu nennen. Eine Marke hat immer auch einen gewissen Traumanteil und den müssen wir lebendig halten. Unser Produkt ist schon gut. Jetzt wollen wir die Kommunikation noch weiter verbessern.“

Digital ist ETERNA ziemlich aktiv, setzt aber eher auf ‚Guerillataktik‘ als auf breit angelegte Promi-Kampagnen. Was kommt nach #grenzenlos, #origamishirt und #dontshare?
„Wir haben verschiedene einzelne Maßnahmen, mit denen wir digital unterwegs sind. So spielen wir unsere Zusammenarbeit mit dem Basketballer Danilo Barthel viral aus, was sehr gut ankommt. Wir gehen aber zum kommenden Winter 2019 mit einem richtigen Knaller in die Kommunikation, der dieses Wort voll und ganz verdient.“

Ergebnissprung

Die Passauer ETERNA Mode Holding GmbH hat nach eigenen Angaben in den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres den Umsatz gegenüber dem Vergleichszeitraum um 1,3 Prozent auf 77,7 Millionen Euro gesteigert. Während im Inland der Zuwachs bei 0,7 Prozent liegt, stiegen die Erlöse jenseits der Grenzen um 2,8 Prozent. Wachstumstreiber sind die eigenkontrollierten Flächen, mit denen der Blusen- und Hemdenspezialist ein niedriges zweistelliges Like-for-like-Plus erzielt hat. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) hat das Unternehmen um 21,3 Prozent auf 8,9 Millionen Euro gesteigert. Der Ergebnissprung resultiert vor allem aus dem „profitablen Wachstum der eigenkontrollierten Flächen“ sowie einem verbesserten Warenmanagement und niedrigeren Abschriften.