Ein einträgliches Spielfeld

Sport

Vom Sport zur urbanen Streetwear ©pixabay

Autor: Markus Oess

Eine schlichte Trainingshose mit drei Streifen wird zum Modeprodukt und ein Sportschuh, auf dem eine Raubkatze prangt, wie selbstverständlich zum Anzug getragen. Sportartikler mischen in der Mode mit und haben den Markt als strategisches Wachstumsfeld ausgemacht.

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„Die Zeiten, in denen Sportartikler adidas & Co. rein funktionsgetriebene Produkttrends vorstellt, sind definitiv vorbei“, sagt Philipp P. Prechtl, Leiter Sport/Mode/Luxus bei Dr. Wieselhuber & Partner. Und er verweist auf Planzahlen von adidas CEO  Kasper Rorsted für das Jahr 2020, die die Aktionäre in freudige Erregung versetzten: Ganze 4  Milliarden Euro statt der bisher veranschlagten 2  Milliarden Euro Umsatz sollen durch einen massiven Ausbau der Online-Umsätze erreicht werden. „Für die Kollektion bedeutet dies einen weiteren Schritt in Richtung Mainstream und Alltagstauglichkeit. Man will den Erzrivalen Nike, der mit Sneakern im Athleisure-Bereich große Erfolge erzielen konnte, begegnen und die Margen steigern“, sagt Prechtl. „Denn während in den USA vor allem die Sportbrands die Profiteure des Trends sind, profitieren in Europa bislang eher die Modebrands. Dank zunehmend schneller, vertikal organisierter Sportartikler, die aktiv die modeaffinen weiblichen Zielgruppen adressieren, dreht sich diese Entwicklung aber zunehmend. Nike geht das Thema offensiv an, indem seit 2014 bereits drei Filialen ausschließlich für Frauen eröffnet wurden.“

Die Sportmarke wird zur Ikone stilisiert und längst haben Brands wie Nike oder adidas Sportstars oder Musiker als Vermarktungsgaranten erkannt , wenn die sich nicht gleich selbst als In-Brand verkaufen. So nutzte Nike in diesem Jahr den Super Bowl, um mit einer Kollaboration zwischen Jordan Brand und Justin Timberlake seine Nike Air Jordan JTH Sneaker  einem Millionenpublikum schmackhaft zu machen. „adidas  konnte mit seinen Capsule-Kollektionen dank starträchtiger Designer ein anspruchsvolles Modepublikum erreichen, indem mit Kontrasten und der Echtheit und Unverfälschtheit der Marke gespielt wurde. Während adidas mit seinen verschiedenen Brands (adidas Originals, adidas NEO , Y-3 etc. ) den modischen Grad seiner Kollektionen anpasst, vermarktet Nike seine gesamten Kollektionen unter dem Schlagwort Athleisure. Darüber hinaus gibt es natürlich wichtige Testimonials wie Kanye West (Yeezy) und Rihanna (Pumps Fenty PUMA )“, berichtet Prechtl.

Sportartikler, deren Kernkompetenz in der Sportausrüstung liegt, und weniger die Athleisure-Mode nutzen die neue Lust an der Bewegung auch, um das eigene, spezialisierte Sortiment stärker herauszustellen. Prechtl dazu: „So positioniert sich zum Beispiel SportScheck mit einem neuen Shop-Konzept, das die einzelnen Sportarten in den Vordergrund rücken soll und eine Trennung von Damen und Herren vorsieht. Auch mit der Durchführung regelmäßiger Events wie dem „SportScheck Gletscher Testival“ wird der Anspruch als Spezialanbieter und kompromissloser Sportler demonstriert. Um möglichst breite Bevölkerungsgruppen anzusprechen und auch die wachsende Gruppe der Sport-Einsteiger zu bedienen, arbeiten viele Hersteller zunehmend mit einer stärkeren Segmentierung in den Sportarten – „Sport-Discounter“ Decathlon will künftig zum Beispiel sieben Fahrradeigenmarken anbieten. Vom Wochenendradler bis zum Profi ist dann für jeden etwas dabei.“

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Analysten von Morgan Stanley prognostizieren, dass Athleisure-Mode weiter zulegen wird. Im Jahr 2015 lag der Umsatz weltweit bei unglaublichen 270 Milliarden US-Dollar (rund 240 Milliarden Euro). Bis 2020 soll er  noch einmal um 30 Prozent auf rund 353 Milliarden US-Dollar zulegen. Dabei wirkt sich der Athleisure-Trend in beide Richtungen aus. „Während die Einflüsse aus dem Sport auf die Mode offensichtlich sind, sind die modischen Einflüsse auf die Sportartikler bislang vor allem designgetrieben. Aber auch materialseitig beeinflusst die Mode den Sportbereich. Baumwolle und andere Naturfasern beispielsweise  werden vor allem vor dem Hintergrund komfortabler Trageeigenschaften im Alltag verstärkt für Fashion-Kollektionen der Sportartikelhersteller verwendet, zum Beispiel Hoodies, Jogginghosen oder Shirts.“ Allerdings definiert sich im Sportsegment Lifestyle oft über die Sportart, meint Berater Prechtl. „Je populärer eine Sportart aufgrund professioneller Vorbilder, desto gefragter die entsprechenden Sportartikel. Durch die höhere Visibilität des Sports und eine hohe Identifikation der Träger  und Nutzer mit diesen Artikeln werden sie zu Lifestyle-Produkten.“

Reguläre Modeprodukte und Designerkollektionen. Hannelore Weiß ©PUMA 

Mittlerweile haben Sportmarken Lifestyle und Mode auch organisatorisch fest in ihrem Unternehmen verankert. Ein klares Indiz, dass sie schon lange vom Sport in neue Märkte aufgebrochen sind. Die Sportartikel-Marke PUMA unterteilt ihre Produktwelt in die Kategorien Performance (Running, Training), Teamsport (Fußball, Handball, Basketball) sowie Sportstyle und Select. „Unter Sportstyle laufen reguläre Modeprodukte und als Select werden besondere Designer-Kollektionen bezeichnet. Zusätzlich gibt es noch Cross-Category-Kollektionen aus Sportstyle- und Performance-Produkten, die über den Modehandel verkauft werden“, erläutert Hannelore Weiß , Head of Merchandising DACH. „Auf Image- und Markenbildung haben Sportstyle- und Select-Kollektionen einen besonderen Einfluss. Gerade besondere Kollektionen wie Fenty PUMA by Rihanna oder die aktuelle PUMA x Karl Lagerfeld- Kollektion haben natürlich einen großen Impact auf die Marke“, sagt die Puma-Managerin und erklärt, dass auch umgekehrt Modetrends Einfluss auf die Produktentwicklung nehmen, etwa der Athleisure-Trend, der sich auch in den aktuellen Kollektionen niederschlägt.

Auch Konkurrent adidas spricht vom starken Einfluss, den der Sport auf die Mode und den Lifestyle genommen hat. „Heute ist der Einfluss des Sports auf die Mode, die Musik und die Art sich zu kleiden nicht mehr wegzudenken. Unsere Produkte sind als modische Kleidungsstücke in der Garderobe akzeptiert und setzen das Highlight des Outfits. Der Stellenwert unserer beiden Streetwear-Marken ist sehr hoch. Wir liefern dem Konsumenten den kompletten Look von Sneakers über Textil bis hin zu Accessoires. Nach wie vor bestimmt jedoch der Sneaker die Mode und den Trend“, erklärt Andreas Heep, Senior Director Sales Style.

Ikonische Produkte und Kollektionen pflegen. Andreas Heep ©adidas

Für Heep hat sich die urbane Streetwear in Verbindung mit dem Sport in den zurückliegenden Jahren als feste Größe im Modemarkt etabliert. „Sowohl mit adidas Originals als auch mit Reebok Classics sind wir durch unsere Herkunft und Innovationskraft hervorragend aufgestellt. Der Markt mit Sneakern und Streetwear war noch nie präsenter und hat sich auch im Handel fest etabliert. Eine Generation von innovativen Partnern transportiert unsere Konzepte und trifft gemeinsam mit uns den Nerv und die Sprache des Konsumenten.“ Heep nennt adidas eine authentische Streetwear-Marke. Bemerkenswert. Es sei wichtig, ikonische Produkte und Kollektionen zu pflegen und gleichzeitig mit innovativen Produkten neue Trends zu etablieren. Vor allem, weil im heute, digitalen Zeitalter der Konsument besser vernetzt und informiert als je zuvor ist. „Die Marke muss von der Distribution bis zur Ansprache des Konsumenten eindeutig, relevant und glaubwürdig sein. adidas  Originals und Reebok Classics gehen beide diesen sehr erfolgreichen Weg mit einer engen Verbindung zur Musik und zur Mode, gepaart mit der Leidenschaft des Sports. Auch in der neuen Saison haben unsere Kollektionen und Kooperationen großes Potenzial. Kooperationen mit relevanten Partnern sind nach wie vor der Wegbereiter. Das beste Beispiel ist wohl der adidas Originals EQT 93/Berlin, dessen Launch die Fashion Week medial überstrahlt hat und eine für adidas Originals noch nie zuvor da gewesene Aufmerksamkeit generiert hat“, führt Heep weiter aus. Es läuft beim Sport.