Ein Blick in deutsche Büroparks genügt und jeder weiß, die Deutschen lieben es inzwischen auch recht lässig auf der Arbeit. Selbst in der viel zitierten Banken- und Versicherungsszene begeht keiner mehr einen Tabubruch, wenn er Schlips und Einreiher im Schrank lässt. Was bedeutet das für einen Hemdenspezialisten wie OLYMP? Mark Bezner, geschäftsführender Gesellschafter des schwäbischen Produktexperten, gibt Antworten.
„Pauschale Handlungsempfehlungen auszusprechen, wird zunehmend schwieriger. Der Markt von morgen wird mehr denn je durch Individualität geprägt sein, was Sortimentsgestaltung, Warenpräsentation, Serviceleistung oder Einkaufsatmosphäre anbelangt. Hier ist also jeder für sich selbst gefordert herauszufinden, wie die Klientel innerhalb des lokalen Marktumfelds am besten zu begeistern ist“, sagt Mark Bezner gegenüber FT und antwortet damit auf die Frage, wie künftig der Handel mit dem Trend zur Casualisierung umgehen sollte, der auch vor der klassischen Business-Mode nicht Halt macht. So beschäftigte sich selbst das Manager Magazin im April 2017 mit der neuen Lässigkeit in den Büros der Republik („Die Macht der roten Sneakers“). Im selben Frühjahr schrieb das Deutsche Mode Institut, Köln, in seinem Trendbericht: „Die Casualisierung der Menswear schreitet weiter voran.“ Der Independent berichtete über eine Umfrage unter 2.000 britischen Angestellten von diesem Februar. Diese ergab, dass nur noch einer von zehn überhaupt noch im Büro einen Anzug trägt, stattdessen beherrschen Jeans, Chinos, smarte Sakkos und Halbschuhe oder Sneakers das modische Bild. Dafür bevorzugen 70 Prozent einen casualigen Kleidungsstil, einfach weil es bequemer ist, und jeder Zweite meint, so seine Persönlichkeit besser zum Ausdruck bringen zu können. Das habe auch mit Veränderungen im Arbeitsleben zu tun, sagt Professorin Karen Pine, Psychologin an der Hertfordshire University. Die Hierarchien fallen und die Rolle des Chefs in einer Firma definiert sich bei Weitem nicht mehr so autoritär wie dereinst. Ein Wandel, der auch modische Veränderungen mit sich bringt.
Dass nun gerade Spezialisten, die mit dem guten alten Klassiker der Anzugmode groß geworden sind, sich besondere Gedanken machen, wie das Büro-Hemd der Zukunft aussehen sollte und darf, überrascht da nicht. „Bedingt dadurch, dass wir uns in den ersten Jahrzehnten unserer Firmengeschichte vehement auf die Herstellung hochwertiger Business-Hemden konzentriert haben, verfügen wir in diesem Sortimentsbereich über einen erheblichen zeitlichen Vorsprung und eine dementsprechend eindeutige Marktpositionierung. Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass wir den weitaus größten Anteil unserer Umsätze mit Artikeln erwirtschaften, die, zumindest nach unserer Definition, der Business-Kategorie entstammen“, sagt Bezner.
Der Firmenchef betont, dass die Schwaben ihr Programm inzwischen spürbar in Casual-Hemden, Strickwaren, T-, Sweat- und Poloshirts diversifiziert haben. OLYMP hat sich aber auch im wichtigen Kernsegment angepasst. „Die dortigen Kollektionsinhalte haben sich gleichfalls gravierend verändert, was wiederum dazu geführt hat, dass viele Hemden, die wir als Anbieter heute noch konsequent dem Business-Segment zuordnen, vom Verbraucher längst auch außerhalb des Büros oder gar ausschließlich in der Freizeit getragen werden. Die Grenzen verschwimmen zusehends und eine inhaltliche Abgrenzung wird erschwert“, führt Bezner dazu aus. Über die letzten Jahre wurde das Business-Sortiment ausgebaut, kamen neue Linien dazu. Mit der Einführung von OLYMP SIGNATURE stieß Bezner auch ins Premiumsegment vor. Gleichzeitig musste OLYMP in Strukturen investieren und zusätzliches Personal aufbauen, um die Casual-Themen anzugehen. Für Bezner ist der lässige Zungenschlag in der Modewelt und damit auch im Business-Segment nicht mehr aufzuhalten: „Selbst wenn es feine Unterschiede bei der Durchsetzungsgeschwindigkeit geben mag, die generelle Zielrichtung ist generationsübergreifend erkennbar. Die verschiedenen Marktteilnehmer müssen sich wohl dauerhaft darauf einstellen, dass die Kleidungsstile insgesamt lässiger werden.“
Wie also damit umgehen? Werden die modischen Spielräume größer, bieten sich ja auch neue Absatzchancen. „Gewiss eröffnen sich durch den modischen Wandel zahlreiche neue Möglichkeiten bei der Sortimentsausrichtung, der Vermarktung oder der Erschließung neuer Zielgruppen. Deshalb wollen wir auch alles daransetzen, diese bestmöglich für uns zu nutzen“, meint Bezner, der den gleichen Veränderungsdruck natürlich auch bei seinen eigenen Shops spürt. „Ständig müssen Anpassungen an die neuen Gegebenheiten vorgenommen werden, was infolge der Heterogenität der Geschäfte hinsichtlich deren Lage, Mietflächengröße und vieler weiterer Parameter keine leichte Aufgabe darstellt.“ Gleichwohl zieht Bezner eine Lehre aus den eigenen Retailaktivitäten mit einer klaren Botschaft: „Die Erfolge, die wir im Absatz der verschiedenen Casual-Segmente erzielen, in jenen Stores, in welchen wir den Produkten eine adäquate Bühne bereiten, fallen überproportional größer aus, als diese mitunter auf Store- und Handelsflächen verzeichnet werden, auf welchen OLYMP-Casuals ein vergleichsweise tristes Schattendasein fristen. Dies stimmt uns insofern zuversichtlich, als dass etwaige mutmaßliche Akzeptanzschwierigkeiten seitens der Verbraucher vielfach nicht auf die zweifellos vorhandene Produktleistung zurückzuführen sind, sondern auf brachliegendes Potenzial bei der Warenpräsentation und -inszenierung.“
Zurück zum Business-Hemd, das zum Herbst 2018 um die Level-Five-Smart-Business-Kollektion erweitert wurde. Eine Antwort auf die marktseitigen Entwicklungen zu einem lässigen Kleidungsstil in der Geschäftswelt, der aber immer noch als absolut bürotauglich gelten kann. Es ist kein klassisches Business-, aber auch kein Freizeithemd, sondern eine modische Mischform, die beide Stilrichtungen zusammenbringen und den vorherrschenden modischen Zeitgeschmack der Zielgruppe ansprechen soll. So erhalten die klassischen Gewebe auf Grundlage feiner Garn-Ausspinnungen durch spezielle Ausrüstungsverfahren und unter Anwendung eines Garment-Wash-Finishings eine spezielle legere Optik. Verarbeitungsdetails der traditionellen Hemdenproduktion, wie Stäbchentaschen für variabel einsetzbare Kragenstäbchen oder kurze Fadenstichlängen bei der Nahtverarbeitung, werden ebenso eingesetzt wie zum Beispiel weiche Kragenkonstruktionen. Auch eine Reihe Jerseyhemden gehört zum Programm. „In Korrelation zur Marktdurchdringung werden wir auch den Kollektionsumfang und -inhalt allmählich fortentwickeln“, kündigt Bezner an. Und: „Wenn es darum geht, sportive Elemente mit klassischen zu verbinden beziehungsweise Funktionalität und Komfort zu vereinen, wird deren Bedeutung weiter zunehmen. Es muss allerdings zweckgerecht sein und sich ein nachvollziehbarer Mehrwert für den Verwender daraus ergeben.“