Man hat es als Verantwortliche/-r im Vertrieb nicht leicht. Die Strukturen haben sich in den letzten Jahren massiv verändert und eine Beruhigung ist nicht in Sicht. Klar bringt die Digitalisierung eine Vielzahl neuer Möglichkeiten; an E-Commerce und M-Commerce kommt niemand mehr vorbei, A-Commerce (Automated Commerce) steht als nächstes „Big Thing“ in den Startlöchern. Doch darf der stationäre Verkauf in diesem Strukturwandel nicht komplett unter den Tisch fallen. Oder doch?
Das Luxuslabel MCM ist unter Führung der Inhaberin Sung-Joo Kim zu neuem Glanz erstrahlt. Kim setzt in der Strategie auf „Digital First“ und prognostiziert: „Wer in drei Jahren nicht digital ist, ist weg vom Fenster.“ Klassische Stores sieht sie als Showroom, es passiert also eine Verschiebung vom Point of Sale zum Point of Experience. Der eigentliche Verkauf soll laut ihrer Vision im Internet erfolgen– deshalb sei es essenziell, dass die Website responsiv gehalten ist (also auf allen Endgeräten darstellbar) und der Kunde mit wenigen Klicks von der Bestellung zum Check-out gelangt.
Müssen wir uns also auf Sicht vom Shoppen in den Städten verabschieden? Ich persönlich glaube das nicht, auch wenn sich das Bild in den Innenstädten verändern wird. Die vielen Shoppingmalls, die standortübergreifend mit gleicher Anmutung und Ware daherkommen, sind für viele Kundinnen und Kunden unattraktiv geworden. Die Individualisten hingegen werden die Gewinner sein – wenn der Service stimmt. Ein gutes Beispiel für die Beherzigung des Point-of-Experience-Ansatzes ist der ARMANI-Flagship-Store in Mailand. Vor Ort wird man von geschulten Mitarbeitern beraten, die Produkte werden auf Wunsch nach Hause oder ins Hotel geliefert und zum Abschluss hat man die Möglichkeit, den Shopping-Erfolg im hauseigenen Restaurant bei Pasta und Vino zu feiern.
Nicht nur Service, auch der Einsatz von In-Store-Technologien (interaktives An- und Ausprobieren, Augmented Reality, interaktive Bildschirme etc.) kann das Shopping-Erlebnis deutlich aufwerten. Und dabei, neben dem Mehrwert für den Kunden, auch wichtige Insights für den Händler liefern. Bei ALBERTO setzt man zum Beispiel im Concept Store in Mönchengladbach auf die „Alexa“-Technologie. Das smarte System sieht aus wie ein Lautsprecher, ist aber in der Lage, auf Fragen zu Produkten oder Herstellung Antwort zu liefern. Dabei ist „Alexa kein Ersatz für die menschlichen Berater, sondern eine Ergänzung“, wie Geschäftsführer Marco Lanowy sagt. Seit Kurzem assistiert das sprachgesteuerte Interaktionssystem auch den Custom Managern bei Schulungen auf Shopflächen.
Wer sich als Händler mit der Thematik befasst und nach Lösungen sucht, dem seien die Fachmessen als Informationsquelle ans Herz gelegt. Die PANORAMA Berlin wird zur nächsten Edition im Januar 2019 sogar über eine eigene Halle für Retail Solutions verfügen. „Der Bereich bietet einfach implementierbare Lösungen für die Modernisierung und Digitalisierung des Modeeinzelhandels“, erläutert Jörg Wichmann.