„Neu ja, aber nicht qualitativ hochwertig …“

Alltag mit Hartz IV

„Am Ende des Monats ohnehin kein Geld mehr übrig." (Bild ©pixabay)

Autorin: Nina Peter

34,60 Euro beträgt das monatliche Kleidergeld für Hartz-IV-Empfänger in Deutschland. Bei Flüchtlingen, die noch ein offenes Asylverfahren haben und vom Sozialamt finanziert werden, ist der Satz noch geringer. Wir haben zu dem Thema Geld für Bekleidung und Schuhe (9,4 Prozent vom derzeitigen Regelsatz) eine Sozialarbeiterin interviewt, die sowohl Flüchtlinge als auch deutsche Hartz-IV-Empfänger betreut und im Alltag unterstützt.

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FT: Bekommt jedes Familienmitglied diese Bekleidungspauschale von 34,60 Euro?
Sandra*:Ja, jedem Familienmitglied steht eine Bekleidungspauschale zu, die jedoch bei Kindern und Erwachsenen unterschiedlich hoch ausfällt. Allerdings gibt es im Falle von Schwangerschaften die Möglichkeit, einmalige Beihilfen zu beantragen – für Umstandsmode steht den Betroffenen ab dem Erreichen der 20. Schwangerschaftswoche ein Zuschuss von 206 Euro zu, für die Babyerstausstattung ein fester Satz von 320 Euro.“

Wo kaufen die meisten Ihrer Klienten ihre Bekleidung?
„Für Kinder wird in der Regel häufig bei H&M gekauft, auch C&A ist eine Anlaufstelle, aber eher im Schlussverkauf. Discounter wie ALDI und Kaufland werden sowohl für Kinder- als auch für Erwachsenenbekleidung aufgesucht. Darüber hinaus wird gerne in No-Name-Läden gekauft, die in speziellen Vierteln der Stadt Bekleidung von Landsleuten anbieten. Markenbewusste kaufen gerne bei ebay oder ebay Kleinanzeigen und investieren dann auch viel Zeit in die Recherche. Es sind ja viele durchaus modebewusst.“

Spielt Secondhandmode eine Rolle?
„Wir geben eine Liste von Secondhandläden in der Stadt und Städteregion an die Empfänger raus, jedoch muss ich offen sagen, dass die dort angebotenen Kleidungsstücke häufig schlichtweg zu teuer sind – sie kosten mehr als neue. Dazu kommt, dass das auch eine Frage des Stolzes ist; es ist nicht so ganz leicht für viele, solche Läden aufzusuchen. Flohmärkte hingegen werden durchaus besucht.“

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Ist die Bekleidungspauschale Ihrer Erfahrung nach ausreichend?
„Schuhe sind in meinen Augen immer ein großes Manko. Da wird es dann schwierig. Viele tragen neue Bekleidung, allerdings ist diese nicht qualitativ hochwertig – wie soll sie es auch sein? Der Verschleiß ist daher sehr hoch. Schuhe sind ein besonderes Problem, wie ich finde, da vernünftiges Schuhwerk ja gerade bei Kinderfüßen sehr wichtig ist. Dafür reicht das Geld definitiv nicht aus.“

Wird das Geld tatsächlich jeden Monat komplett in Kleidung investiert oder sogar noch mehr?
„Es wird mehr in die Bekleidung der Kinder investiert als in die der Eltern. Was auch daran liegt, dass sehr viele von ihnen regelmäßig monatlich Gelder an das Jobcenter zurückzahlen müssen, da sie dort Darlehen für defekte Geräte oder nicht bezahlte Nebenkosten aufgenommen haben. Meiner Erfahrung nach bleibt am Ende des Monats ohnehin kein Geld mehr übrig und eher fließt das Kleidergeld dann noch anteilig mit in solche Pflichtzahlungen.“

*Name von der Redaktion geändert.