Autorin: Tays Jennifer Köper-Kelemen
Mit den sogenannten Un-Stores macht sich ein neuer Trend breit. Stationäre Läden präsentieren sich mit keiner bis wenig Ware, stattdessen stehen Endverbrauchern diverse Serviceleistungen zur Verfügung. Ist das Konzept wegweisend für die Zukunft? Ein Blick auf Idee und Hintergrund.
Wie der Name schon andeutet, sind sie keine Ladengeschäfte im eigentlichen Sinne: die Un-Stores. Vor allem in den USA haben in jüngster Vergangenheit PoS ihre Pforten geöffnet, die entweder wenige oder gar keine Produkte zum Kauf anbieten. Als einer der Platzhirsche darf wohl SAMSUNG gelten. Im New Yorker Meatpacking District eröffnete das Unternehmen auf über 5.000 Quadratmetern mit Samsung 837 eine Art Erlebniswelt, in der Konsumenten zwar keine Waren erwerben, jedoch die Marke hautnah erfahren können. Das Interieur umfasst unter anderem einen riesigen digitalen Screen für Public-Viewing-Events, eine Galerie für technologische Kunst-Installationen, ein interaktives Studio für Musik- und Radio-Happenings sowie eine Küche für Workshops und Show-Cooking-Aktionen. Ein Café sowie ein „Wohnzimmer“ sind zum Relaxen angedacht, zudem können Endverbraucher hier in aller Ruhe SAMSUNG-Produkte austesten. Auch ein Kundenservice für bereits erworbene SAMSUNG-Produkte steht zur Verfügung. In den ersten zehn Monaten Laufzeit sollen laut Medienberichten über eine halbe Million Menschen in den Un-Store gefunden haben.
Kaffee, Maniküre und virtuelle Spiegel
Die US-amerikanische Kaufhaus- und Versandhauskette NORDSTROM zieht nach. Noch im Herbst vergangenen Jahres ließ das Unternehmen am Melrose Place, Los Angeles, den Startschuss für einen Store fallen, der zwar keine Waren zum Kauf führt, dafür Konsumenten jedoch bewusst eine Ruheinsel inmitten des hektischen Verkehrs- und Einkaufsalltags bietet. Diese können sich im 300 Quadratmeter großen Ladengeschäft NORDSTROM LOCAL von persönlichen Stylisten beraten lassen, eine Maniküre, Kaffee, Wein oder Bier genießen oder schlichtweg Rückgaben erledigen. Bekleidung und Accessoires sind online orderbar und lassen sich ins Haus oder in den Laden bestellen. Neben einer Styling Suite finden sich in Letzterem nämlich acht Umkleidekabinen für Anproben. Indes präsentiert sich in Amsterdam auch die niederländische Lingerie-Handelskette Lincherie mit einem Un-Store. Über einen virtuellen Spiegel können Endverbraucher hier ihre perfekt sitzende Größe ermitteln. Die komplette Angebotspalette – mitsamt allen Marken und Größen – ist vor Ort zur Anprobe verfügbar, per Tablet werden auf Wunsch Teile binnen 48 Stunden nach Hause geordert.
Marke verstehen lernen
Der Anstoß, der hinter den Un-Store-Konzepten steckt, ist unschwer auszumachen. Das Konsumverhalten der Endverbraucher hat sich dramatisch verändert. Waren müssen 24/7 verfügbar sein, zudem wird ein umfassender Service erwartet. Der Endverbraucher will bestimmen, wie er kauft – ob online oder stationär oder über eine Mischung aus beiden Varianten. Der Endverbraucher will zahlen, wie er will – ob per Rechnung, Kreditkarte oder PayPal. Händler müssen sich anpassen. Multichannel-Strategien sind das Gebot der Stunde. Der Mehrwert von Un-Stores liegt schlichtweg darin, dass sie sich nicht einfach nur auf den Verkauf von Produkten konzentrieren. Das Produkt rückt vielmehr ein Stück weit in den Hintergrund, die Service-Kompetenzen werden hingegen hervorgehoben. Es geht sehr konkret um Endverbraucher und Marke. Es soll kein Kaufzwang verspürt werden, kein Druck, keine Hektik in einem mit Waren voll bestückten Umfeld. Der Endverbraucher soll die Marke und ihre Welt verstehen lernen. Er soll in aller Ruhe Fragen stellen können, vielleicht auch Produkte ausprobieren können. Die Beziehung zum Endverbraucher hat im Un-Store oberste Priorität. Unbestritten ist dies wohl nicht der schlechteste Ansatz. Bereits der Einfluss von Social Media verdeutlicht, wie bedeutend Beziehungen sowie Netzwerke und ihre Pflege in der heutigen Zeit geworden sind. Die englischsprachigen Medien titelten zur Eröffnung des Stores Samsung 837 „Flagship of the Future“. Seither sind weitere Eröffnungen im ähnlichen Stil erfolgt. Bleibt abzuwarten, in welche Richtung sich der Trend weiterhin entwickeln wird.