Autorin: Nina Peter
Ein klarer Blick nach vorne und die Liebe zur eigenen DNA. Was macht die junge und kreative Modeszene des Kontinents aus?
Beim Weltwirtschaftsforum in Davos sprach man schon 2014 vom „Kontinent der Zukunft“. Als das Vitra Design Museum 2015 in Deutschland die Ausstellung „Making Africa – A Continent of Contemporary Design“ vorstellte, fing ich mal an, mich ein bisschen mit dem Thema zu beschäftigen und zu recherchieren, was denn in diesem riesigen Kontinent in der jungen und kreativen Szene so passiert. Sofern das von hier aus überhaupt erfassbar ist. Am häufigsten wird in diesem Kontext die Bezeichnung „Next Africa“ genutzt und ohne es mit den eigenen Augen zu sehen, bekommt man das Gefühl, als sei dort derzeit ein brodelndes Ballungsgebiet aus kreativen, jungen und sehr aktiven Menschen, die mit aller Kraft das noch sehr ursprüngliche Image Afrikas mit ihrem modernen Anspruch an Design einmal auf links drehen. Was diese gefühlte Aufbruchsstimmung in Afrika ausmacht, sind faktisch vor allem hohe und sehr schnell ansteigende städtische Wachstumsraten, stabilere politische und sozioökonomische Entwicklungen, Internet, flächendeckende Verbesserungen des Gesundheitssystems sowie der Lebensstandards und starke Wachstumszentren wie Südafrika, Kenia und Nigeria. Die Start-up-Szene in Afrika boomt regelrecht – vor allem im Bereich Technologie.
Über diese Entwicklungen können wir nur dankbar sein, denn was uns in diesem Zuge modisch ereilt, ist unglaublich interessant zu beobachten. Trotz des klaren Blicks nach vorne geht es den Kreativen ganz und gar nicht darum, die eigenen kulturellen Wurzeln zu verleugnen und alles einem westlich-kommerziellen Mainstream-Stil anzupassen. Den Designern ist ihre DNA heilig. Im modischen Bereich drückt sich das in Mustern, Farben und traditionellen Schnitten aus, aber das ist nur eine visuelle Komponente. Vielleicht auch die unwichtigere. Deutlich einprägsamer sind Philosophie und Motivation einzelner Marken. Ihnen geht es darum, Afrika als ganzen Kontinent und das eigene Herkunftsland mit eigener Kraft zu stärken und zu stützen – sei es in der Wahrnehmung oder in wirtschaftlicher Hinsicht. Deshalb sind viele Marken unabhängig, bedienen sich der eigenen Ressourcen des Landes, der eigenen Arbeitskraft und des eigenen Know-hows … Das neue Gesicht Afrikas? Lebendig, ausdrucksstark und extrem spannend.
Johannesburg, Philadelphia und Addis Abeba: Drei Marken, drei Konzepte
MAXHOSA BY LADUMA
So stellt man sich die südafrikanische Antwort auf MISSONI vor. Zahlreiche Auszeichnungen (Elle, Vogue und Co) haben die Strickkreationen des Saint-Martin-School-Absolventen Laduma Ngxokolo nicht nur europaweit bekannt gemacht. Die Ideen und Inspirationen für seine vielfarbigen, grafischen Designs findet er in seinen eigenen Wurzeln – dem südafrikanischen Volk der Xhosas. Seine wirklich beeindruckenden Looks leben von einem Mix aus modern übersetzten, traditionellen Verzierungen, Mustern und Farben, denen man den Einfluss internationaler Trends sofort ansieht.
www.maxhosa.co.za
Ikiré Jones
Westafrika in Philadelphia. Was der kreative Kopf Walé Oyéjidé und Gründer der Marke und sein Schnittmacher Samuel Hubler kreieren, geht weit über die Grenzen von Mode hinaus, was sicherlich auch damit zusammenhängt, dass die beiden mit vielen namhaften Künstlern vernetzt sind. Nicht umsonst haben ihre Kreationen es in die Marvel-Produktion „Black Panther“ geschafft. Ihre Website ist ein Mekka für Design- und Kunstliebhaber und bietet eine inspirative Welt, in der man sich verlieren kann. Ihre progressiven Kreationen erzählen eigene Geschichten mit gesellschaftsbezogenen, starken Messages – wie die aktuelle Kollektion „Look at God“. Es ist kein Wunder, dass ihre Mode in zahlreichen Ausstellungen, Dokumentationen und Filmen ihren Platz gefunden hat, denn ihre Leidenschaft für Kreativität und Stil ist einzigartig.
www.ikirejones.com
ENZI Footwear
Transparent, nachhaltig und fair werden hier hochwertige Premium-Sneaker aus heimischem Leder in Handarbeit angefertigt. Designt und made in Africa, genauer genommen in Addis Abeba. Beim Kauf von jedem Schuh bekommt man auch gleich die zu Papier gebrachte Ideologie dazu, denn die Markenbotschaft ist eindeutig – mit dem Erwerb unterstützt man nicht nur das nachhaltige Konzept und die Arbeiter vor Ort, sondern gehört auch zum wachsenden Kreis derer, die dazu bereit sind, Afrika in einem neuen Licht zu sehen.
www.enzifootwear.com