Autorin: Nina Peter
Sie sind jung, selbstbewusst, winken mit gigantischen Followerzahlen und empfinden sich als eigene Marken – die sogenannten Influencer, zu Deutsch: Beeinflusser.
Sie sind jung, selbstbewusst, winken mit gigantischen Followerzahlen und empfinden sich als eigene Marken (laut Jung-von-Matt/Sports-Studie „Influencer Marketing – What Drives Influencers“ in Kooperation mit Brandnew und facelift bbt) – die sogenannten Influencer, zu Deutsch: Beeinflusser. Und das kommt der Bedeutung dieser Social-Media-Stars tatsächlich auch am nächsten. Gerade dieses Potenzial macht sie als Werbeträger für Marken so interessant. Schließlich haben in der Influencer-Marketing-Studie von INFLURY und dem Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) 30 Prozent der 14- bis 29-Jährigen angegeben, bereits durch Influencer beworbene Produkte gekauft zu haben. Ein Drittel der rund 1.600 Befragten hielt sie für glaubwürdig. Die Zahlen sprechen für sich.
Weltweit über 500 Millionen Menschen nutzen allein täglich Instagram. Im Schnitt verbringen unter 25-Jährige dort eine halbe Stunde täglich und bereits zwei Millionen Unternehmen schalten Werbung in der App. Social-Media-Plattformen wie Instagram, YouTube, Snapchat, Facebook, Blogs und Co haben Influencer Marketing zu einer Werbegattung gemacht, in die besonders die Modebranche mit am meisten Geld investiert. Warum? Weil Influencer an die Zielgruppe andocken, die mit klassischer TV-, Radio- und Printwerbung nicht mehr zu erreichen ist. Sie werden somit zu gefragten Werbebotschaftern, ohne dabei – trotz der strengen Kennzeichnungspflicht für Werbeinhalte – selber als profitorientiert in ihrer Community wahrgenommen zu werden, zumindest, wenn sie es gut machen. Für Plumpes, Überladenes, Unglaubwürdiges und Unkreatives werden auch dort sowohl die Marken als auch die Werbeträger gestraft. Sie selber geben interessanterweise in der Jung-von-Matt-Studie an, dass der Anreiz, Geld zu verdienen, für sie erst an vierter Stelle kommt. Die Top Drei sind mit nahezu idealistischen Werten wie beispielsweise dem Wunsch danach, etwas zu bewirken, besetzt.
Ob mit einer besonderen Waschpulvermarke seine Wäsche zu waschen oder der Hinweis, unbedingt ein bestimmtes Shampoo nutzen zu müssen, tatsächlich den tiefen Wunsch, etwas zu bewirken, ausdrückt? Diese Frage stellt sich durchaus.
Wie Influencer Business betreiben
Unbestritten sind sie wie Prominente, deren Namen und Gesicht man erst einmal bewusst auswendig lernen muss und deren Wirksamkeit für viele gar nicht so richtig nachvollziehbar und erklärbar ist. Sicher ist, dass sie in ihren Communitys trotz der offensichtlichen Werbung für Produkte als authentische Meinungsmacher gelten. Gerade diese große Wirksamkeit macht erfinderisch – die US-amerikanische Influencer-Plattform sway veröffentlichte die ernüchternden Zahlen, dass nur 50 Prozent der Kommentare bei gesponserten, also werblichen Posts auf Instagram von Menschen stammen und der Rest von Bots (künstliche Fake-Profile). Selbst die als „glaubwürdige“ Influencer geltenden Instagrammer haben sich wohl scheinbar in Communitys zusammengeschlossen, um in möglichst kurzer Zeit künstlich eine hohe Engagementrate unter ihren Posts zu erzeugen. Grund dafür ist der Algorithmus, der nur Posts als relevant einstuft, die sehr viele Kommentare und Likes innerhalb kurzer Zeitspannen erzeugen. Laut sway sind von 2.000 gesponserten Posts von Influencern tatsächlich nur traurige 36 frei von diesem künstlich erzeugten Engagement.
Erschwerend für das Influencer-Business kommt hinzu, dass Instagram Ende 2015 langsam die Facebook-Marschroute einschlug und Werbung und Anzeigen von Unternehmen aller Größen zuließ ebenso wie kostenlose Business-Profile. 2016 wurden dann die erfolgreichen Insta Stories eingeführt, die zum einen den Feed der User deutlich vergrößern und zum anderen großes Interesse auf sich ziehen, sodass die Interaktionen der User selbst seither rückläufig sind. Beide Veränderungen haben den Influencern das Leben nicht unbedingt erleichtert und es ist seither für sie schwieriger, Unternehmen von der Zusammenarbeit zu überzeugen; denn die Interaktionen haben auch bei ihnen deutlich abgenommen. Das könnte zukünftig sogar noch einmal mehr der Fall sein, da das Handelsblatt in einem Interview die These aufstellte, dass Instagram selber das Interesse verfolge, die Reichweite der Posts so sehr einzuschränken, dass Accounts, die kein Geld an Instagram zahlen, gar nicht mehr in den Feeds ihrer Follower auftauchen. Damit solle dann natürlich in erster Linie Geld an Brands verdient werden, ähnlich wie bei Facebook.
Von Makro- zu Mikro-Influencern
Als Vermittler zwischen Marken und Werbeträgern haben sich Influencer-Agenturen etabliert wie beispielsweise die Unternehmen Lucky Shareman und indaHash, die Kampagnen mit seriösen und glaubwürdigen Influencern abwickeln. Generell spielen auch Werbeprojekte mit sogenannten Mikro-Influencern (angefangen bei 1.000, meistens deutlich unter 10.000 Followern) eine immer wichtigere Rolle. Warum? Makro-Influencer kosten deutlich mehr und haben eine Anhängerschaft, die aus sehr vielfältigen Charakteren mit sehr unterschiedlichen Interessen besteht, die meistens keine persönliche Bindung zum Influencer selber empfinden und daher auch weniger mit ihm interagieren. Kleinere Influencer mit einer deutlichen Profilierung haben oft eine Community, die ihnen persönlich sehr nah, aktiver im Austausch und zumeist homogen ist. Von daher ist es deutlich leichter, sie gezielt mit passenden Produktempfehlungen anzusprechen. Zumeist sind diese Umsetzungen auch weniger statisch, bieten den Influencern eigene Realisierungsmöglichkeiten und schaffen so kreative Ergebnisse. Kampagnen mit mehreren kleineren Influencern können also durchaus – trotz eines geringeren Budgets – sehr wirksam sein. Wie wertvoll eine kreative Zusammenarbeit zwischen Marke und Influencer zu sein scheint, unterstreicht das Konzept der 2018 auf den Markt kommenden Marke Nyden aus dem Hause H&M. Die Kollektion wird von Influencern kodesignt und der Tattoo-Künstler Doctor Woo und die schwedische Schauspielerin Noomi Rapace sind bereits fest mit im Boot. Es bleibt also spannend zu beobachten, welche neuen Konzepte sich in diesem Bereich zukünftig entwickeln werden und ob sie zum nachhaltigen Erfolg führen oder eines Tages doch die Influencer-Blase platzt.