Autorin: Nina Peter
Der sudanesische politische Karikaturist Khalid Albaih hat die Protesthandlung des Footballspielers Colin Kaepernick in Amerika Anfang 2016 illustriert. Dieser blieb bei Spielbeginn während der amerikanischen Nationalhymne bewusst knien, um auf soziale Ungleichheiten in Amerika aufmerksam zu machen. Die Zeichnung Albaihs ging viral, vor allem in Form eines T-Shirts. FT hat den Künstler dazu interviewt.
FT: Finden Sie, dass Mode ein gutes Medium für sozialkritische sowie politische Statements ist?
Khalid Albaih:
„Absolut. Ich denke, dass Bekleidung eines der wichtigsten Merkmale ist, die für Menschen signifikant sind. Sie zeigt, wer du bist. So zeigst du, wer du bist. Mode ist ein Statement.“
Wie war das für Sie zu sehen, dass Ihre Illustration auf einem T-Shirt viral geht?
„Das Krasseste für mich war, dass es Leute trugen, die ich respektiere und bei denen ich immer eine Verbundenheit gefühlt habe. Es waren vor allem Leute in der Öffentlichkeit, bei denen ich dachte, dass uns dieselben Dinge wichtig sind, wie Dave Chappelle oder Mos Def – Personen, die ich hoch achte und bewundere. Es war großartig, das T-Shirt an diesen Menschen zu sehen, die ich so sehr schätze.“
Wie ist das T-Shirt von Colin Kaepernick entstanden?
„Ein Freund aus Atlanta hat sich gemeldet, der beruflich T-Shirts druckt, und meinte, dass er das Motiv unbedingt verkaufen wolle. Für mich war das kein Problem und dann hat es sich stark verbreitet.“
Sind Sie es gewohnt, Ihre Illustrationen auf Bekleidung zu sehen, oder ist das etwas Besonderes für Sie?
„Es ist immer ein Schock für mich. Das erste Mal, dass meine Arbeiten anderweitig benutzt wurden, war während des Arabischen Frühlings – auf Postern, als Graffitis auf Wänden, als Tattoos und natürlich auch auf Shirts. Es ist immer eine große Überraschung für mich. Nur wenn es halt kommerziell wird – denn ich profitiere ja nicht von den Verkäufen – und man nicht einmal meinen Namen nennt usw., dann ist das ein echter Downer für mich. Aber es läuft unter der Creative Common License – es steht also frei zum Sharen und Downloaden. Für Schulen und Universitäten ist es umsonst, natürlich können auch andere Künstler es nutzen und selber remixen. Das ist okay. Wenn jemand meine Sachen herunterlädt und sie auf ein Shirt printet und davon profitiert, das ist für mich dann eher enttäuschend. Wenn es aber für Aktivisten oder Schulen und Unis ist, ist es herzlich willkommen. Ich liebe es, wenn das passiert.“
Sie sind Künstler – haben Sie überhaupt virale Hits bei Ihrer Arbeit im Hinterkopf oder ist das für Sie dann eher überraschend?
„Als Künstler, der seine Basis im Social-Media-Bereich hat, weiß ich nie genau, was passieren wird. Alles geht so schnell. Und alles boomt schnell und flacht schnell wieder ab, was wirklich schade ist. Die Menschen beschäftigt ein bestimmtes Thema nur für kurze Zeit. Damals haben die Leute noch großartig gebloggt, dann kam Facebook, dann folgte das Facebook, wo Leute Familienbilder posten, dann gibt es noch Twitter, wo man soundso viele Zeichen benutzen darf, um zu sagen, wie man sich fühlt. Dann kam Instagram, wo man gar nicht erst sagen sollte, was man fühlt. Man will einfach nur Fotos von deinem Essen sehen. Dann kam auf einmal Snapchat, welches das Wort ,Social‘ aus Social Media ausradierte, weil man einfach nur entweder direkt mit Einzelnen versteckt schreibt oder Bilder hin und her schickt, und wenn man etwas postet, dann sieht man es nur kurz und keiner sagt etwas dazu, was die Sache komplett ichbezogen macht.
Wenn ich über etwas rede, wollen die Leute also nur sehen, was jetzt gerade abgeht, was jetzt gerade in den Nachrichten Schlagzeilen macht. Es geht nicht darum, was wichtig ist, es geht darum, was gerade angesagt ist. Was wirklich eine Schande ist. Um die Frage zu beantworten: Nein, ich weiß nicht, was viral gehen wird. Eben weil ich nicht für eine Zeitung arbeite und meine Arbeiten somit nicht direkt etwas mit dem momentanen Zeitgeschehen zu tun haben MÜSSEN, mache ich einfach das, was ich machen möchte – und das muss nicht unbedingt bedeuten, dass es auch gerade angesagt ist.“
Haben Sie noch weitere Projekte im Bereich Mode?
„Ja, ich habe gerade noch ein anderes spannendes Projekt. Es heißt ,dohafashionfridays‘. Dabei geht um Arbeiter in Katar. Die Arbeiter, die extra nach Katar gekommen sind, um an dem Projekt der WM 2022 zu arbeiten. Sie arbeiten sechs Tage die Woche, sie haben nur freitags frei, die ganzen restlichen Tage müssen sie Blaumänner tragen. Ausschließlich an Freitagen können sie das tragen, was sie wollen. Und es gibt nur einen Bezirk in Katar, den sie dann besuchen dürfen. Das heißt, wenn man dorthin geht, dann sieht man dort zahlreiche Arbeiter in allen Arten von Mode herumlaufen, weil es der einzige Tag ist, an dem sie frei haben. Es ist ein wirklich cooles Projekt, welches auch direkt sehr viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Die Arbeiter so zu vermenschlichen, hat wahrscheinlich diese Resonanz erzeugt, denn schlussendlich geht es doch genau darum, oder? Ob die hart arbeitenden Menschen in Doha (Katar) oder Colin Kaepernick. Es geht darum, diesen Menschen noch mehr Leben durch das Erzählen ihrer Geschichten zu geben und ihre Individualität zu zeigen, was auch immer diese ausmacht.“