Frisches Geld ja, Banken nein

Basel III

Geld ist wieder Formsache (Bild: pixabay)

Autor: Silke Bohrenfeld

Seit 2013 ist Basel nunmehr in Kraft. Zeit, um einen Blick auf die Finanzierungssituation der Textilbranche zu werfen. Welchen Einfluss haben die geänderten Regelungen auf die Unternehmen und ihre Kapitalbeschaffung?

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zalando, amazon, eBay und Co haben die Textilbranche verändert. Die Kunden schauen sich offline um, informieren sich im Geschäft über die neuesten Trends und den Preis. Gekauft wird dann jedoch online. Kein Wunder, dass die Branche laut amtlicher Statistik des Branchenverbandes German Fashion ein Minus bei den Industrieumsätzen von 3,8 Prozent auf knapp 7 Milliarden Euro für das Jahr 2016 vermelden musste. Ähnlich sieht es eine Studie des Kreditversicherers EULER HERMES. „Die Risiken in der Textilbranche sind weiterhin hoch“, heißt es in der Marktanalyse. Den Textilhandel sehen die Experten sogar noch deutlich stärker gefährdet als die Hersteller. Und Pleitefälle wie WÖHRL oder SinnLeffers geben den Autoren dabei auch recht. Die Branche stehe seit Jahren unter Druck. Allein Unternehmensanleihen und billiges Geld durch Minizinsen würden derzeit noch den zwangsläufigen Schrumpfungsprozess verzögern, prognostiziert Christoph Niering, der Vorsitzende des Verbands der Insolvenzverwalter in Deutschland (VID). Eine Entwicklung, die sich durch Basel III noch einmal verstärken dürfte.

Die Kreditfinanzierung wird schwieriger und teurer.

Die Basel-III-Reglementierung ist seit dem 1. Januar 2013 in Kraft. Das Regelwerk soll eigentlich die Schwächen der bisherigen Bankenregulierung ausgleichen, die durch die Finanzkrise 2007 offengelegt wurden. Banken sollen angehalten werden, eine höhere Eigenkapitalquote vorzuhalten, um Risiken auszugleichen. Eine Verschärfung, die die Banken jedoch an ihre Kunden weitergeben, denken Betroffene. Konkret heißt das für Unternehmen der Textilbranche: Die Kreditfinanzierung wird schwieriger und teurer, aber auch aufwendiger und anspruchsvoller. Denn die Unternehmensfinanzierung muss intensiver geplant und durchdacht werden. Die Finanzierungsanträge und Geschäftspläne müssen detaillierter und frühzeitiger bei den Banken und Kreditinstituten vorgelegt werden. Das Berichtswesen und die Dokumentationspflichten wurden verschärft. Aber vor allem die Anforderungen an die Sicherheiten bei langfristigen Kreditvergaben benachteiligen vor allem Textilunternehmen mittlerer und schwächerer Bonität.

Solide aufgestellte Unternehmen mit überzeugenden Konzepten und langfristigen Erfolgsaussichten sind aber auch nach Basel III  attraktive Partner für Banken, wie beispielsweise seidensticker jüngst bewiesen hat. Das Unternehmen hatte 2012 eine Anleihe über 30 Millionen Euro begeben, die im März 2018 vollständig zurückgezahlt wird. Das Bekleidungsunternehmen wählte für die Re-Finanzierung bewusst einen Mix aus Konsortialkredit, sowie Genussrechtskapital und dem bereits bestehenden Factoring. „Wir sind frühzeitig angetreten, um einen für uns gesunden Mix aus regionalen Banken und Großbanken zu finden, der uns die erfolgreiche Refinanzierung sichert. Die Banken sind von unserer Strategie und unserem Unternehmen überzeugt, was letztlich den Ausschlag für langfristige Zusammenarbeit gegeben hat“, sagt CFO Martin Friedrich.

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Bei der Auswertung der Finanzierungssituation in der Textilbranche halten sich die Banken bedeckt.

Die Banken sehen durch Basel III grundsätzlich keine Veränderung in ihrer Kreditvergabepraxis, halten sich aber bei der Auswertung der Finanzierungssituation in der Textilbranche sehr bedeckt. Namentlich genannt werden möchte niemand. „Es war für Unternehmen noch nie so einfach, um an billiges Geld zu kommen. Das ist dem niedrigen Zinsniveau geschuldet. Basel III hat hier keinen Einfluss“, ist die Sparkasse der Meinung. „Auswirkungen auf die Kreditvergabe von KMUs gibt es durch Basel III nicht. Es wird lediglich eine risikogerechte Kreditvergabe gewährleistet“, formuliert es die Hypovereinsbank. Für die Banken hat Basel III daher auch eher erzieherischen Charakter. Die Unternehmen würden durch Basel III angehalten, ihre Eigenkapitalquoten zu verbessern, um niedrige Zinskonditionen für aufgenommene Kredite zu erhalten bzw. um überhaupt Bankkredite zu bekommen. Aus Sicht der Banken ist das sinnvoll. Denn hohe Eigenkapitalquote kann ein Unternehmen in wirtschaftlich schlechten Zeiten gegen Verluste schützen und sichert das Unternehmen gegen Kreditausfälle, wodurch auch die Aufnahme von Krediten günstiger wird.

Um sich ein Stück weit von den Banken unabhängig zu machen, haben bereits viele Textilunternehmen über alle Größen hinweg ihre Eigenkapitalquote gestärkt. Die Quote stieg von 25 Prozent in 1997 auf etwa 36 Prozent. Bemerkenswert ist dies vor allem bei den KMUs. Hier stieg laut Deutscher Bundesbank die Quote von 7,3 Prozent auf über 24 Prozent. Anbieter aus dem Bereich Handel erhöhten ihre Quote um fast 14 Prozent. Mehr Eigenkapital bedeutet eine größere Bonität. Und damit kommt man einfacher an frisches Geld über den Kapitalmarkt. Noch sinnvoller wären Finanzierungsalternativen. Beispielsweise kann der Finanzierungsbedarf anstatt durch einen langfristigen durch mehrere aufeinanderfolgende, kurzfristige Kredite gedeckt werden oder alternative Finanzierunginstrumente wie Factoring, Finetrading oder Lieferantenkredite könnten ins Kalkül gezogen werden.

Basel III

Im September 2010 haben die Chefs der Notenbanken und Aufsichtsbehörden von 27 Staaten im Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht auf die vorangegangene weltweite Finanzkrise reagiert und neue Kapital- und Liquiditätsvorschriften für Bankinstitute beschlossen – weitläufig bekannt unter dem Synonym „Basel III“. Die allgemeinen Eigenkapitalanforderungen in Höhe von 8 Prozent der sogenannten risikogewichteten Aktiva (RWA) werden beibehalten, wobei künftig mindestens 6 Prozent der Risiken mit Kernkapital, davon wenigstens 4,5 Prozent mit hartem Kapital unterlegt werden müssen. Die Basel-III-Regelungen verlangen von Banken ein höheres Eigenkapital. Grund der Reform waren Schwächen der bisherigen Bankenregulierung, die durch die Finanzkrise ab 2007 offengelegt wurden. Basel III soll in erster Linie dazu führen, dass Banken sich im Krisenfall aus eigener Kraft stabilisieren und retten können. Ziel des Beschlusses ist es, das allgemeine Finanzsystem auf ein stärkeres und tragfähigeres Fundament zu stellen, um das Risiko neuer Finanzkrisen einzugrenzen. Wie sehen die Beschlüsse konkret aus? Basel III soll das „verpflichtend vorgeschriebene Niveau und die Qualität des durch die Banken vorzuhaltenden Eigenkapitals“ erheblich steigern. Das bedeutet vereinfacht formuliert, dass Banken und andere Kreditinstitute schlichtweg mehr Eigenkapital für ihre Geschäftszwecke bereithalten müssen. Hinzu kommen weitere verbindliche Liquiditätsregeln, die schlussendlich auch zu Einschränkungen in der Kreditvergabe an Unternehmen führen.