Autor: Markus Oess
Marokko hat es in die Top Ten der Textilexporteure in die EU geschafft. Die heimische Industrie will den Export gezielt steigern und hat dazu eine Roadmap entwickelt, die auf der größten afrikanischen Modemesse, Maroc in Mode – MAROC SOURCING präsentiert wurde. Die Firmen setzen auch auf den deutschen Markt und die Messe als Drehtür in die Branche. Die Messe in Marrakesch gewinnt an Bedeutung.
Nummer drei. Für Marokkos Textilindustrie ist der deutsche Markt mit 8 Prozent Umsatzanteil der drittgrößte Exportmarkt hinter Spanien und Frankreich. Dies allerdings mit deutlichem Abstand. Nach Spanien gehen mehr als 50 Prozent der Exporte und nach Frankreich rund 30 Prozent. Das soll sich ändern, der deutsche Markt ist gerade für Spezialisten aus den Bereichen Denim und Fast Fashion überaus verlockend. Doch ist es nicht so ganz einfach, den Fuß in die Türe zu bekommen. Folglich wundert es nicht, dass die Aussteller der Maroc in Mode – MAROC SOURCING (26. und 27. Oktober) auf die Scharnierfunkion der Messe setzen. Die Veranstaltung soll als Türöffner auch nach Deutschland dienen. Die marokkanische Textilindustrie hat ehrgeizige Pläne, auch wenn es immer noch zahlreiche kleinere Firmen gibt, die im Halbschatten vor allem für den heimischen Markt produzieren, der sogenannte „secteur informel“, wie Mohamed Tazi, Directeur Général der association marocaine des industries du textile et de l’habillement (amith) gegenüber FT erklärt. „Marokko ist ein verlässlicher und flexibler Partner im internationalen Modebusiness“, betont er. Und die Firmen profitierten von der hohen Flexibilität der Firmen und der geografischen Nähe des Landes. Denn inzwischen befänden sich viele Anbieter in der unliebsamen Sandwichposition zwischen Vertikalen und preisaggressiven (Online-)Händlern oder trieben die Entwicklung selbst voran. Deshalb sei es so wichtig, die richtige Ware in der richtigen Menge zur richtigen Zeit herbeizuschaffen.
Tazi hat die Roadmap vorgestellt, mit der die heimische Textilindustrie bis zum Jahr 2020 den Export um 500 Millionen Euro steigern und 100.000 neue Jobs schaffen will. Dem gegenüber stehen Investitionen von 310 Millionen Euro, die bis dahin in den Aufbau der Textilbetriebe und die dazugehörige Infrastruktur fließen sollen. Dazu haben die Manager Eckpfeiler definiert, die den Masterplan stützen sollen: Die öko-faire Produktion soll vorangebracht, die Wertschöpfung verbessert und die Wettbewerbsfähigkeit der Anbieter gestärkt werden. Außerdem soll der heimische Markt unterstützt werden. Um dem Ziel näher zu kommen, sollen die Firmen als Lokomotive fungieren, die heute schon auf der Zeitachse ein Stück weiter sind.
Zusammenarbeit mit messe frankfurt geplant
Auch die messe frankfurt hat Afrika für sich entdeckt und will auf dem Kontinent ihre Präsenz gezielt ausbauen – auch in Marokko. In Marrakesch haben Tazi und Olaf Schmidt, Vice President Textiles & Textile Technologies von der messe frankfurt, offiziell ein „Memorandum of Understanding“ unterzeichnet. Wie die Zusammenarbeit genau aussehen soll, wollen beide Partner nun in den kommenden Monaten definieren. Für Schmidt wächst die Bedeutung Afrikas als Produktionsstandort der Textil- und Bekleidungsindustrie zusehends. Und die Frankfurter wollen mitmischen.
„Die Messe ‚Maroc in Mode‘ war für uns als Unternehmen sehr interessant“, bilanziert Petra Meierjohann, Produktmanagerin bei der Görgens Group. „Wir konnten auf der Messe Lieferanten für unser neues Label im nachhaltigen Bereich finden. Wir haben eine relativ große Auswahl an Lieferanten für Oberteile sowie Jeans-Anbietern entdeckt, die auch nach ökologischen Standards produzieren. Wir waren nicht das erste Mal auf der Messe und konnten so auch unsere bestehenden Kontakte vertiefen. Die Messe bietet uns eine gute Übersicht und erleichtert uns die Suche nach neuen Anbietern.“ Tommaso Colzi, Katie-Anne Allabarton und Michael Hansell sind Einkäufer von zLabels in Deutschland. Die drei waren das erste Mal auf der Messe und in Kontakt zu marokkanischen Produzenten. „Es war zunächst eine Erkundungsreise, um zu prüfen, inwieweit marokkanische Hersteller unseren Anforderungen gerecht werden. Schnelligkeit und Flexibilität sind der Schlüssel zu unserer Beschaffungsstrategie. Wir haben eine Reihe von vielversprechenden neuen Kontakten geknüpft, die für uns zukünftig als Partner infrage kommen“, sagen sie.
Aufseiten der Aussteller ist man mit der Resonanz zufrieden, auch wenn sich alle, mit denen FT gesprochen hat, natürlich eine noch höhere Besucherzahl aus Deutschland wünschen. So sagt Nisrine Amrani, Product Developer bei PLATFORM & DESIGN (Tanger): „Jede Messe bringt uns neue Kunden und gleichzeitig festigen wir hier unsere bestehenden Kundenkontakte. Perfekt ist für uns auch die parallel stattfindende MAROC SOURCING, auf der wir immer neue Vorlieferanten finden. In den letzten Jahren haben sich beide Messen stetig weiterentwickelt. Mit den Marketingmaßnahmen werden wichtige prospektive Kunden für uns gewonnen.“ Ganz ähnlich äußert sich Soumia Tahiri Alaoui, Merchandise Senior bei Modaland (Casablanca): „Wir produzieren Jeans, Jacken sowie alle Arten von Fertigbekleidung. Wir sind versiert in FOB, CMT und eigenen Kollektionen. Wir sind BSCI-auditiert und produzieren ökologisch. Wir sind nun in Kontakten zu deutschen Firmen (Marken, Agenten und Online-Shopping-Portalen).“
Auf der Messe präsentierten sich auf einer mit 5.000 Quadratmetern gewachsenen Fläche 128 Aussteller aus neun Ländern, darunter Spanien, Portugal, Ägypten). Rund 1.800 Besucher aus 22 Ländern kamen, das ist ein Zuwachs von fast 20 Prozent gegenüber der vorherigen Ausgabe 2016. Unter ihnen waren auch Einkäuferfirmen wie C&A, Desigual, INDITEX, s.Oliver, Marc O’Polo, VERSACE JEANS und zalando.
Anmerkung der Redaktion: Die Reise zu Maroc in Mode – MAROC SOURCING erfolgte auf Einladung der Messe.