„…, dass mehr Leute all das erfahren“

HATICO

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Autor: Markus Oess

PURE kommt mit einem frecheren Auftritt

Frischer Wind im Unternehmen. Stephanie Supguth, HATICO-Geschäftsführerin Produkt & Entwicklung 

Es tut sich was in Tirschenreuth. Jetzt ist die junge Generation am Ruder. Nach vierjähriger Tätigkeit als Produktmanagerin wurde Stephanie Supguth unlängst zur Geschäftsführerin Produkt & Entwicklung des Hemdenanbieters Hatico Mode GmbH bestellt. Supguth ist die Tochter des Gesellschafters Harald Reiter und Urenkelin des Firmengründers. Seit Januar dieses Jahres ist ihr Bruder, Joseph Reiter, Geschäftsführer Vertrieb. Zudem sind die beiden Geschwister nun auch Gesellschafter des 1947 gegründeten Hemdenspezialisten und setzen somit die Tradition als Familienunternehmen fort. FT sprach mit Reiter über Familienunternehmen, Fashion sowie Facebook und Co. Vor allem in der Kommunikation soll sich einiges ändern.

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FT: Herr Reiter, nach „Lehrjahren“ inner- und außerhalb des Unternehmens steht jetzt mit Ihrer Schwester Stephanie Supguth und Ihnen die junge Generation in der Geschäftsführung in der Verantwortung. Wie haben Sie Ihre Lehrzeit erlebt?
Joseph Reiter: „Meine Lehrjahre haben im Grunde schon mit meinem Studium begonnen, als ich ein Stipendium bekam und an der Universitiy of Oregon studieren durfte. Nach meinem Master in München arbeitete ich als Finanzmathematiker im Anlagenrisikomanagement. Dort hatte ich hautnah Kontakt bis zur Vorstandsebene und Einblick in die internen Abläufe eines großen internationalen Konzerns. Alles läuft strikt organisiert ab – beeindruckend und lehrreich. Als Mittelständler können wir das so zwar nicht eins zu eins übernehmen, aber ich habe gelernt, wie wichtig Strukturen für ein erfolgreiches Unternehmen sind. Ursprünglich war es nicht geplant, ins elterliche Unternehmen einzusteigen. Aber nun bin ich doch hier – nicht zuletzt, weil mich mein Geschäftsführerkollege, Hubert Andritzky, neugierig machte. Mein Vater hingegen hat sich bewusst herausgehalten, was unsere berufliche Zukunft angeht. Bei HATICO habe ich die Gesetzmäßigkeiten des Marktes von Grund auf gelernt. Die ersten zwölf Monate habe ich unseren eigenen Retail restrukturiert und war sozusagen ,an der Front‘ tätig. Heute betreiben wir drei Outlets und einen Full-Price-Store. Danach ging es in den Vertrieb und ins Key-Account-Management. Die wichtigste Erkenntnis: Mode ist ein People-Geschäft.“

„Lieber über Wellen bügeln.“ Die NON-IRON Hemden von PURE mit neuem Hangtag.

Was war bislang das prägendste Ereignis?
„Ich habe jetzt kein Erweckungserlebnis oder Ähnliches gehabt. Prägend ist für mich die Tatsache, als Unternehmer mit anderen Unternehmern die eigene Zukunft in einer sehr lebhaften Branche gestalten zu können.“

Hat sich mit Ihrem Amtsantritt abseits der Papierlage auch etwas im Unternehmen geändert?
„Eine groß angelegte Strukturreform oder einen internen Strategiewechsel hat es bislang nicht gegeben, falls Sie das meinen. Aber fest steht, dass meine Schwester und ich frischen Wind in das Unternehmen bringen wollen. Das gilt sowohl für den Marktauftritt, sprich wie unser Produkt kommuniziert wird, und natürlich auch für die Kollektionen.“

Wie sind Sie aus der Order herausgekommen?
„In Zeiten, in denen es immer schwieriger wird, in den Vororders draufzusatteln, würde ich sagen, mit einem blauen Auge davongekommen. Denn generell bemerken wir eine Verschiebung von der Vororder hin zu unseren saisonalen NOS-Programmen. Der Einzelhandel kauft vorsichtig vor und ordert lieber ordentlich nach, sobald die Geschäfte anziehen. Der Markt ist durchweg nicht einfach. Zudem hatten wir bei PURE die Linie Black – Passform Fashion Fit – eliminiert in dem Glauben, dies problemlos mit der neuen Linie Silver Label – Extra Slim wettzumachen, was leider nicht gelang. Andererseits sind die PURE-Trachtenhemden richtig gut gelaufen. Das hat die Verluste wieder ausgleichen können. Zudem konnten wir bessere Durchschnittspreise bei PURE und HATICO am Markt durchsetzen. Wir sind zufrieden.“

Wie lief es im Ausland?
„Das Exportgeschäft läuft derzeit stabil, allen voran in den wichtigsten Märkten wie Österreich, Russland und Großbritannien. Schaffen wir es in weiteren Exportmärkten wie Österreich, unser saisonales NOS-Programm flächendeckend zu installieren, sehe ich hier auch ordentliches Entwicklungspotenzial. Die USA sind ein spannender Markt für uns. Allerdings benötigen wir hierfür einen neuen marktgerechten Auftritt.“

Die ersten Plätze im Hemdenmarkt sind bekanntlich vergeben, wo ordnen Sie HATICO ein?
„Das ist richtig, das Führungstrio hat einen erkennbaren Abstand herausgefahren. Aber wir fahren vorne im Hauptfeld mit. Wir sind so etwas wie ein Hidden Champion, denn wir beherrschen alles, was den Kunden auf der Fläche glücklich macht. Von der Produktkompetenz über Lagerservice, Flächenfähigkeit und EDI müssen wir uns vor niemandem verstecken. Wir müssen nur lauter werden. Wir wollen in den kommenden Jahren HATICO zu einem führenden Nischenanbieter ausbauen und den Umsatz Richtung 30 Millionen Euro bringen.“

Sie wollen HATICO und PURE vom Wettbewerb abheben. Was eint beide Marken, was trennt sie?
„Was sie eint, ist natürlich das Elternhaus, wenn Sie so wollen. HATICO mit ‚Modern‘ und ‚Regular Fit‘ mit Schwerpunktpreislage 39 bis 49 Euro für den gestandenen Mann, der sich stilvoll, aber komfortabel kleiden will. PURE mit ‚Slim‘ und ‚Extra Slim Fit‘ mit Schwerpunktpreislagen von 49 bis 79 Euro für die modebewusste junge Zielgruppe, die auf ihren Körper achtet und ihn in Form hält.“

PURE wollen Sie weiter ausbauen, als Marke jünger herüberkommen. Wie wollen Sie das erreichen?
„Wir wollen PURE vor allem frecher machen. Modisch passt es ganz gut. Es geht im Grunde darum, die Marke noch etwas stärker emotional aufzuladen und bei unseren Zielkunden zu verankern. Das wollen wir durch aufmerksamkeitsstarke Kapseln machen wie zum Beispiel Functional Shirts, die locker mit Produkten der großen Sportmarken mithalten können, mit außergewöhnlichen Jerseys oder frechen Drucken, wie wir sie gerade für ein Christmas-Shirt-Programm entwickelt haben. Witz und Emotion en masse. Aber auch in der Kommunikation. Hier werden wir verstärkt auf Social Media setzen. Wir arbeiten gezielt mit angesagten Bloggern. Auch auf der Fläche werden wir aktiver. Wir wollen mehr Aufmerksamkeit und das funktioniert selten auf den Tischen in der Stammabteilung. Wir haben jetzt beispielsweise das Thema ‚bügelfrei‘ mit einem Anhänger aufgegriffen, der das Thema mit flotten Sprüchen wie ‚Lieber über Wellen bügeln‘ aufgreift. Dazu wird es ein Gewinnspiel geben, bei dem wir die Kunden nach weiteren Sprüchen zum Thema bügelfrei fragen. Das Ganze präsentieren wir auf einem Papp-Display, das wir eigens für diese Aktion entwickelt haben. Kurzum: PURE ist ein angesagtes konsumiges Slim-Fit-Hemd und wir wollen dafür sorgen, dass all das deutlich mehr Leute erfahren.“

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Wo geht es modisch hin?
„Die Drucke bleiben und werden noch plakativer. Während Streifen in der zurückliegenden Saison eher enttäuscht haben, wird das Karo kommen, neu interpretiert für den informierten Kunden mit flanelligen Melange-Drucken. Ich bin zudem fest überzeugt, dass Slim und Extra Slim weiterhin sehr wichtig sein werden. Für den City-Bereich bleiben uninahe Drucke angesagt.“

Sie haben erstmals ein Video gedreht. Thema war Oxford. Wie kam es an?
„Jeder, dem ich das Video gezeigt habe, war begeistert. Es ist ein Stück Warenkunde und erklärt dem Verbraucher auf witzige Weise, was Oxford bedeutet, was geht und was eher nicht. Es geht immer auch ums Storytelling und einen echten Mehrwert. Die bloße Inszenierung eines Produkts ist zu wenig. Ein weiteres Video ist bereits in Planung. Seien Sie gespannt.“

Wird es mehr Werbung in Richtung Endverbraucher von HATICO geben?
„Wir konzentrieren uns werblich auf PURE und Social Media.“

Was soll aus dem sagen wir gediegeneren Label HATICO werden?
„Unser Endkunde trägt vielleicht eine Chino-Hose und einen Strickpulli zum HATICO-Hemd. Er will Qualität und sich stilsicher kleiden. Aber er will nicht überfordert werden. Wir werden HATICO modernisieren, ohne unsere modische Grundhaltung aufzugeben. Viel verspreche ich mir auch von HATICO SPORT. Auch klassisch gekleidete Männer greifen inzwischen bevorzugt zur Casual Wear.“

HATICO wird vorsichtig modernisiert.

 Die Casualisierung der Menswear hält auch Einzug in die Businesswear. Welche Antworten haben Sie darauf?
„Wir sehen das sehr positiv. Der Anzug und der Baukasten öffnen sich ja zusehends. Denim ist ein Thema. Wir antworten darauf mit coolen Hemden, etwa mit kleinem Button-down- oder Haifischkragen, die auch ohne Krawatte gut aussehen. Bei PURE CITY nehmen wir diesen Trend mit auf, bedienen aber auch weiter den typischen Businesswear-Kunden.“

Werden Sie das Sortiment ausbauen – Polos, Sweats etc., vielleicht Strick?
„Aktuell nicht. Aber mittelfristig könnte ich mir durchaus vorstellen, unsere Hemden um ausgesuchte Strick- und Sweat-Teile zu ergänzen. Aber wir werden immer bei unserer Kernkompetenz bleiben. Und die ist das Hemd.“

Sie besetzen modisch verschiedene Segmente. Wenn man nun beide Marken nebeneinanderlegt, was macht Ihnen persönlich mehr Spaß?
„Auf den ersten Blick liegt die Vermutung nahe, ich hätte mehr Spaß an PURE. Denn ich passe ja genau in das Schema der Zielgruppe. Klar mache ich PURE mit sehr großer Begeisterung, aber ich habe vorhin vom selben Elternhaus gesprochen und um im Bild zu bleiben, finde ich auch die ältere der beiden Schwestern überaus attraktiv.“

Hilft es auch, in zwei verschiedenen Segmenten unterwegs zu sein? Schließlich steht es sich auf zwei Beinen besser.
„Absolut. PURE spricht die junge Klientel an, HATICO den gestandenen Mann. Rechnen wir zur Order das NOS-Programm dazu, hat PURE inzwischen mehr Gewicht als HATICO. Bei der Vororder aber ist das Kräfteverhältnis 50 zu 50 und das ist gut so. Außerdem haben wir noch mit etwas Private-Label-Geschäft ein drittes festes Standbein. Um die Zukunft des Unternehmens Hatico mache ich mir derzeit wirklich keine Sorgen.“