Zeit für Veränderungen

Editorial

Markus Oess

Es ist ein guter Tag in Florenz. Und er ist bunt. Die Pitti Uomo hat die Blumen als wiederkehrendes Motiv ausgewählt. Es ist ein Sinnbild für Schönheit, für Farbe und für Wachstum. Wirklich? Die Schau am Arno gilt inzwischen als Gradmesser, wohin die Reise für die Menswear geht, und sie ist ein erster ernst zu nehmender Prüfstein, ob das Designteam am Markt vorbeigearbeitet hat oder nicht. Aber das ist nur die halbe Wahrheit, leider gibt es da noch den Markt und der wird von ganz anderen Faktoren getrieben. Messe-Chef Jörg Wichmann liegt mit seinem Key Visual für die zehnte Ausgabe der PANORAMA BERLIN gar nicht weit weg von der Pitti. Ohne die „Biene“ bliebe es draußen ziemlich karg, sagt der PANORAMA-Chef im FT-Interview. Der Modehandel entwickelt sich weiter und wird inzwischen von neuen belebenden Elementen insbesondere aus der Lifestyle-Welt bereichert. Ein Trend, der sich durch alle Berliner Veranstaltungen zieht. Die Ansprüche der Endkunden an die Einkaufsstätte ihrer Wahl sind mit der ausufernden Konsumwelt gewachsen. Immer und überall und genau das, worauf man Lust hat. Das Internet gaukelt eine Verfügbarkeit vor, die zwar nur bedingt real ist, dennoch kommen die Menschen nicht mehr ganz so unbedarft in den Laden wie früher. Und darauf müssen die Händler reagieren. Weniger mit Pomp als vielmehr mit dem richtigen Angebot, um zufriedene Kunden aus dem Laden zu verabschieden. Dann kommen sie auch wieder.

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Ein zweites Gebot der Stunde ist die Technologisierung im stationären Handel, genauer gesagt die Notwendigkeit, die technologischen Möglichkeiten, die im digitalen Handel schon lange genutzt werden, auch im stationären Geschäft einzusetzen. Stichwort Mikromarketing und die Chancen, die sich aus dem Eins-zu-eins-Marketing ergeben. Im Grunde das, was besonders der mittelständische Händler vor Ort schon immer gemacht hat. Allerdings ist die Zeit nicht stehen geblieben, die Beziehungen zum Kunden werden komplexer und sind nicht mehr eben so im Vorbeigehen zu handeln. „Fertig ist besser als perfekt“, sagt Dr. Daniel Terberger und verweist auf der diesjährigen Cheftagung auf genau diese Zusammenhänge.

„Kenne deine Kunden und beherrsche die Prozesse“, postuliert auch Berater Philipp Prechtl von Dr. Wieselhuber & Partner und zielt auf die Krise, die einige filialisierte Großflächen gepackt hat. Es gebe immer eine Antwort, sagt Prechtl. Man müsse nur die richtigen Fragen stellen und es verlange auch Durchhaltevermögen und die Überzeugung, den richtigen Weg zu gehen. Christian Greiner, Neueigentümer von WÖHRL und Vorstand der WORMLAND-Mutter LUWIG BECK, muss eine ganze Menge Antworten finden. Greiner ist sich aber sicher, den richtigen Dreh rauszuhaben und die Baustellen in seinem Firmenreich fertigzustellen. So wie Martin Höfeler mit ARMEDANGELS oder Jürgen Wolf, als er das Kultlabel HOMEBOY gegründet hat. Eines ist jedenfalls sicher: Altbewährte Handlungsanweisungen und Wirkungsmechanismen haben ihren Zauber verloren. Schrecklich, oder nicht? Wir müssen uns verändern. Und das ist nicht die schlechteste Aussicht.

Ihr

Markus Oess