Auf die Schwäche der Konkurrenz sollte sich der Textilhandel nicht verlassen. Auch wenn die Businesswear (siehe Titelstory) dazu verleitet, denn das Segment ist verführerisch stabil. Dennoch sind speziell Anbieter wie ALBERTO (Rubrik Produktion) oder BENVENUTO (Rubrik Produktion) gefordert, auf der Fläche Impulse zu setzen. Sie sollten der Marke ein unverkennbares Profil verleihen, sie aus der Beliebigkeit der Masse befreien und sie sollten dem Händler einträgliche Margen bieten. Vor allem aber müssen sie in der Tat den Endkunden ansprechen, denn der entscheidet schließlich über den Erfolg. Umgekehrt ist der Handel auch auf Inspiration angewiesen, um seine Marken und sich zu inszenieren.
Mode sei wie Literatur, meint Lapo Cianchi, Director of Communication, Special Events and International Relations Pitti Immagine (siehe Interview). Es gebe viele gute, unterhaltsame Bücher, aber nur wenige herausragende Autoren. Genau die sollten Händler suchen, unter anderem auf Messen wie in Florenz oder auch Paris. Es ist schon bemerkenswert, dass Debora und Philippe Maassen (siehe Store-Check) ihren Laden zweimal im Jahr sogar für vier Tage schließen, um zu ordern. Die Frage an den Stammkunden ist verblüffend einfach: Lieber Massenware und immer verfügbar sein oder ein paar Tage im Jahr geduldig warten und sich auf spannende Sortimente freuen? Generell lohnt sich eine Reise an die Seine. Händler treffen auf einer Storetour durch Paris auf eine pulsierende Szene, die Einblicke in neue Konzepte abseits des Mainstreams liefert.
Dem Handel muss auch nicht bange sein, im Meer der Social Media abzusaufen, sagt PREMIUM-Chefin Anita Tillmann (siehe Interview). Im Gegenteil, sind sie doch ein Tor zu einer großen Community, die auch zig Chancen eröffnet. Tillmann sagt auch, Street- und Sportswear sei inzwischen zu einer globalen Sprache geworden, die jeder auf der ganzen Welt verstehe. Über die Sprache der Mode forscht auch Prof. Dr. Antonella Giannone. Sie zeigt auf die Kehrseite der Digitalisierung und den Mythos des Zeitalters der „very normal people“, wo jeder alles sein kann.
In diesem Sinne seien Sie nicht alles, seien Sie anders.
Ihr
Markus Oess