Autor: Markus Oess
Keine Chance, das Seepferdchen hilft nicht. Lars Braun, Inhaber und Chef der Luxusläden Braun Hamburg, sagt, der Markt erlaube keine Fehler mehr. Wer trotzdem welche mache, werde gefressen. Beweglich bleiben lautet die Devise. Was das für Luxusmarken bedeutet und ob ein „B“ im Markennamen für die Industrie ein schlechtes Omen ist, erklärt Braun im FT-Interview.
FT: Herr Braun, kann ein echter Hanseat seine Freude offen zeigen?
Lars Braun: „Ja, natürlich können wir uns auch offen freuen. Nur, dabei muss es ja nicht unbedingt laut zugehen.“
Und, haben Sie Ihrer Mitwelt Glücksgefühle vermittelt, nachdem Sie den Jahresabschluss 2016 vor sich liegen hatten – wie ist es gelaufen?
„In meiner Umwelt wurde durchaus zur Kenntnis genommen, dass ich sehr zufrieden bin, auch wenn ich mich lieber leise freue. Meine Mitarbeiter im Unternehmen bekommen mit, wenn wir auf der Fläche wachsen, und unsere Lieferanten sehen anhand ihrer Zahlen, ob es uns gut geht. Kurzum, wir konnten im vergangenen Jahr bei Umsatz und Ertrag zweistellig zulegen.“
Welche Marken sind gut gelaufen?
„Das waren die üblichen Verdächtigen: Moncler, Jacob Cohen, Lardini, Tom Ford oder Brunello Cucinelli, mit einer Abverkaufsquote von mehr als 50 Prozent, um nur einige zu nennen.“
Haben sich bei den Sortimenten Verkaufsschlager ergeben?
„Das hat sich wie ein roter Faden durchgezogen.“
Anzüge haben sich offensichtlich 2016 weniger gut verkauft, wie war es bei Ihnen?
„Die Konfektion tut sich etwas schwer. Allerdings ist es bei uns eher eine Seitwärtsbewegung.“
Woran liegt das?
„Möglicherweise unterliegen unsere Kunden aufgrund ihrer persönlichen Einkommenssituation weniger modischen oder gesellschaftlichen Konventionen. Kaufen sie nun keinen Anzug, wird etwas anderes gekauft.“
Sie tauschen regelmäßig Marken durch, nehmen immer wieder neue Labels auf, welcher Newcomer hat Ihnen diesmal Spaß gemacht?
„Spaß machen uns The Gigi, DoppiAA. Auch Valentino funktioniert sehr gut, das kann ich nicht anders sagen.“
Probleme für austauschbare Labels
Gab es Enttäuschungen?
„Generell haben es Labels, die austauschbar sind und einfach mitschwimmen, schwer.“
Was macht Ihr Online-Shop, ist der Umsatzanteil weiter gestiegen?
„Ohne gleich euphorisch zu werden, er wächst sehr ordentlich.“
Was wird bei Ihnen gern digital gekauft?
„Das folgt einer einfachen Grundregel: Alles, was mit SML gelabelt ist. Bekleidung, bei der es auf die richtige Passform ankommt, wird auch künftig stationär gekauft.“
Wie hoch ist der Auslandsanteil?
„Inzwischen hat sich dieser bei 15 bis 20 Prozent eingependelt.“
Welche Länder sind besonders stark?
„Das sind zum einen Österreich und trotz Zollproblematik die Schweiz. Danach folgen England, Skandinavien und die Niederlande. Polen und Spanien sind jetzt schon und auch künftig wichtige Märkte für uns.“
Beim letzten Mal sagten Sie, die Begehrlichkeit Ihrer Marken sorge für Nachfrage, ist das immer noch so?
„Absolut – unsere Kunden suchen Marke. Die Dachmarke BRAUN Hamburg spielt dabei natürlich auch eine Rolle und sicherlich unser ganz besonderer Service. Aber schlussendlich braucht BRAUN Hamburg Marke und Marke braucht BRAUN Hamburg.“
Keine Kurskorrekturen
Wie viel Werbung stecken Sie gemessen am Gesamtbudget rein?
„Der Shop ist jetzt sieben Jahre online. Wir stecken proportional betrachtet zwar etwas mehr Werbegeld in den Online-Shop als ins stationäre Geschäft, aber auch keine Unsummen.“
Was kommt als Nächstes, werden Sie Ihre Aktivitäten, zum Beispiel Bündnisse mit anderen Händlern, forcieren?
„Im Augenblick läuft es sehr gut. Ich muss keine großen Kursänderungen vornehmen und die Aufbauarbeit ist geleistet.“
BOSS, Burberry, Brioni – haben Premium- und Luxuslabels, die mit einem „B“ beginnen, gerade besonders Probleme?
„Könnte sein. Meiner Meinung nach sind die Probleme der genannten Firmen auch hausgemacht. Brioni wechselt inzwischen regelmäßig seine Führung aus. Das Label steht damit in einer ohnehin schon schwierigen Zeit ohne Kontinuität und Verlässlichkeit da. Die Kunden wissen langsam nicht mehr, was sie bei Brioni erwartet. Burberry verfolge ich nur am Rande, aber die Expansionsbemühungen in Asien sind und waren sehr ambitioniert. Jetzt drücken natürlich teure Flächenmieten. Nachdem der modische Hype verflogen ist, sollte das Management nicht dem Reiz erliegen, an der Qualität zu sparen, um noch Marge zu generieren. Und bei BOSS schließlich sind die Probleme gerade hinreichend in der Öffentlichkeit gewürdigt worden.“
Die Probleme sind nur hausgemacht?
„Ich denke, zum größten Teil ja. Nehmen Sie Zegna oder Brunello Cucinelli, um nur zwei Gegenbeispiele zu nennen.“
Steckt das Segment in einer Krise?
„Wir schwimmen alle in einem Haifischbecken, egal ob Premium- oder Mittelpreislage oder Preiseinstieg. Ich sehe eher Gewinner und Verlierer. Firmen, die ihre Hausaufgaben gemacht haben und beweglich bleiben, und andere, die kämpfen oder sogar untergehen. Der Markt erlaubt keine Fehler mehr. Nehmen Sie zum Beispiel den Schuhhandel. Lange Zeit hat man tatenlos zugeschaut, wie der Textilhandel nach und nach das Thema besetzt – da hätte man früher reagieren müssen.“
Bekanntlich sind die oberen Einkommensschichten weniger konjunkturanfällig als der Rest der Gesellschaft. Sparsamkeit ist aber kein Geiz, heißt es bekanntlich, und manche empfinden an erhöhter Sparsamkeit ein Lustgefühl, das eben nicht an das Einkommen gebunden ist. Haben Sie es in Ihrem Segment leichter, sich der Rabattschlacht halbwegs zu entziehen? Schlussverkäufe veranstalten Sie wie andere auch …
„Hin und wieder fragen Kunden nach, ob sie einen Preisnachlass bekommen, aber das wird seltener. Ich bin mir auch sicher, dass wir nicht mehr verkaufen, wenn wir dauerhaft Rabatte geben. Inzwischen verkaufe ich konsequent lange zu regulären Preisen. Den Wintersale haben wir erst am 4. Januar gestartet, nach allen anderen. Im Sommer werde ich ebenfalls bis zum Juli mit dem Runterzeichnen warten. Wir fahren da unsere eigene Politik. Meiner Meinung nach wecken ein gutes Produkt und ein guter Service Begehrlichkeit, dauerhafte Rabattschlachten schaden dieser nur.“
Was kann denn die Mitte in dem Zusammenhang von Premium-Händlern lernen?
„Ich würde es so formulieren: Der Erfolg kann nur kommen, wenn ein klares Profil am Markt existiert. Firmen, die herumlavieren und mal in die eine Richtung, dann aber wieder in die andere Richtung pendeln, werden nie in der Lage sein, nachhaltig Wertschöpfung zu generieren. Dinge wie Mid-Season Sale zerstören den Wert einer Marke und damit ihre Begehrlichkeit.“
Der BTE meldet ein schwaches Jahr und spricht von Hoffnungszeichen für das vor uns liegende. Sehen Sie auch Silberstreifen am Horizont?
„Ich bin ja schon so etwas wie ein Berufsoptimist. Dennoch gehe ich von einem nicht ganz einfachen 2017 aus. Ein Wahljahr, das auch außenpolitisch sicher die ein oder andere Veränderung bereithält. Ich denke, wenn die Branche mit einem Pari aus dem Jahr geht, wäre das schon ein zufriedenstellendes Ergebnis.“