Autor: Markus Oess
Als Thorsten Stiebing Holy-intern als Managing Brand Director in gleicher Position von windsor. zu JOOP! wechselte, waren die Erwartungen von Holy-CEO Dr. Marcel Braun nicht eben gering. Stiebing sollte JOOP! wieder aus dem Markenkern heraus profilieren und der Marke zu deutlich mehr Wachstum verhelfen. Heute sei man ein ganzes Stück weiter, bilanziert der Marken-Chef im Interview mit FT. Stiebing über Marke, Markenperfomance und was das mit Fußball zu tun hat.
Herr Stiebing, als Fußball-Torwart ging es für Sie persönlich hinauf bis zur dritten Liga. Um im Bild zu bleiben – ist JOOP! schon bereit für die Champions League, gewissermaßen der RB Leipzig der Holy Fashion Group?
Thorsten Stiebing: „Hm, national spielen wir ganz sicher um die Champions-League-Plätze. International sieht es etwas anders aus. Distribuiert sind wir in über 45 Ländern, davon stark im D-A-CH-Raum und den angrenzenden europäischen Ländern.“
Sie wurden geholt, um JOOP! wieder als Marke auch auf der Fläche neu zu justieren. Die Marke soll aus sich heraus entwickelt und profiliert werden. Wie sieht denn der Markenkern aus, welchen Part kann die Marke im Umfeld von Boss, Baldessarini und Drykorn spielen?
„Ich will nicht über die Positionierung anderer Marken sprechen. Jede Marke positioniert sich so, wie sie es für richtig hält. JOOP! ist emotional, leidenschaftlich und elegant. Die Produkte stehen für hochwertiges Design und Topqualität. Das Preis-Leistungs-Verhältnis – ein JOOP!-Anzug kostet zwischen 399 und 499 Euro – ist sicherlich eine attraktive Option für den Endverbraucher.“
Chefdesigner Gregor Langerspacher ist erst Anfang 30, Sie wollten bewusst einen jungen Geist im Design. Welche Marschroute hatte er bei seinem Start im Oktober 2015 im Gepäck?
„Gregor ist frisch, unverbraucht und er hat sehr großes Talent. Er ist in der Lage, den Kern einer Marke zu visualisieren – und so jung ist er wiederum auch nicht. Wir arbeiten sehr intensiv zusammen und es ist immer wieder interessant, wenn wir, aus verschiedenen Richtungen kommend, auf den Punkt der Marke JOOP! zusammentreffen, wenn man das so sagen darf. Genau deswegen haben wir ihn ausgesucht. Seine Aufgabe ist es, JOOP! im Design als eigenständige Marke sichtbar zu machen und in seiner DNA weiterzuentwickeln.“
Das Argument von Holy-Fashion-Group-Chef Dr. Marcel Braun pro JOOP! sind über 90 Prozent Markenbekanntheit, die Marke müsse nicht neu erfunden werden, sagte er bei Ihrem Amtsantritt. Aber wofür steht JOOP! im Handel? Was unterscheidet die Marke vom Wettbewerb?
„Die Marke JOOP! hat beim Endverbraucher einen klangvollen Namen. Wir schlagen den Bogen von Emotionalität zu Qualität, modernisieren das Label und interpretieren einen progressiven, urbanen Lifestyle. Gleichzeitig verbinden wir damit Authentizität sowie einen Zeitgeist mit einem eigenständigen Design und das in Premium-Qualität. Im Grunde ist es das, wofür JOOP! schon immer gestanden hat – und wir haben Sexappeal.“
Sie haben die Kollektionen enger aufeinander abgestimmt. Die Trennung zwischen Collection und Casual wurde abgeschafft und JOOP! Jeans wiederbelebt. Wo steht JOOP! heute?
„JOOP! – das ist unsere Marke und darauf konzentrieren wir uns. Innerhalb der JOOP! Menswear ist JOOP! Jeans als Derivat zu betrachten, das heißt, die Linie ist stilistisch und farblich klar an die Hauptkollektion angelehnt. Wir haben eine fundierte Basis herausgearbeitet, die durch einen klaren Kollektionsaufbau und einen hohen Detailierungsgrad besticht. Auf spannenden Farbharmonien, vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten und raffinierten Details liegt das Hauptaugenmerk.“
Wie beschreiben Sie in diesem Zusammenhang die Flächenfähigkeit von JOOP!?
„Wir haben zunächst einmal die Marke inhaltlich definiert, ihren Code herausgearbeitet und daraus eine Kollektion entwickelt. Nun geht es im nächsten Schritt darum, die Marke flächenfähig zu gestalten. Wir werden das Markenbild, das sich in der Kollektion manifestiert, auf der Fläche visualisieren und haben dazu eigens eine neue Planstelle geschaffen, die sich genau um diese Aufgabe kümmern wird. Es geht dabei nicht allein ums Produkt und seine Präsentation. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir im Handel nicht nur gute Ware präsentieren, sondern um die Kollektion herum eine Geschichte erzählen müssen, die die Konsumenten fesselt, über die sie im besten Falle sprechen. Beispielsweise haben wir mit der Kapsel JOOP! Travel iD den Endkunden die Möglichkeit geboten, ihren JOOP!-Anzug zu personalisieren und dabei ihre Initialen einzusetzen. Die Resonanz war top. Nun drehen wir das Thema in der kommenden Kollektion weiter. Auch das Thema Sport ist uns sehr wichtig. Die Stars der Szene sind auf internationalem Parkett unterwegs und werden zu Ikonen stilisiert. Nicht ohne Grund haben wir die kroatische Fußball-Nationalmannschaft bei der letzten EM ausgestattet und werden das auch nächstes Jahr zur WM wieder tun. Auch Olympiasieger Fabian Hambüchen ist ,Friend of the brand‘ von JOOP!. Zurzeit ist er in unserem aktuellen JOOP! Paper abgelichtet – beim Turnen in unserem Stretchanzug Herby.“
Wie weit gehen Ihrer Meinung nach die Händler diesen Weg mit?
„Der Handel erkennt, dass ihm eine Marke fehlt, die die Lücke besetzt, die aktuell besteht – und JOOP! immer sichtbarer wird. Er erkennt an, dass wir in den zurückliegenden Monaten wirklich eine Menge an der Kollektion und im Marketing gearbeitet haben – dafür haben wir viele Komplimente erhalten. Laut eigenen Aussagen performen wir derzeit im Wettbewerbsumfeld zum Beispiel bei Breuninger – um nur einen Kunden zu nennen – auf sehr hohem Niveau. Auch die aktuellen Zahlen von hachmeister+partner erfreuen uns sehr. Die Relaunch-Kollektion der Saison Herbst/Winter 2016/17 erzielte ein zweistelliges Umsatzplus von 27 Prozent, während der Markt sich eher schlechter entwickelt hat. Wir haben auf der Fläche eine gute Entwicklung und viele Händler ziehen absolut mit, was nicht selbstverständlich ist.“
Sie bekommen im Handel wieder mehr Flächen, haben Sie während der CPD in Düsseldorf gesagt. Wie kommen Sie aus der Order heraus? Der Jahresstart hat im Handel ja nun keine Euphoriegesänge ausgelöst …
„Wir liegen gegenüber der Vergleichssaison 17 Prozent im Plus, rechnen wir NOS dazu, kommen wir auf rund 23 Prozent und das, obwohl wir bereits in der Saison davor sehr stark zulegen konnten.“
Händler berichten, die Marke lasse sich im Laden auch gut verkaufen. Aber die Endkunden kämen nicht wegen JOOP! in den Laden, sondern wegen Boss. Was wollen Sie dagegen tun?
„International betrachtet spielt Boss eine bedeutende Rolle, im D-A-CH-Raum kann JOOP! den Metzingern auf Augenhöhe begegnen. Die Endverbraucher kennen und schätzen JOOP!. Dennoch möchten wir noch mehr Visibilität auf der Fläche generieren. Daher haben wir ein neues Shop-in-Shop-Konzept entwickelt, das wir 2017 umsetzen werden.“
In Deutschland zählt JOOP! um die 180 Flächen. Welche Zielmarke haben Sie sich denn für die kommenden zwei Jahre gesetzt?
„Wir planen realistisch: Jährlich bis 15 Prozent Wachstum werden möglich sein. 2017 sind wir auf dem Weg. Ich habe für dieses Jahr sehr positives Feedback zu all unseren Aktivitäten erhalten, das Wachstumsziel werden wir sicher schaffen und für 2018 sind wir sehr optimistisch. Entsprechend planen wir im Neukundengeschäft beziehungsweise mit der Rückgewinnung alter Kunden.“
Bevorzugt wollen Sie mit Filialhäusern und Großflächen wachsen. Im Augenblick stehen Filialunternehmen in der Diskussion. Haben Sie einen Plan B in der Tasche?
„Nein. Warum auch? Ich denke, es steht mir als Industriepartner sowieso nicht zu, über die Leistungsfähigkeit unserer Handelspartner zu urteilen. Ich finde, der deutsche Textilhandel sollte sein Licht nicht einfach so unter den Scheffel stellen. Ich weiß aus bilateralen Gesprächen, dass zwar sehr viel in Bewegung ist, aber strategisch wie auch konzeptionell einiges kommen wird. Um den deutschen Textilhandel ist mir so bange nicht, wie es hier und da geweissagt wird. Im Übrigen liegt unser Fokus auch auf kleineren Handelspartnern sowie dem Thema Digitalisierung, ohne die es nicht mehr geht – bei unseren Partnern und anderen E-Commerce-Plattformen.“
Welche Rolle spielen eigener Retail und Outletstores in der Wachstumsstrategie?
„Eigener Retail und Outlets sind Vertriebskanäle in der Organisation, beide mit unterschiedlicher Funktion. Ich persönlich bin ein Fan vom stationären Einzelhandel. Im eigenen Retail gilt die einfache Maxime: Ist der Standort rentabel oder nicht? Langfristig kommen wir daran nicht vorbei, betriebswirtschaftlich zu denken, auch in unseren eigenen Stores – Own Retail wird wieder mehr in den Fokus rücken.“
JOOP! ist ja weit mehr als nur Fashion. Ist das Lizenzgeschäft immer nur ein Segen, weil auf die Marke eingezahlt wird?
„In den 1990ern sah das Geschäft so aus, dass möglichst viele Lizenzen vergeben wurden. Das brachte Geld und zahlte auf die Marke ein. Ganz so einfach ist das heute nicht mehr. Heute haben wir zwei Inhaber der Marke: Die Firma Coty, Paris, ist Inhaber der Duftmarke und die Holy Fashion Group besitzt alle anderen Produktgruppen. Gehen Sie davon aus, dass wir die Marktaktivitäten abstimmen. Das klappt sehr gut. Das, was wir nicht können, wie Brillen, Schuhe/Lederwaren und Schmuck, haben wir sinnvoll in Lizenz an starke Partner vergeben. Mit JOOP! Living haben wir einen extrem guten Player, der im D-A-CH-Markt hervorragende Geschäfte macht. Das macht uns stolz und spiegelt die Strahlkraft der Marke beim Endverbraucher wider.“
Wo steht JOOP! in der Gruppe?
„Bezogen auf Fashion liegen wir im Moment umsatzmäßig knapp hinter strellson. Rechnen wir das Lizenzgeschäft mit ein, liegen wir deutlich vorn.“
Ist Dr. Marcel Braun mittlerweile wohlgesonnener mit der Entwicklung?
„Wir haben beim EBIT einen sehr deutlichen Satz nach vorn gemacht. Das Vertrauen in die Marke und in unsere Aktivitäten ist spürbar und gibt uns ein gutes Gefühl.“
Wie sind die Marken in der Gruppe voneinander abgegrenzt?
„Alle drei Marken haben individuelle Markenattribute und aufgrund dessen eine unterschiedliche Zielgruppenfokussierung und -ansprache. Wir streben bei JOOP! eine klare Premiumpositionierung an – damit sichern wir uns einen großen Marktbereich, den wir mit unserem Bekanntheitsgrad von 94 Prozent in Deutschland ausschöpfen werden.“
Noch mal kurz zum Fußball. Wenn nicht Champions League, ist die Europa League drin?
„Europa League ist uns als strategisches Ziel einfach zu wenig. Wir werden mit unserer Marke mehr bewegen, wir möchten in vollen Stadien spielen. Das ist unsere Motivation und dafür trainieren wir täglich, um weitere Tore zu erzielen.“