Autor: Markus Oess
Christian Greiner übernimmt das angeschlagene Textilhaus WÖHRL. Damit bleibt das Unternehmen in der Familie. Greiner ist der uneheliche Sohn von Hans Rudolf Wöhrl. Aber wie viel ist bei dem Deal vom eigenen wirtschaftlichen Nutzen getrieben? An Ludwig Beck, wo Greiner als Vorstands-Chef die Geschäfte leitet, ist die INTRO-Verwaltungs GmbH beteiligt. Greiner ist auch bei INTRO, die von Hans Rudolf mit weiteren Partnern gegründet wurde, neben seinem Vater und Sandra Pabst Geschäftsführer. Ein hohes Maß an Familienpolitik ist in der Causa WÖHRL schon dabei, sagt Alexander Langhorst, Analyst bei GSC Research, Düsseldorf.
FT: Herr Langhorst, würden Sie sich als Gläubiger der WÖHRL-Anleihe freuen – wenig ist schließlich besser als gar nichts, oder?
Alexander Langhorst: „Sicherlich ist wenig – eine Quote von 10 bis 20 Prozent steht im Raum – besser als gar nichts, dennoch ist es ein herber Verlust, den die Anleihegläubiger zu tragen haben. In anderen Fällen von faillierten Mittelstandsanleihen waren aber auch schon höhere Ausfallquoten von 95 Prozent und mehr zu verkraften.“
Wie würden Sie es als Lieferant sehen?
„Für Lieferanten ist die gefundene Lösung sicherlich weitaus komfortabler. Zum einen soll der Großteil der Verbindlichkeiten von rund 42,7 Millionen Euro auf die Anleihe (30 Millionen Euro) sowie Bank- und Mezzaninekapital entfallen, sodass Lieferanten hier nur in einem eher überschaubaren Maße direkt betroffen sein dürften. Zum anderen sollte WÖHRL nach erfolgtem Eigentumsübergang bilanziell deutlich besser dastehen als vor der Insolvenz und dank der vorgesehenen Weiterführung ja auch künftig als Abnehmer von Ware zur Verfügung stehen.“
WÖHRL und Ludwig Beck bleiben getrennt. Eine sinnvolle Ansage aus Ihrer Sicht?
„Die Trennung ist schon sinnvoll und folgerichtig. Die Konzepte und die angesprochenen Ziel- und Kundengruppen unterscheiden sich schon, da Ludwig Beck und auch die inzwischen übernommene WORMLAND im Luxussegment (Kaufhaus der Sinne) unterwegs sind und WÖHRL eine andere, nicht so extrem hochpreisige Ausrichtung verfolgt.“
Wo gäbe es denn Synergien?
„Synergien könnten sich im Bereich der Unternehmensführung, in betriebswirtschaftlichen Fragen und, sofern es Überschneidungen im Sortiment oder bei einzelnen Lieferanten gibt, auch beim Einkaufsvolumen ergeben.“
Wie sehen Sie in dem Zusammenhang die Rolle von SinnLeffers oder, andersherum gefragt, was würden Sie als Christian Greiner damit tun?
„Die Wöhrl AG hatte zwar zum Zeitpunkt der Anleihebegebung im Jahre 2013 die Option zum Erwerb von SinnLeffers, diese wurde aber, wie man inzwischen erfahren konnte, nicht ausgeübt. Ausgehend davon ist mit der Übernahme der WÖHRL-Aktivitäten durch Christian Greiner keine automatische Übernahme von SinnLeffers gegeben. Angesichts der anstehenden Aufgabe, WÖHRL wieder flott zu bekommen, würde ich mich zunächst voll darauf konzentrieren und nicht zu viele ‚Großbaustellen‘ gleichzeitig eröffnen.“
Christian Greiner weiß genau, was im Textilhandel geht. Vater Hans Rudolf könnte Geld zuschießen. Gleichzeitig hat die Ludwig Beck AG vor gar nicht allzu langer Zeit schon einen ordentlichen Schluck genommen und WORMLAND gekauft. Wie viel ist Familienpolitik, Christian Greiner ist ein Sohn von Hans Rudolf, wie viel ist Marktpolitik?
„Das Thema WÖHRL ist sicherlich zu einem höheren Maße der Abteilung ,Familienpolitik‘ zuzurechnen als die WORMLAND-Übernahme durch Ludwig Beck. Dort hat man eine sich bietende Gelegenheit am Markt genutzt, um sich breiter aufzustellen, jedoch ebenfalls in einem sehr hochpreisigen Segment.“
Ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag sei nötig, WÖHRL wieder flott zu bekommen, sagt Greiner. Zur Not hilft auch Hans Rudolf Wöhrl aus. Bekanntlich ist er ja bei WÖHRL vor einigen Jahren ausgestiegen. Was meinen Sie, warum so eine Lösung nicht schon vorher möglich war?
„Zum einen ist denkbar, dass es etwas länger gedauert hat, bis die nötigen Mittel für die ‚familieninterne‘ Lösung mobilisiert wurden, zum anderen ist natürlich die nunmehr vorgesehene Entschuldung im Wege eines Insolvenzverfahrens sicherlich ein weiterer wichtiger Faktor. Vielleicht spielt auch eine gewisse Rolle, dass man am Ende doch in gewisser Weise die ‚Familienehre‘ mit dieser Lösung wiederherstellen will.“
Wie hoch schätzen Sie die Erfolgs-Chancen für WÖHRL ein und wovon hängt ein Gelingen ab?
„Durch die nun erfolgte Entschuldung von WÖHRL steht WÖHRL natürlich bilanziell künftig deutlich besser da. Insbesondere, wenn man auch auf weitere Mittel aus dem Familienkreis und mögliche externe Investoren, die sich der neue Chef Greiner explizit vorstellen kann, hoffen kann. Entscheidend wird sein, dass man das bisher stark vernachlässigte Online-Thema aufgreift und ein funktionsfähiges Multichannel-Angebot an den Start bringt. Zudem müssen die eingeleiteten Restrukturierungsmaßnahmen konsequent vorangetrieben werden. An guten Ideen dürfte es Greiner, der ja selbst auch über eigene Erfahrungen bei WÖHRL verfügt, nicht mangeln, mitentscheidend wird aber auch hier sein, ob es gelingt, wieder mehr Kundschaft auf die Flächen zu locken.“