Autor: Markus Oess
Ein Online-Magazin, na und? Genau darauf fällt mir auch keine Antwort ein. Wir wollen mit FASHION TODAY MEN (FT) nun keine Revolution auslösen. Nicht weil wir es (zugegebenermaßen) auch gar nicht können, sondern weil wir unser Magazin als Ergebnis einer Entwicklung sehen, das Print und Digital zusammenführt. Vor zehn Jahren betrat Apple-Chef Steve Jobs die Bühne und schenkte der Menschheit das iPhone. Eine Art Handcomputer, mit dem der Nutzer nebenbei auch telefonieren kann. Und heute? Hat das Smartphone die Welt so sehr aus den Angeln gehoben wie seinerzeit die Entwicklung der Dampfmaschine? Inzwischen werden Forderungen laut, das Smartphone als einen technischen Wurmfortsatz des menschlichen Gehirnes zu betrachten, der so viel private Informationen abspeichere, dass der juristische Begriff der Privatsphäre im Sinne eines Zeugnisverweigerungsrechtes naher Angehöriger auch auf den kleinen technischen Begleiter ausgeweitet werden müsse.
Heute werden mehr Internetseiten mobil aufgerufen als zu Hause mit dem heimischen Rechner. Das hat bekanntermaßen Folgen für die Medien. Wir wollen Branchenplattform sein, anregen zu diskutieren und wir wollen informieren, aber wir wollen auch unterhalten mit Lesegeschichten, die nicht unmittelbar mit Marken und Margen in Verbindung stehen – so weit denken wir traditionell. Nur suchen wir den direkten Kontakt zu den Lesern, die ihre Mediennutzung fundamental verändert haben und dies auch weiterhin tun – so weit denken wir digital.
Der Blick in die Zukunft, der regelmäßig zum Auftakt der Orderrunden stilisiert wird, mag als Orientierung tatsächlich funktionieren. Aber Trends werden im Grunde aus der Vergangenheit fortgeschrieben und so wundert es nicht, dass die Männer, die FT in der Kölner Innenstadt befragt hat, ihre Mode im Hier und Jetzt verorten und sich binnen Jahresfrist nicht unbedingt einem fundamentalen Kulturwandel unterziehen. Es geht um gutes Aussehen, klar, aber es geht auch um Individualität und Wohlgefühl. Zumindest die beiden letzten Aspekte wurden auch zur Order 1966 diskutiert und sprechen ganz offensichtlich Urbedürfnisse der menschlichen Seelen in einer organisierten Gesellschaft an.
Der Wunsch nach Mehr treibt die Menschen in ihrem Handeln an. Da spielt der Kulturkreis keine Rolle. Der rasante Aufstieg des chinesischen Internetgiganten Alibaba, der inzwischen auch hierzulande aktiv ist, wirkt so fantastisch wie die Geschichten aus 1001 Nacht. Allein Scheherazade muss ihre Geschichten König Kunde erzählen und nicht König Schahriyâr. Erfolgsgeschichten schreiben auch Verbundgruppen wie die Unitex, bei der Mittelständler im Zusammenschluss gestärkt ihre Marktanteile verteidigen. Das stationäre Geschäft wird den digitalen Wandel überleben, wenn die Händler bereit sind, den Wandel nicht über sich ergehen zu lassen, sondern diesen aktiv gestalten. Dieser Gestaltungswille nämlich zählt zu den Urtugenden, die die Menschen zu Spitzenergebnissen führen können. Erfolg kann aber auch verführen. Wenn die Menschen Maß und moralische Orientierung abstreifen, entsteht in der Tat eine ganz besondere Weltabgewandtheit, die in Gier mündet. Der Profisport, allen voran der Profifußball, durchlebt dies sehr eindrucksvoll. Umso bemerkenswerter ist es, wenn einer der erfolgreichsten Vertreter seiner Zunft klare Vorstellungen hat und dies auch öffentlich deutlich sagt. Menschen wie Bernd Schröder, der für sein Traineramt keinen Cent erhalten hat, bieten Orientierung, die hin und wieder verloren gegangen scheint.
Wenn es mit FT gelingt, eine Brücke zu schlagen zwischen Tradition und Moderne, die Ihnen hier und da einen Umweg erspart, und Sie dabei auch noch Spaß am Lesen haben, können wir in der Redaktion zufrieden sein. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen für die bevorstehende Order Weitblick, Instinkt und das Quäntchen Glück, die richtigen Entscheidungen zu treffen und dies im richtigen Maß.