Autor: Markus Oess
Neben den beiden großen Ps (Premium Group und Panorama) lohnt auf jeden Fall auch ein Abstecher zur Kulturbrauerei in der Schönhauser Allee 36. Dort läuft die Selvedge Run mit „FOCUS ON THE GOOD“, eine reine Menswear-Messe, die sich in den zurückliegenden Saisons in ihrem Bereich etablierte. Nun wird die Messe konzeptionell erweitert.
Schon bevor die Selvedge Run im Juli 2015 Premiere in den Rheinbeckhallen feierte, stand ihr Umzug in die Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg fest. Die Location biete Platz und Infrastruktur, um so eine Veranstaltung professionell durchziehen zu können, so die Veranstalter seinerzeit. Der Anspruch klingt nicht eben bescheiden: Man wolle die Selvedge Run zur besten Plattform für handwerklich inspirierte Marken in ganz Europa entwickeln. Eine Messe für Marken, die sich der Fast Fashion entzögen und lieber auf hochwertige Materialien, anspruchsvolle Verarbeitung und zeitlose Wertigkeit setzten.
Diesmal haben die Messe-Macher zur Ausgabe „FOCUS ON THE GOOD“ die Markenauswahl erweitert, vor allem aber einen neuen konzeptionellen Baustein hinzugefügt, der die Messe noch weiter in Richtung Concept Store öffnet. Shane Brandenburg von Burg & Schild und Mitgründer der Selvegde Run ist verantwortlicher Ansprechpartner für die Marken. Er sagt gegenüber FT, der Ausbau und die Hinzunahme von The Makers Yard seien nur folgerichtig gewesen. Konzeptionell folgt diese Halle dem Muster eines Ladens – Home, Mobility, Outdoor, Food und Men’s Grooming – und entsteht in Kooperation mit der Berliner Möbelmanufaktur Noodles Noodles & Noodles Corp. „The Makers Yard wird eröffnet, um nicht nur Kleidung anzubieten, sondern um den Einkäufern die Möglichkeit zu geben, ihr Markensortiment um Lifestyle-Produkte zu erweitern. Das Programm listet Marken von kleinen Berliner Produzenten bis zu internationalen Playern auf“, teilen die Berliner mit. So wird der deutsche Buchverlag ausstellen. Ebenso hat sich der E-Bike-Hersteller Coboc mit seinen preisgekrönten Fahrrädern angemeldet. Im Bereich Pflege sind die Kalifornier Juniper Ridge, die Pflegeserie der bayrischen Beyer’s Oil sowie die neuseeländische Triumph & Disaster zu nennen.
Vorgestellt wird außerdem erstmalig die Raw Bible, ein „Brandguide für Craftmanship“. Fachbesucher erwartet auf der Selvedge Run aber wie gewohnt auch ein Portfolio aus etablierten Kultmarken wie Red Wing Heritage, Converse, Stetson oder Studio d’Artisan. Weitere Highlights sind die US-Labels Crescent Down Works, Dehen 1920, Ginew, Wood&Faulk aus Oregon. Zudem präsentiert die Messe fünf neue Marken aus der Denimstadt Kurashiki, Japan. Diese fünf sind die Gewinner des von Vis-a-Vis Co. ausgerichteten Wettbewerbs, um regionale Labels zusammenzubringen und auf dem internationalen Markt einzuführen: TCB Jeans folgt den Schnitten und Charakteristika des Denims der 1950er- und 1960er. Blue Sakura produziert in Handarbeit langlebige Denim-Bekleidung. Pallet Life Story ist in seiner örtlichen Gemeinde tief verwurzelt – mit den Menschen und dem Produktionsstandort. e-jeans beansprucht für sich Perfektion im Hinblick auf Materialien und Prozesse. Senio MADE BY Kurashiki Kojima schließlich wird mit hochwertigen Stoffen, dicken Garnen und vielen kleinen Details hergestellt. Sämtliche Marken und die Messe werden im Selvedge Run Magazine, das auf der Messe ausliegt, noch einmal vorgestellt.
„Wir folgen keinen kurzfristigen Fashiontrends“
Qualität, Handwerk und Glaubwürdigkeit – drei Begriffe, die für alle Brands auf der Selvedge Run zutreffen sollten. Shane Brandenburg ist verantwortlich für das Portfolio, das den Einkäufern präsentiert wird. Für ihn ist „The Makers Yard“ nur ein folgerichtiger Schritt.
FT: Sie haben Kriterien aufgelistet, die die Marken erfüllen müssen, bevor sie ausstellen können. Aber was unterscheidet zum Beispiel Red Wing, Edwin, Stetson von kleinen Anbietern, was eint sie für die Selvedge Run?
Shane Brandenburg: „Was sie eint, ist der Anspruch an Qualität und die Verbindung zu einer Geschichte, die die Marken erzählen. Wir wollen den relevanten Markt in unserem Segment abbilden. Dazu zählen die großen Brands mit ihrer Strahlkraft und operativen Leistungsfähigkeit genauso wie kleinere, die nicht jeder Einkäufer auf dem Zettel hat, denn sie machen das Sortiment eines Ladens erst richtig interessant.“
Die Messe wächst zusehends. Hat sich der Fokus verschoben oder anders gefragt, erweitern Sie nur die Zielgruppen der Einkäufer, die Sie ansprechen wollen?
„Der Fokus der Messe hat sich nicht verschoben. Die Resonanz im Markt führt zwangsläufig auch zu Wachstum im Kernsegment. Das macht uns sehr glücklich und wir wollen weiterhin wachsen, um in naher Zukunft in unserem Markt die erste Adresse in Europa zu werden. Wir haben ein neues Segment, ‚the Makers Yard’, dazugenommen, in dem fünf verschiedene Richtungen präsentiert werden: Outdoor, Mobility, Home, Food und Men’s Groomin. Dieses betrachten wir als Ergänzung zur Bekleidung. Dies geschieht aber immer mit dem klar definierten Anspruch auf Qualität, Handwerk und Nachhaltigkeit.
Die Messe kommt jetzt auf rund 100 Brands. Wohin soll sie sich mittelfristig entwickeln?
„Wir haben keine bestimmte Zahl von Ausstellern im Kopf, die wir unbedingt erreichen müssen. Aber wir wissen, dass es da draußen noch unzählige tolle Marken gibt, die eigentlich bei uns ausstellen müssten. Ich halte selbst eine Verdoppelung der Aussteller nicht für völlig ausgeschlossen.“
Gibt es so etwas wie Trends, die sich im Portfolio widerspiegeln?
„Wir folgen keinen kurzfristigen Fashiontrends. Die Verbraucher, die wir ansprechen, wünschen sich Produkte, die nicht nur eine Topqualität haben, sondern auch eine Geschichte erzählen. Den Marken, die bei uns ausstellen, geht es nicht um Trends und Schnelligkeit. Das interessiert sie nicht, es geht ihnen schlichtweg darum, gute und ehrliche Produkte herzustellen. Egal ob Baumwolle oder Leder, die Materialien sind möglichst naturbelassen und eben nicht x-mal weichgespült. Was sich in der Bekleidung bei uns ebenfalls als roter Faden durchzieht, ist immer noch der klassische männliche Look, kombiniert mit Workwear und Denim.“
Welche Highlights warten auf den Einkäufer?
„Wir sehen die gesamte Messe als ein Highlight. Aber ich freue mich besonders über fünf Brands aus der Präfektur Okoyama in Japan. TCB Jeans, Blue Sakura, Pallet Life Story, e-jeans und Senio MADE BY Kurashiki Kojima, allesamt aus dem Denimstadt Kurashiki, die vorher noch niemals international ausgestellt haben. Auch freue ich mich auf die US-Brands Crescent Down Works, Dehen 1920, Ginew, Tanner Goods und Wood&Faulk, die schon etwas gemeinsam haben. Sie kommen alle aus Portland, Oregon, dem Mekka für handwerklich produzierte Bekleidung.“
Was sollte sich ein Fachbesucher unbedingt ansehen, wenn er sich fürs Erste nur orientieren will?
„Er sollte etwas Zeit mitbringen und sich von der Messe inspirieren lassen. Viele Besucher, die das erste Mal kommen, sind von der entspannten Atmosphäre überrascht und lassen alles auf sich wirken.“