Autor: Markus Oess
Die Stimmung im Handel dürfte nach einem schwierigen zweiten Halbjahr mit „frostig“ recht passend umschrieben sein. Frostig waren auch Tag eins und zwei der Pitti Uomo in Florenz. Bei Minustemperaturen wollte man einfach nicht so richtig auf Touren kommen. Doch rückt die Branche, so scheint es, enger zusammen. Zuversicht macht sich breit.
Gegenüber dem Herbst/Winter 2016/17 scheint sich die Frequenz bei ungewöhnlich eisigen Temperaturen nicht dramatisch verändert zu haben. Und das, obwohl die Besucher aus Deutschland wetterbedingt so ihre Schwierigkeiten hatten mit der Anreise. Flugausfälle verlängerten die Reisezeit erheblich. Vor einem Jahr zählten die Macher rund 36.000 Besucher, davon 8.800 aus dem Ausland. Diese Zahlen dürften wieder erreicht werden. Die Pitti hat an Bedeutung gewonnen, das lässt sich auch an der Rückkehr so bedeutender Namen wie Zegna mit Z Zegna unter dem neuen Designer Alessandro Sartori ablesen. Auch Replay, Fila oder Wrangler sind an dieser Stelle zu nennen. Ebenso, die die Präsentation der Kollektion auf wenige Teile reduziert haben und die digitale Inszenierung auf der Fläche in den Vordergrund stellen. Die Messe habe spürbar gewonnen, betonen viele auf den Ständen, und sei vom europäischen Parkett nicht mehr wegzudenken.
Das Konzept der Messe, nach eigenem Bekunden die Vibes in der Mode aufzugreifen und in konkrete Projekte zu gießen, ist rund. Die Pitti bekommt den dualen Auftritt von Messe und Fashion Week einfach gut hin. Unter der Überschrift „Dance off“ ist die Verbindung von Bewegung und Mode auch in den Kollektionen ablesbar. Die Qualitäten wie Jersey oder Stoffe mit Stretchanteilen geben ihren Trägern mehr Bewegungsfreiheit und verbinden so Aktivität und Mode. Auch besinnen sich die Labels in ihren Kollektionen auf die eigenen Stärken und verzichten auf teure Experimente. Es geht fokussierter zu.
Der Kaltstart lässt sich allerdings nicht allein auf das Wetter schieben. Die Durchverkäufe werden von der unsicheren politischen und wirtschaftlichen Lage der Menschen nicht gerade befeuert. Und dennoch schaffen es die Messemacher, eine Veranstaltung zu inszenieren, die eine überraschend positive Energie ausstrahlt. Eine italienische Lebenseinstellung, die sich auch in der Mode von der deutschen spürbar unterscheidet. Und es gibt trotz wenig erbaulicher Konjunkturlage in Europa auf Unternehmensseite überraschend gute Nachrichten.
Bugatti geht mit Zuversicht in die neue Saison, wie Julius Brinkmann gegenüber FT betont. Brinkmann, der seit Anfang des Jahres den kompletten Export der Herforder leitet, sagt, Bugatti habe das Jahr 2016 positiv abgeschlossen. Man werde in der nahen Zukunft deutlich mehr investieren als in den Jahren zuvor. Die Herforder wollen mit neuem Logo und Claim („We are Europe“) den Markt mitgestalten. Bei Baldessarini spricht man ebenfalls von Umsatzzuwächsen. Firmen-Chefin Christine Jonski hat die Kollektion abermals um 25 Prozent gestrafft. Sie will Baldessarini durch Differenzierung profilieren und setzt auf Qualitäten (zum Beispiel Leder, das schön altert), die den Preis rechtfertigen und die Teile hervorstechen lassen, wie Jonski betont. Auch am Service haben die Münchner gearbeitet. Umsatzzuwächse melden gleichfalls Benvenuto und Roy Robson, die im vergangenen Jahr den italienischen Markt angegangen sind. Die Pitti ist für beide Unternehmen ein Kick-off in die Ordersaison, der Schwung und Zuversicht geben soll. Digel legt deutlich zu, allein in Deutschland zehn Prozent (aufgelaufen bis November 2016), bei dem Sportswearlabel Colmar sind die Weichen auf weiteres Wachstum gestellt. Brunello Cucinelli kommt erneut mit einem spürbaren Umsatz- und Gewinnzuwachs aus dem vergangenen Jahr. Die Netto-Erlöse ziehen nach vorläufigen Zahlen um 10,1 Prozent auf 456 Millionen Euro an. Der Firmengründer und Namensgeber bezeichnet die Pitti in Verbindung mit Mailand als die beste Fashion Week für die Menswear. Er blickt FT gegenüber zuversichtlich nach vorn. Wir lebten in einer neuen Welt, die sich dank der Macht der Instagram-Bilder rasant verändere. Grund zur Sorge sieht er indes nicht. Jeder habe besondere Fähigkeiten, die ihm Chancen auf eine bessere Zukunft eröffneten. In Italien sei es eben die Mode. Auf dem Heimatmarkt hat Cucinelli im vergangenen Jahr 7,3 Prozent (gesamt 79,2 Millionen Euro) mehr Umsatz draufgepackt.